Königin der Schwerter
um Hilfe gerufen hast. Es war ganz einde u tig deine Stimme, die ich durch die seltsame Öf f nung in dem Grab gehört habe. Du hast nach mir gerufen, und ich bin dir gefolgt.«
Manons offensive Art verwirrte Zarife. Sie war es gewohnt, dass man ihr mit Ehrfurcht und Hochac h tung begegnete, und hätte nicht in Traum damit g e rechnet, dass Manon ihr derart heftig und respektlos die Stirn bieten würde. »Ich habe nicht nach dir ger u fen«, erklärte sie kühl.
»Ach, so ist das.« Manon verschränkte die Arme vor der Brust und schnaubte verächtlich. »Dann bin ich wohl verrückt geworden und höre Stimmen, die es gar nicht gibt? Jetzt spiel hier nicht die Unschuldige«, we t terte sie. »Ich bin hier, weil du mich ger u fen hast. Denn ob du es glaubst oder nicht, ich mache mir ta t sächlich Sorgen um …«
»Schweig!« Zarife war das Gezeter leid. In einer he r rischen Geste hob sie die Arme, beschwor den Wind und fegte Manon mit einer jäh aufkommenden Böe die Beine unter dem Leib weg.
Manon keuchte überrascht auf und stürzte zu B o den. Im letzten Augenblick gelang es ihr, den Sturz abzufangen, indem sie sich abrollte. Aber Zarife war noch nicht fertig. Mit wenigen Schritten war sie bei ihr, beugte sich über sie und sagte mit schneidender Stimme: »Ich brauche dich nicht, und ich habe auch nicht nach dir gerufen. Was immer du hier zu suchen hast, es wird dir nicht gelingen, meine Pläne zu durc h kreuzen, denn ich werde dich zerquetschen wie eine Laus, ehe du Schaden anrichten kannst.« Mit jedem Wort spürte Zarife, wie die Magie in ihr we i ter an Kraft gewann.
»Sag mal, bist du jetzt total verrückt geworden?« Mühsam kam Manon wieder auf die Beine. Wut und Verwirrung wechselten in ihrem Blick in rascher Fo l ge. Offensichtlich wunderte sie sich über den plötzl i chen Sinneswandel ihrer Freundin und wusste die Lage nicht einzuschätzen. Einen Augenblick lang z ö gerte sie, dann atmete sie tief durch und fuhr in ve r söhnlichem Tonfall fort: »Bitte, Sandra, ber u hige dich. So kommen wir nicht weiter. Ich habe dir doch nichts getan. Lass uns in Ruhe darüber spr e chen, was passiert ist, ja? Und dann lass uns überl e gen, wie wir wieder von hier wegkommen. Es hat doch keinen Sinn, wenn wir uns nur anbrüllen. Nach all den Jahren, die wir nun schon befreundet sind, sollten wir …«
»Ich … bin … nicht … deine Freundin!«, zischte Zarife mit unheilvollem Unterton in der Stimme. »Und ich bin nicht Sandra. Ich bin Zarife, die H o hepriesterin von Benize.«
»Also wirklich, jetzt ist aber Schluss mit dem U n sinn.« Manon hob die Hände. »Natürlich bist du Sa n dra. Ich weiß zwar nicht, wie du das mit dem Tor in dem Felsen hinbekommen hast, aber deshalb bist du immer noch du selbst.« Sie trat auf Sandra zu, um ihr zum Zeichen ihrer Zuneigung den Arm um die Schu l tern zu legen. Aber diese wich zurück.
»Fass mich nicht an!«, rief Zarife schrill, spreizte die Finger, streckte die Hände von sich und setzte das Gras vor Manons Füßen mit einem Bündel vi o letter Blitze in Brand.
»He, was soll das?« Manon taumelte zurück und starrte sie verwirrt an. Zum ersten Mal schien ihr b e wusst zu werden, wie bedrohlich ihre Lage wir k lich war.
Zarife zögerte nicht. Sie wusste, ihr blieb nur noch wenig Zeit. Manon war gewarnt. Jeden Auge n blick konnte sie die Flucht ergreifen. In einer mach t vollen Geste hob sie die Arme und sammelte ihre Kräfte, um Manon mit einem gewaltigen Blitz zu Asche zu verbrennen.
Manon, lauf! Sandra wand sich im Gefängnis ihres eigenen Körpers und schrie aus Leibeskräften, aber Manon hörte sie nicht. Hilflos und zur Untätigkeit verdammt, musste Sandra mit ansehen, was geschah. Sie spürte die Wut ihrer dunklen Seite, fühlte die u n geheuren Energien, die sich in ihrem Körper zusa m menballten, und ahnte, dass gleich etwas Furchtbares geschehen würde.
Es ist meine Schuld, dass sie hier ist, dachte sie. Es ist allein meine Schuld, wenn sie stirbt.
Noch nie war Sandra so verzweifelt gewesen. In den Minuten, die dem Öffnen des Tors gefolgt w a ren, war es ihr wie durch ein Wunder noch einmal kurz gelu n gen, die Herrschaft über ihren Körper zu erlangen. Für wenige Sekunden hatte ihre dunkle Seite Schwäche gezeigt und es ihr ermöglicht, um Hilfe zu rufen. Sie hatte nicht wirklich damit g e rechnet, dass Manon sie hören würde, und noch w e niger daran geglaubt, dass ihre Freundin den Mut besaß, ihr zu folgen. Aber sie hatte sich geirrt. M
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