Königin der Schwerter
a non war hier. Sie war gekommen, um ihr zu helfen, nicht ahnend, dass sie sich selbst damit in Lebensg e fahr brachte. Jene, die sich Zarife nannte, war entschlossen, Manon zu töten, und San d ra spürte, dass der vernichtende Schlag unmittelbar bevorstand.
Wie von Sinnen wand sie sich in den Fesseln, die Zarife ihrem alten Ich angelegt hatte, rannte gegen die verschlossenen Türen ihres Geistes an und ve r suchte verzweifelt, sich durch die unzähligen Schichten aus Hass, Bosheit und magischen Kräften einen Weg zu dem Teil ihres Wesens zu bahnen, in den sich die Ve r nunft zurückgezogen hatte. Sie musste Manon warnen, musste verhindern, dass e t was Furchtbares geschah.
Gedanken streiften sie. Gedanken, die ihre eig e nen waren und doch nicht von ihr stammten.
Sie ist eine Gefahr, flüsterte es. Sie wird uns be i de vernichten. Sie wird uns töten, wenn wir es nicht tun.
Nein! Sandra schrie gequält auf. Nein, das ist nicht wahr. Sie ist meine Freundin, sie will mir he l fen. Ich muss sie retten.
Mit den Augen Zarifes sah sie Manon vor sich st e hen, verwirrt, enttäuscht und zutiefst gekränkt von dem Verrat, den Sandra augenscheinlich an i h rer Freundschaft begangen hatte. Sie schien die Veränd e rung wohl zu bemerken, ahnte aber immer noch nicht, in welcher Gefahr sie sich wirklich befand.
Manon! Die Angst um ihre Freundin verlieh San d ra ungeahnte Kräfte. In ihrer Panik wuchs sie über sich selbst hinaus. Wie schon auf dem Weg durch das Tor, nutzte sie eine kurze Schwäche ihrer dunklen Seite aus, die mit dem Wirken der Magie einherging, um sich für den Bruchteil von Sekunden aus ihrem Gefängnis zu befreien. Der Strom der Magie riss sie mit sich, und für einen winzigen, u n endlich kostbaren Augenblick gelang es ihr, ihre Muskeln wieder zu ko n trollieren.
»Lauf!«, schrie sie Manon mit sich überschlage n der Stimme zu. »Sie will dich töten! Lauf weg, s o lange du es noch …«
Wie ein Peitschenhieb fuhr Zarifes Zorn auf sie nieder. Die Fäden, die sie mit ihrem Gefängnis ve r banden, strafften sich und zerrten sie zurück in das Verlies, in welches Zarife sie gesperrt hatte. Sandra heulte auf und stemmte sich dagegen. Aber ihr Wide r stand zerbrach unter dem Druck des Willens, mit dem Zarife ihr Aufbegehren strafte. Hart prallte sie gegen die Mauern ihres Gefängnisses, wo sie sich wimmernd zusammenkrümmte. Geschwächt von der Anstre n gung, Manon zu warnen, von Schuldgefü h len geplagt und beschämt über ihre Unfähigkeit, spürte sie, wie Zarife ihre magischen Kräfte sa m melte, wohl wissend, dass sie nichts mehr tun kon n te, um ihre Freundin zu retten.
27
»Lauf!« Sandras Stimme gellte durch das Hochland. »Sie will dich töten! Lauf weg, solange du es noch kannst.« Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte M a non, die vertraute Sandra aus den Worten herauszuh ö ren, doch der Eindruck schwand so schnell, wie er gekommen war. Die Verzweiflung in Sandras Blick wich hasserfülltem Zorn, und sie wurde wi e der zu dem verzerrten Abbild einer Fremden.
Entsetzen packte Manon, als sie sah, wie Sandra die Arme in die Höhe riss. Die Hände zu Klauen g e krümmt, die von violetten Blitzen umzüngelt wu r den, starrte sie Manon an wie ein Krieger, der das Schwert zum Todesstoß erhebt.
»Sandra …?« Manon versagte die Stimme. Unf ä hig zu begreifen, was hier geschah, sah sie dem Tod ins Auge, als sei all dies nur eine weitere grausige Szene aus einem Horrorfilm und sie ein unbeteiligter Z u schauer. Schon züngelten die Blitze an Sandras Armen hinab und suchten einen Weg, ihre Kräfte zu entladen. Die Luft vibrierte. Es zischte und knisterte, während ein schauriger Laut, der nichts Menschl i ches mehr an sich hatte, aus Sandras Kehle drang. Der Schrei gellte über die Hügel hinweg und wurde von deren kahlen Flanken wie ein höhnisches G e lächter zurückgeworfen.
Es war der Schrei, der den Bann brach. Schlaga r tig wurde Manon klar, dass dies kein Film war und auch kein Traum. So absurd ihr alles erscheinen mochte, es war real. Eine Wirklichkeit, die furchtb a rer nicht hätte sein können – und sie steckte mittendrin. Einen Her z schlag lang zögerte sie noch, dann ergriff sie die Flucht. Mit einem gewagten Satz hechtete sie zur Seite und begann noch in derselben Bewegung zu laufen.
Keine Sekunde zu früh! Schon ging ein gewaltiger Blitz an der Stelle nieder, an der sie eben noch gesta n den hatte, spaltete den Boden und ließ schw e lende Erde zurück.
Manon hörte
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