Königin der Piraten
Majestät?«
»Ja, nehmen wir sie diesem verdammten Hundesohn weg, bevor er zurückkommt!«, schrie Tia.
»Dann spießen wir ihn auf seinem eigenen Dollbord auf und füttern ihn mit seinen Eingeweiden, mit einer Gabel!«
Maeve warf den Kopf in den Nacken und lachte schallend. Dann dachte sie jedoch wieder an Gray, den sündhaften, unverschämt gut aussehenden Gray, und an ihren Traum, mit ihm an ihrer Seite die Meere zu plündern. Wie wunderbar es wäre, ihn jetzt bei sich zu haben ...
Aber nein. Gray war tot.
Das Lachen erstarb ihr auf den Lippen und wich einem brennenden Schmerz in ihrer Brust, der ihr den Atem nahm und in ihr das blinde Bedürfnis weckte, zu kämpfen, grausam zuzuschlagen, zu stehlen, zu töten ...
»Fahren wir hin, Majestät?«, drängte Aisling erneut.
»Ja, warum nicht?«, murmelte Maeve, schnallte ihr Schwertkoppel um und warf den Pferdeschwanz über die Schulter zurück. Sie zog das Entermesser, beugte den Arm und ließ mit raschen, gefährlichen Hieben die Klinge durch die Luft sausen. »Mir ist nach einem ordentlichen Kampf zumute. Also, hinauf in die Takelung mit dir, Aisling. Und wenn du El Perro Negros Zweimaster zurückkehren siehst, schreist du laut. Wir fahren hin.«
Das Mädchen schnappte sich eine Pistole und kletterte an den Wanten hinauf. Bald tauchte sie oben auf der Quersaling auf, eine schlanke Gestalt vor dem Mast, einem Gewirr von Tauen und einem tiefblauen, wolkenlosen Himmel.
»Euer Befehl, Käpt'n?«, fragte Enolia, als die Piratinnen zu den Geschützen und auf ihre Posten eilten.
»Die Flagge hissen und klar zur Wende!«, ordnete Maeve an, und im nächsten Augenblick rauschte der kleine Schoner durch den Wind und nahm Kurs auf das zerstörte Handelsschiff.
El Perro Negros Piraten-Zweimaster lag im Schutz dicht belaubter Bäume nicht weit von dem Kauffahrteischiff entfernt, das er und seine Mannschaft gekapert hatten. Der Pirat beobachtete seine Prise und den Schoner Kestrel, der in voller Fahrt auf seine hilflose Beute zuhielt.
»Schiff kommt backbord um die Insel; ziemlich schnell. Es ist die Piratenkönigin!«
Da ihr Zweimaster hinter den Pinien auf der Insel verborgen war und die gleißende Sonne dahinter stand, war es sehr unwahrscheinlich, dass die Posten im Ausguck der Kestrel ihn entdecken würden, selbst wenn sie gute Augen hatten. El Perro Negros Männer waren im Vorteil und hatten den Schoner sofort erspäht, sobald er in Sicht gekommen war.
Auf den Warnruf des Ausgucks hin stürzte El Perro Negros Besatzung an die Reling. Allzu zahlreich waren sie nicht, denn die Hälfte von ihnen wartete an Bord des geenterten Handelsschiffes darauf, dass ihr Anführer mit genügend Männern zurückkam, um beide Schiffe in den Hafen zurückzusegeln.
»Wetten, dass sie hinter unserer Beute her ist?«, rief Renaldo, der Erste Maat. »Miststück!«
»Tja, aber sie wird sie nicht kriegen! Die verdammte Schlampe ist mir noch was schuldig. Ja, ich glaube, ich nehme ihren hübschen Schoner in meine Sammlung auf. Zufällig ist mir heute danach, Admiral zu spielen.« El Perro Negro stopfte sich eine Hand voll halbgares Hühnerfleisch in den Mund, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und gab einen Rülpser von sich, der nach Rum und fauligen Magensäften stank. »Wo wir doch in letzter Zeit so viele admirantes in diesen Gewässern haben! Also, hoch mit den Marssegeln, Renaldo, und die Geschütze bestücken, aber ein bisschen plötzlich! Hier wird nicht gebummelt, verstanden?«
Als das Schiff von einer Woge erschüttert wurde, ertönte von Unterdecks ein grässlicher Schrei.
»Was zum Teufel war das?«
»Der Käpt'n von dem Handelskahn«, knurrte der Maat angewidert. »Hat im Kampf eine Kugel abgekriegt; deshalb haben wir ihn mitgenommen und unter Deck gesteckt. Ist noch ein grüner Junge, höchstens zwanzig, so wie er aussieht. Aber Ihr wisst ja, wie die Engländer sind - lassen ihre Leute früh anfangen.«
»Macht seinem Elend ein Ende; bringt den Hurensohn um«, grummelte El Perro Negro finster. »Von dem grässlichen Geschrei kriege ich Kopfschmerzen!«
Mit gezücktem Dolch stieg Renaldo nach unten. Im nächsten Augenblick hörte man den englischen Kapitän erneut brüllen, diesmal aber noch lauter und voller Todesangst, bis sein Schrei in einem Gurgeln von Blut erstickt wurde. El Perro Negro lächelte. Jemandem die Kehle aufzuschlitzen war Renaldos Spezialität. Aber auch er selbst hatte seine Qualitäten, und dabei waren ganz andere Stoßwaffen im
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