Königin der Schwerter
bestürzt sie waren. Aber sie stellten keine Fragen und taten, was Aideen ihnen sagte.
»Zieht euch die Mäntel über«, riet Aideen. »Ihr müsst fortreiten, solange ihr es noch könnt.« Sie lauschte wieder in den Gang und gab den beiden ein Handzeichen. »Folgt mir«, flüsterte sie. »Ich bringe euch zu eurem Pferd.«
Zum Eingang der Höhlen war es nicht weit. Die Wachhabende am Tor wandte ihnen den Rücken zu. Aideen betete darum, dass sie Mel nicht mitten im Eingang begegnen würden. Sie gab Tisea und Peme ein Zeichen, dann schritten sie gemeinsam auf die Hüterin zu. Als diese sie kommen hörte, fuhr sie he r um, schaute Aideen an und fragte barsch: »Du schon wieder? Was ist los?«
»Ich traf die beiden hier auf dem Weg in meine Höhle«, log Aideen. »Die Kleine quält großes Hei m weh. Sie möchte nach Hause.« Sie deutete auf Peme. »Sie und ihre Schwester wollen nicht länger bleiben.«
»Weiß Zarife davon?«, fragte die Wächterin mis s trauisch.
»Zarife ist beschäftigt. Sie will nicht gestört we r den.«
»Dann müssen sie warten.« Die Wächterin vertrat ihnen den Weg. »Ich habe strikte Anweisung, niema n den ohne Zarifes Einwilligung gehen zu lassen, solange die Verbündeten der Aufrührerin nicht g e funden sind.«
Aideen seufzte. So weit war es also schon. »Aber die Kleine …«
»Jeder, der die Höhlen ohne Erlaubnis verlassen will, gilt als verdächtig.« Die Wächterin umfasste den Speer fester und richtete ihn drohend nach vorn. »Geht zurück, oder ich werde …«
Tock! Etwas prallte hart gegen ihre Schläfe und fiel klackend zu Boden. Sie riss die Augen auf und öffnete den Mund zu einem Schrei, aber ihr entwich nur ein ersticktes Keuchen, ehe sie besinnungslos zu Boden sackte.
»Was, zum …?« Aideen wandte sich um. Hinter ihr stand Peme mit einer Steinschleuder in der Hand und sah sie mit Unschuldsmiene an.
»Du sagtest, wir müssen uns beeilen, wenn wir am Leben bleiben wollen«, erklärte Tisea anstelle ihrer Schwester und deutete auf die Wächterin. »Sie wollte uns aufhalten.«
Aideen schüttelte den Kopf, seufzte und sagte: »Schon gut. Kommt jetzt. Euch bleibt nicht mehr viel Zeit.« Mit einem wachsamen Blick in Richtung des Felsenrunds schlüpfte sie hinaus, deutete nach Süden und flüsterte: »Euer Pferd steht da hinten. Ich wü n sche euch viel Glück.« Sie wollte sich umdrehen und in die Höhlen zurückgehen, da spürte sie eine Hand auf der Schulter. »Wirst du uns denn nicht begle i ten?«
Aideen zuckte zusammen. Natürlich wollte sie T i sea und Peme nicht begleiten. Sie wollte sie nur zu ihrem Pferd bringen und dann wieder in ihre Höhle zurückkehren. Aber konnte sie das überhaupt? Jäh wurde ihr bewusst, dass Tisea recht hatte.
Die Wächterin hat mich gesehen, schoss es ihr durch den Kopf. Wenn herauskommt, dass Tisea und Peme fort sind, werden sie mich sofort verdächtigen. Aideen überlief es eiskalt. Sie hatte gehandelt ohne nachzudenken.
»Du kannst nicht mehr zurück«, sagte Tisea ernst. »Und du weißt es. Komm mit uns. Silfri ist stark. Er wird uns drei eine Weile tragen können. Danach …« Sie brach ab und schaute sich gehetzt um, weil oben auf dem Hang Schritte zu hören waren. »Schnell jetzt«, drängte sie. »Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
***
»Da vorn ist es.« Zoltan spähte durch das spärlich b e laubte Unterholz und deutete voraus. Weiter vorn zwischen den kerzengeraden Stämmen schlanker B u chen waren Lichter zu sehen, in deren Schein sich trotz der mitternächtlichen Stunde noch etliche Me n schen bewegten.
»Sie scheinen in Aufruhr zu sein.« Der tamjik i sche Söldner neben ihm sprach so leise, dass Zoltan ihn gerade noch verstehen konnte. Zu zweit waren sie au f gebrochen, um sich davon zu überzeugen, dass der junge Rebell die Wahrheit gesagt hatte. Die Ko m mandanten hatten sich wenig begeistert gezeigt, dass ihr Heerführer den gefahrvollen Ritt persönlich wagen wollte. Aber Zoltan hatte sich nicht beirren lassen. Zu viele Späher und Spitzel waren den R e bellen schon in die Hände gefallen, als dass er sich jetzt noch auf B e richte Dritter verlassen konnte. Zu viel stand für ihn auf dem Spiel. Die heimtückischen Angriffe der H e ckenschützen, die dem Heer zahlreiche Verluste eing e bracht hatten, hatten seine B e fürchtung bestätigt, dass sein Heer den Rebellen in einem Kampf Mann gegen Mann in diesen Gefilden unterlegen sein würde. To r paks Krieger hatten ihre Erfahrungen zumeist im Kampf gegen
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