Königin der Schwerter
hasste sich selbst für diesen Gedanken. Noch am Abend hatten die Kommandanten das weitere Vorg e hen mit ihm besprechen wollen, er aber hatte sie for t geschickt. Nicht nur, weil er in seiner Trauer um M e nard allein sein wollte, sondern auch, weil er dann hätte zugeben müssen, dass er ratlos war. S o lange er nicht wusste, wo das Lager der Rebellen war, konnte er den Plan, den er schon so lange hegte, nicht umsetzen. Wie es aussah, war es gut möglich, dass sie noch w o chenlang im Wald umherirrten und aus dem Hinte r halt angegriffen wurden. Schlimm s tenfalls so lange, bis das Heer aufgerieben war, ohne dass es je einen Kampf gegeben hatte.
Zoltan seufzte schwermütig. Seine Hoffnungen ha t ten auf den Spitzeln und Spähern geruht, die die Lage des feindlichen Heeres hatten erkunden sollen. Doch weder sie noch die Waldläufer, die er ausg e schickt hatte, waren zurückgekehrt. Es schien, als hätten sich auch die Götter gegen ihn verschworen.
Irgendwo im Lager ertönte ein Schrei. Kurz und gellend hallte er durch die Nacht und kündete davon, dass wieder ein Krieger sein Leben hatte lassen müssen. Stimmen wurden laut, und für einen A u genblick herrschte hektische Unruhe.
Zoltan nahm es beiläufig zur Kenntnis. Solange die Befestigung aus Baumstämmen rund um das Lager noch nicht fertig war, würde es weitere Opfer geben, so viel war gewiss.
Die Stimmen draußen entfernten sich und wurden leiser.
Zoltan nahm seine Überlegungen wieder auf und folgte den Gedanken, die sich im Kreis zu drehen schienen. Ihm war, als sei mit Menard auch etwas in ihm gestorben.
Die Zeit verrann unter dem Knistern der Fla m men, welche die Talglichter in den Lampen schrumpfen ließen. Kostbare Zeit, die ungenutzt verstrich, wä h rend es der mahnenden Stimme der Vernunft nicht gelang, die Gleichgültigkeit zu ve r treiben, die Zoltan lähmte. Nach einer Weile wurden vor Zoltans Zelt Stimmen laut. Männer riefen und schrien durcheina n der, und energische Rufe forderten die Krieger lau t stark auf, zurückzutreten. An den Geräuschen war unschwer zu erkennen, dass sich eine aufgebrachte Menschenmenge dem Zelt nähe r te.
Etwas Bedeutsames musste geschehen sein.
»Richte Zoltan aus, dass wir einen Gefangenen h a ben!« Die barsche Stimme eines Kriegers, der zu dem Posten vor seinem Zelt sprach, ließ Zoltan au f horchen.
Ein Gefangener! Von einer Sekunde zur nächsten waren Gleichgültigkeit und Verzweiflung verschwu n den. Noch ehe der Posten seinen Auftrag ausführen konnte, war Zoltan am Eingang, schlug die Plane z u rück und sagte: »Bringt ihn zu mir.«
Der bleiche Knabe, der Zoltan wenig später gefesselt auf einem Stuhl gegenübersaß, mochte kaum mehr als sechzehn Lenze zählen. Sein Gesicht war so stark g e schwollen, dass er die Augen kaum öffnen konnte. Die Lippe war aufgeplatzt, ein Ohr eingerissen. Aus der Nase tropfte zähflüssiges Blut. Es war offe n sichtlich, dass die Krieger bereits ihre Wut an ihm ausgelassen hatten. Glaubte man den Worten des Mannes, der ihn hereingeführt hatte, war es allein dem beherzten Ei n schreiten eines Kommandanten zu verdanken, dass er Zoltans Zelt lebend erreicht hatte.
»Wie heißt du?« Zoltan stellte die Frage nun schon zum dritten Mal, erhielt aber keine Antwort. Er gab einem Krieger, der vor dem Eingang Posten bezogen hatte, ein Zeichen, worauf dieser herbeieilte und einen Trog mit eiskaltem Wasser über dem ju n gen Rebellen entleerte. Dieser hustete und spuckte.
»Wie heißt du?«, fragte Zoltan noch einmal.
»Eldar.«
»Gut, Eldar«, Zoltan sprach bewusst gedehnt. Wie die Krieger verspürte auch er einen unbändigen Hass auf den Knaben, der feige aus dem Hinterhalt getötet hatte. Er wusste aber auch, dass dieser Bu r sche ihm tot keinen Nutzen mehr bringen würde. So nahm er sich zusammen und fragte betont freun d lich: »Meine Männer waren nicht sehr nett zu dir da draußen, o der?«
Eldar nickte schwach.
»Kein Wunder, sie hassen dich. So, wie sie jeden Rebellen hassen, der aus dem Hinterhalt auf sie schießt. Das verstehst du doch?« Zoltan wartete, aber der Knabe schwieg. »Sie verlangen, dass wir dich t ö ten«, fügte er hinzu. »So langsam und qua l voll, als wären es fünfzig Tode. Einen Tod für jeden meiner Männer, den ihr getötet habt.«
Eldar schluchzte auf Zoltan entging nicht, dass er zitterte. Der Anblick erfüllte ihn mit Genugtuung. Er zog sein Messer und hielt es so, dass der Junge es sehen musste. »Ich denke, wir werden damit
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