Königin der Piraten
Maeve spürte, wie sein Blick warm auf ihr ruhte. »Vertrauen funktioniert nur gegenseitig. Du hättest dein Versprechen mir gegenüber brechen und einfach auf deine Insel zurückkehren können, ohne Lord Nelson herzuholen. Du hättest mich im Stich lassen können, aber du hast es nicht getan. Und darauf habe ich mich verlassen. Ich habe dir so vertraut, dass ich mit meinen beiden Schiffen mitten auf diesem verdammten Meer auf dich gewartet habe, weil ich wusste, dass du zurückkehren würdest - und ich wollte nicht, dass du kommst und mich nicht mehr findest. Du solltest nicht denken, dass ich dich im Stich gelassen hätte - wo es doch schon so aussieht, als ob das bisher alle anderen in deinem jungen Leben getan hätten.«
Es wurde ganz still im Raum. Irgendwo über ihnen ertönte die Trillerpfeife eines Bootsmanns. Einige Zeit verstrich; dann streckte Gray schließlich die Hand aus und legte Maeve den Handrücken an die Wange. Sie schloss die Augen und ergriff seine Hand, schmiegte die Wange in seine Handfläche und sehnte sich nach mehr als dieser einfachen Berührung. Sie wünschte sich, Gray möge sie davontragen, bis die Welt um sie herum versank und aufhörte zu existieren. Halte mich, Gray. Liebe mich...
»Ich habe Catherine nie geliebt«, sagte er leise. »Ich hatte auch nie die Absicht, dass sie - oder irgendeine andere Frau - meine Geliejpte bleiben sollte. Seit ich dich kennen gelernt habe, Maeve, gibt es keine andere Frau mehr für mich. Dass ich weiterhin eine Geliebte haben wollte, war eine Lüge - damit wollte ich nur erreichen, dass du mich zu Nelson bringst. Verzeih mir, Liebste - damals wusste ich einfach keinen anderen Ausweg. Ich kannte dich noch nicht gut genug, um mich darauf zu verlassen, dass du mich nicht stattdessen zu Villeneuve schleppen würdest.« Gray entzog Maeve seine Hand, stand auf und kam um den Tisch herum, um ihr die Hände auf die Schultern zu legen und ihren Kopf zu heben, sodass sie gar nicht anders konnte, als ihn anzusehen. »Ich liebe dich, Maeve. Nichts kann daran etwas ändern. Ich liebe dich, und ich werde erst glücklich sein, wenn du meine Frau bist.«
Seine Frau. Bei diesen Worten hätte sie eigentlich freudige Erregung durchzucken müssen - stattdessen erfüllten sie ihr Herz mit blanker Verzweiflung, denn seine Frau konnte sie niemals werden.
»Du willst mich immer noch heiraten«, sagte sie lahm.
»Ja, natürlich.« Gray nahm ihr den Hut ab, warf ihn auf den Tisch und ließ seine Finger durch ihren langen, seidigen Pferdeschwanz gleiten. »Nichts hat sich geändert.«
Er hatte Recht. Nichts hatte sich geändert. Sie war immer noch die Piratenkönigin der Karibischen See. Piratenköniginnen gaben ihr Schiff nicht auf, nicht ihre Besatzung und nicht das Leben, das sie sich aufgebaut hatten, nur um sich leichtsinnig auf die Liebe eines Mannes einzulassen. Und Piratenköniginnen heirateten keine Admirale.
Nicht, wenn sie vorhatten, Piratenköniginnen zu bleiben.
Sie senkte den Kopf und zupfte an ihrem Daumen herum, während Gray ihren Nacken küsste. »Gray«, sagte sie langsam, »ich glaube, wir können nicht heiraten.«
»Sei nicht albern, Liebes. Natürlich können wir.«
»Nein. Es geht nicht.«
Seine Lippen fanden die empfindliche Stelle hinter ihrem Ohr. »Und warum nicht, mein Herz?«, fragte er munter.
»Weil deine Offizierslaufbahn bei der Marine sich niemals damit vereinbaren lassen würde, dass deine Frau sich draußen in der Karibik herumtreibt.«
Amüsiert richtete Gray sich auf und zerzauste ihr zärtlich das Haar, bevor er das leuchtend rote Band in ihrem Nacken löste. Dann drückte er die Lippen auf die ihren, und Maeve stöhnte leise auf, als seine Zunge ihren Mund erforschte. »Oh, Maeve«, murmelte Gray und beendete widerstrebend den Kuss. »Nach unserer Hochzeit wirst du dich höchstens noch in unserem Ehebett herumtreiben.«
»Nein, Gray«, erwiderte Maeve fest und kostete seinen Geschmack auf ihren Lippen. »Ich habe vor, Piratenkönigin zu bleiben.«
»Mach dich nicht lächerlich, Liebes. Es besteht überhaupt kein Grund dafür, dass du so weitermachst wie bisher. Ich kann dir alles bieten, was du brauchst - hübsche Kleider, Dienstboten und Hausmädchen, rauschende Feste, Bälle und Abendgesellschaften. Du wirst Gastgeberin von Würdenträgern, Diplomaten und Marineoffizieren sein und mit anderen Vertreterinnen deines schönen Geschlechts Tee trinken, anstatt dich mit Verbrechern, Mördern und Halunken im Schwertkampf zu
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