Königin der Piraten
geheimnisvollen Kräften überzeugen können? Hält Seine Lordschaft etwa doch Kurs nach Süden, hm?«
»Das sage ich Euch nicht! Ihr seid ein Spion, also werde ich mich hüten, Euch etwas über die britische Marine zu verraten.«
»Oh, warum so loyal gegenüber der britischen Marine? So, wie Ihr sprecht, dachte ich, Ihr seid Amerikanerin.«
»Das bin ich auch. Aber ich hasse die Franzosen ebenso, wie die Engländer es tun. Und was Nelson betrifft, er ist nicht nur ein Held, sondern der beste Marineoffizier der Welt; und zufällig bewundere ich ihn, klar? Aber jetzt haltet, verdammt noch mal, den Mund, sonst werde ich ungemütlich und reiße Euch die Zunge in Stücke!«
Um Grays Mund zuckte es, und Maeve wurde fuchsteufelswild bei dem Gedanken, dass er innerlich nur über sie lachte. »Ach, Ihr könnt es doch keinem verdenken, wenn er es wenigstens mal versucht«, sagte er milde und ließ einen so feurigen Blick an ihrer Bluse herunterwandern, dass er ihr damit glatt den Stoff von der Haut hätte brennen können. Hastig hielt sich Maeve die breite Klinge des Entermessers vor die Brust, lenkte damit jedoch Grays durchdringenden Blick erst recht auf diese Körperpartie. »Und Vijjeneuve? Von ihm könnt Ihr mir doch gewiss erzählen.«
»Villeneuve ist im Norden - mehr braucht Ihr nicht zu wissen.«
»Ah, aber weiß Nelson das?«
»Ja, ich habe es ihm gesagt.«
Gray lächelte süffisant. »Und hat Seine Lordschaft Euch geglaubt?«
»Nein«, gab Maeve zu und kniff verärgert die Lippen zusammen. Unwillkürlich zuckte ihr Blick über Grays männlichstes Attribut, bevor sie ihm wutentbrannt in das überheblich grinsende Gesicht starrte. »Verdammt, müsst Ihr eigentlich so entblößt daliegen?«
»Es ist ... heiß.«
»Es weht eine frische Brise.«
Gray verzog anzüglich den Mund. »Ich meinte nicht das Wetter.«
Blitzschnell zog Maeve ihren Dolch und schleuderte ihn auf Grays Kopf. Befriedigt sah sie, wie er sich duckte, sodass die tückische Klinge knapp über ihm in die Wand fuhr. »Ihr seid abscheulich, verachtenswert und habt überhaupt keinen Stolz!«
»Ganz im Gegenteil, Madam.« Ohne mit der Wimper zu zucken, hob Gray den Arm, zog den Dolch aus der Wand und begann, eine Orange zu schälen, die er vom Nachttisch genommen hatte. »Ich bin sehr stolz darauf.«
Ohne ihrem Blick auszuweichen, schob er sich einen Orangenschnitz in den Mund und verspeiste ihn mit langsamen, zweideutigen Lippenbewegungen, die Maeve den Atem raubten. Sie stellte fest, dass nicht nur Gray heiß war - auch sie selbst geriet allmählich in Wallung. Hätte sie ihre Pistole bei sich gehabt, wahrscheinlich hätte sie Gray erschossen. Wahrscheinlich. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Sie wandte den Blick von ihm ab und sah zum Fenster. Von dort wieder zu ihm und erneut zum Fenster. Jedes Mal, wenn sie ihn anschaute, sah sie, dass er sie beobachtete und sich ausgiebig an ihrem Unbehagen weidete.
Mit anzüglichem Grinsen leckte er den Saft von der tropfenden, süßen Frucht, ließ seine Zunge über jeden einzelnen Orangenschnitz wandern und achtete darauf, dass Maeve es bemerkte. Seine dunklen Augen funkelten herausfordernd, und trotz der langen, dichten Wimpern war der boshafte Ausdruck darin nicht zu übersehen.
Die schlürfenden Geräusche wurden lauter.
»Hört auf damit!«, zischte Maeve.
Gray ließ sich einen Orangenschnitz in den Mund fallen und leckte sich langsam und genüsslich die Lippen, während er ein weiteres Stück von der Frucht löste.
Maeve wurde es immer heißer.
»Möchtet Ihr ... eine kleine Kostprobe, Madam?«
Maeve hob ihr Entermesser. »Ich gebe Euch gleich eine Kostprobe ...«
Gray fiel ihr ins Wort. »Keine entscheidende Schlacht ist je aus der Entfernung ausgetragen worden«, murmelte er, immer noch grinsend. »Zwei Schiffe müssen Bord an Bord liegen, um von ihren Kanonen Gebrauch machen zu können.« Er biss in die Orange und gab erneut unverschämt zweideutige Geräusche von sich, als der Saft aus dem üppigen Fruchtfleisch strömte und ihm am Kinn hinunterlief. Das Kinn hatte ein Grübchen. Maeve spürte, wie ihr Herz stolperte und aussetzte. »Bei der Marine haben wir dafür eine besondere Bezeichnung. Wir nennen es Nahkampf.«
»Ihr seid nicht mehr bei der Marine, und ich bin kein Schiff.«
»Nein, wahrlich nicht ...« Grays Stimme nahm ein gefährlich verführerisches Timbre an. »Aber Euer Klüver gefällt mir sehr, Eure straff gespannten Segel« - der dunkle Blick wanderte über ihre
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