Königin der Schwerter
er das Zimmer, grüßte Tendor und trat neben den Hünen.
Er ist hier. Er ist am Leben. Aideen jubelte inne r lich, so glücklich war sie, ihn wiederzusehen. Am lieb s ten wäre sie aufgesprungen und zu ihm gega n gen. Doch nicht nur der Anstand, auch seine Reakt i on hielt sie zurück. Zwar erwiderte er ihren Blick und schenkte ihr ein höfliches Lächeln, aber nichts ließ darauf schließen, dass er sie erkannte.
»Ihr habt nicht zufällig Menschen gesehen, deren Augen grün leuchten?«, vermutete Tendor sehr d i rekt und mit einem Anflug von Hoffnungslosigkeit in der Stimme.
Bjarkar und Hákon sahen ihn fassungslos an. »W o her wisst Ihr das?«, fragte Bjarkar, der als Er s ter die Stimme wiederfand. »Genau davon wollten wir Euch berichten. Hákon und ich zählten mehr als drei Du t zend Rebellen mit den seltsamen Augen.«
»Ich wusste es nicht, aber es passt zu dem, was ich gerade erfahren habe.« Tendor seufzte und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. »Bei den Pforten des Halvadal«, murmelte er. »Das ist u n glaublich.« Laut sagte er: »Das ist Aideen. Sie ist vor den Hüteri n nen geflohen, um uns vor Zarife zu warnen. Wie es aussieht, geht die wahre Bedrohung nicht von Kar a deks Heer aus, sondern von Zarife selbst.«
»Von Zarife?« Bjarkar starrte Aideen an, als hätte sie einen Hochverrat begangen und murmelte dann mehr zu sich selbst: »Verdammt, ich habe es doch gewusst …«
»Gibt es dafür Beweise?«, wollte Hákon wissen.
Aideen nickte. »Ich sah es mit eigenen Augen und hörte mit eigenen Ohren, wie Zarife die Mächte der Unterwelt anrief«, sagte sie. »Jene verlorenen Seelen, die zwischen dem Halvadal und der Welt der Lebe n den gefangen sind. Sie versprach ihnen neue Körper. So wurden sie zu ihren Verbündeten. Wenn wir nicht handeln, schnell handeln, werden immer mehr von ihnen kommen. Hunderte. Tausende. Sie werden sich unserer Körper bemächtigen und unsere Seelen, unser Selbst, in einen finsteren Winkel z u rückdrängen, aus dem nur der Tod sie erlösen kann.« Sie verstummte und wandte sich wieder Tendor zu. »Was die beiden gesehen haben, ist wahr«, sagte sie mit bebender Stimme. »Auch ich habe es gesehen, bei den Wachen, die uns ins Lager führten. Zwei der Männer hatten denselben Blick wie die Frauen, mit denen ich hie r herkam. Grün schimmernde Augen, so wie alle, die bereits von den Verdammten besessen sind.«
»Bei den Göttern!«, entfuhr es Tendor. Er ließ sich zurücksinken und schloss seufzend die Augen. Für einen Augenblick wirkte er alt, müde und b e sorgt. Doch der Eindruck schwand so schnell, wie er g e kommen war, und nur wenig später hatte er sich wi e der im Griff. »Setzt euch«, forderte er Bjarkar und Hákon mit fester Stimme auf. »Und dann b e richtet uns alles, was ihr gesehen habt.«
***
»Verdammt.« Wütend schlug Zarife mit der Faust gegen den nackten Fels. »Verdammt, verdammt, ve r dammt.« Den ganzen Nachmittag hatte sie ve r sucht, das Tor mithilfe der drei Novizinnen wenigstens no t dürftig zu reparieren. Der Schaden schien jedoch wei t aus größer zu sein, als sie vermutet hatte. Inzwischen war es fast dunkel geworden.
»Verschwindet!«, herrschte sie die drei jungen Fra u en an, die ganz in der Nähe standen und sie mit einer M i schung aus Angst und Ehrfurcht ansahen. Die Novizinnen waren erschöpft und von den A n strengungen gezeichnet, aber noch so weit bei Krä f ten, dass sie den Weg zurück allein bewältigen kon n ten. Froh, dass die Mühen und Belastungen endlich ein Ende hatten, machten sie sich auf den Weg zu den Höhlen, um sich auszuruhen.
Zarife gönnte sich diese Ruhe nicht. Der Geda n ke, erst wenige Hundert Verbündete im Land zu wissen, schürte ihren Zorn auf die Hüterinnen und all die Missgeschicke, die sich zu häufen schienen. Wenn sie das Tor immer nur kurz öffnen konnte, wäre ein schneller, überraschender Sieg kaum mö g lich. Sie brauchte Zeit, viel mehr Zeit. Sie konnte nur hoffen, dass die Garde sich mit einem Schlag gegen die Rebe l len Zeit lassen würde. Als die Nov i zinnen fort waren, gönnte sie sich einen kleinen A u genblick der Ruhe, dann legte sie die Hände wieder an den Felsen, um das Tor für eine neue Einheit von Seelen zu öffnen.
***
»Bei den Toren des Halvadal, das sind wahrlich schlimme Neuigkeiten.« Tendor hatte zunächst Bja r kar und Hákon gelauscht und dann Aideen noch ei n mal alles berichten lassen.
Aus Rücksicht auf Hákon hatte sie bewusst da
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