Königin der Schwerter
lein zu reiten. Wir wollten ihn aufhalten, aber er erteilte uns den Befehl zu schweigen. Dann machte er sich mit seinem tamjikischen Waldläufer auf den Weg zum Rebelle n lager und kehrte nicht mehr z u rück.«
»Was wurde aus dem Waldläufer?«, fragte Kar a dek.
»Er kam zurück und überbrachte uns Zoltans let z te Befehle.«
»Und wo ist er jetzt?«
»Nun, ich vermute, er schläft noch.«
»Bei den schwarzen Pforten des Halvadal!« Kar a deks Gesicht wurde rot vor Zorn. »Bringt ihn her. Ich will ihn sehen.«
»Verzeiht, Herr, aber er war die ganze Nacht mit einem Spähtrupp unterwegs und kam erst …«
»Das ist mir gleichgültig«, wetterte Karadek. »Ich war auch die ganze Nacht unterwegs. Und schlafe ich etwa? Also schafft ihn herbei. Sofort.«
Wenig später trat der Waldläufer ins Zelt. Seine nussbraune Hautfarbe ließ keinen Zweifel daran, dass er ein Tamjike war, was Karadek mit einem geringschätz i gen Lächeln quittierte. Er wusste, dass Zoltan einige Steppenbewohner als Söldner angeworben ha t te, hatte jedoch nie verstehen können, was ihn dazu bewogen hatte. Tamjiken in seinem Heer zu wissen, war für K a radek mehr ein Makel als ein Nutzen. Er duldete sie jedoch, solange sie sich nichts zu Schulden kommen ließen. »Nun«, hob er an, »wie ich hörte, warst du der Letzte, der Zoltan lebend gesehen hat.« Der anklagende Ton in seinen Worten war durchaus beabsichtigt. Er traute den Tamjiken nicht und hielt es durchaus für möglich, dass hier Verrat mit im Spiel war.
»Ich führte ihn zum Lager der Rebellen, wie es sein Wunsch war«, entgegnete der Waldläufer mit starkem Akzent. »Er wollte sich selbst davon übe r zeugen, dass der Rebell, den er befragt hatte, die Wahrheit gesagt hatte, und sich vergewissern, ob seinem Plan Erfolg beschieden sein würde.«
»Seinem Plan?« Karadek zog erstaunt eine Auge n braue in die Höhe. »Von welchem Plan sprichst du?«
»Nun, ich weiß nicht …« Der Tamjike warf den Kommandanten einen Hilfe suchenden Blick zu, als wisse er nicht, ob er offen reden durfte.
»Ich warte.« Karadek verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust, schaute die Kommandanten nacheinander an und fragte: »Will mir niemand verr a ten, welchen Plan Zoltan hatte?«
***
Eine halbe Stunde, nachdem sie das Rebellenlager ve r lassen hatten, erreichte die Gruppe um Hákon den Waldrand. Es war noch dunkel gewesen, als sie au f gebrochen waren. Und obwohl der Lärm, den die vier Pferde gemacht hatten, weithin gut zu hören gewesen sein musste, hatten nur wenige Rebellen etwas von dem Aufbruch bemerkt.
Alles war nach Plan verlaufen. Nachdem sie Te n dor von ihrer Entdeckung berichtet hatten, dass die gei s terhaften Gebilde mit Feuer zerstört werden konnten, hatten sie sich noch in der Nacht mit Proviant, Wa s ser, Decken und all den anderen Dingen versorgt, die sie für die Reise ins Hochland benöti g ten, während Tendor selbst die vier kräftigsten Pferde für sie ausg e wählt hatte.
Manon fühlte sich nicht recht wohl auf dem stattl i chen weißen Wallach, den man ihr gegeben hatte. O b wohl sie wie die meisten Mädchen einmal eine begei s terte Reiterin gewesen war, lag die letzte Rei t stunde inzwischen fast acht Jahre zurück, und sie musste sich erst wieder an das Gefühl gewöhnen, allein auf einem Pferd zu sitzen. Zum Glück war der Wallach ein ruh i ges und genügsames Tier und machte es ihr leicht, die verschütteten Reitererfa h rungen wieder auszugraben.
Am Waldrand zügelten die vier ihre Pferde und gönnten sich einen Augenblick des Innehaltens. Das Hochland war an diesem Morgen nebelverhangen; nur die Kuppen der höchsten Hügel schauten wie Inseln aus den Nebelschwaden hervor, welche die Täler und Mulden wie ein wogendes graues Meer füllten. Es war ein bewegender Anblick, friedlich und still, und doch lag etwas Unheilvolles darin, das Manon sich nicht erklären konnte.
Ein Blick in die Gesichter der anderen zeigte ihr, dass es ihnen nicht viel anders erging. Die Mienen spiegelten Unsicherheit, Zweifel und Furcht. Aber auch eine grimmige Entschlossenheit.
Wahre Helden, dachte Manon schmunzelnd. Von außen betrachtet, wirkte alles genau wie eine Szene aus einem Film, wenn sich die Helden zur alles entscheide n den Schlacht formieren. Obwohl sie sich große Mühe gab, dass die anderen es nicht merkten, konnte sie die Lage noch immer nicht wirklich ernst nehmen. Alle r dings spürte sie seit ihrem Aufbruch auch, dass sich mehr und mehr ein
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