Königin der Schwerter
Schulterhöhe in den Fels der Höhle geschlagen wo r den waren. »Dies ist der älteste Simion«, erklärte sie feierlich, griff in die Nische und holte eine tönerne Statue hervor, die wie ein ziemlich hässliches, hocke n des Tier aussah. »Der erste Sim i on überhaupt. Einer der wenigen, die noch von Zarife selbst gefertigt wu r den. Zwischen ihm und allen anderen, die später g e schaffen wurden, besteht eine enge Verbindung. S o bald sich der Simion, der Zarife begleitet, dem We l tentor nähert, werden die Augen dieser Skulptur grün zu leuchten beginnen. Das ist für uns das Zeichen, mit der Anrufung zu beginnen.«
»Das ist aber ein seltsames Geschöpf.« Aideen trat näher und betrachtete die Figur aufmerksam.
»Der Simion stellt einen Affen dar«, erklärte Bethia. »Ein Tier, das es hier bei uns nicht gibt, wohl aber in der anderen Welt, die der unseren sehr ähnlich ist. Du musst wissen, dass Zarife nicht nur eine mächtige H o hepriesterin war, sie war auch sehr bewandert in den Künsten, die wir Magie nennen. Sie wusste vieles über das Reich der Toten, denn schon zu Lebzeiten war es ihr möglich, mit den T o ten zu sprechen.«
»Die Stimmen«, entfuhr es Aideen. »Sind es Sti m men der Toten, die man draußen auf dem Ko r ridor hören kann?«
»Stimmen? Hier im Heiligtum?« Nun war es Bethia, die die Stirn runzelte. »Ich weiß nichts von solchen Stimmen.«
»Aber …?« Aideen verstummte. Nach dem peinl i chen Ereignis oben bei den Felsen wollte sie sich nicht wieder lächerlich machen, sonst würde man sie am Ende noch für verrückt halten.
»Hast du Stimmen auf dem Weg hierher g e hört?«, hakte Bethia nach.
»Nein. Nicht direkt.« Aideen ärgerte sich, dass sie so voreilig geredet hatte, und suchte nach einer au s weichenden Antwort. »Ich … dachte nur, da w ä ren welche. Aber ich habe mich wohl getäuscht.«
»Ich bin schon oft hierhergekommen in den ve r gangenen Jahren«, sagte Bethia. »Stimmen habe ich nie gehört.«
»Dann war es sicher nur die Aufregung, die mir e i nen Streich gespielt hat«, erwiderte Aideen und schob schnell eine Frage nach, um Bethia abzule n ken: »Was hat es mit diesen Affen auf sich?«
»Die Simions fertigte Zarife selbst an«, erklärte sie. »Als sie ahnte, dass Benize verloren war, traf sie mittels Magie eine ganze Reihe von Vorkehrungen, die es ihr möglich machen sollten, ihre Macht und ihr Wissen auch über den Tod hinaus zu bewahren. Mit Blut band sie die Skulpturen an ihre Seele und hauchte ihnen mit der Macht ihrer Magie gerade so viel Leben ein, dass sie sich nach ihrem Tode auf die Suche nach ihrer wiedergeborenen Seele machen konnten.« Bethia sprach sehr ernst. »Durch die w e nigen Weltentore, die unsere und die andere Welt noch verbinden, haben wir immer wieder einen S i mion ausgeschickt in der Hoffnung, dass er sie eines Tages finden würde.«
»Aber wie ist das möglich?«, fragte Aideen. »Die Skulpturen können doch nicht laufen, wie sollen sie dann von dem Tor fortkommen?«
»Du kennst die Menschen nicht, die auf der and e ren Seite der Tore wohnen«, sagte Bethia. »Sie sind habsüchtig. Besonders verlangt es sie nach Dingen, die wertvoll aussehen. Die Simions machen sich das z u nutze und wandern so von Hand zu Hand.«
»Seltsam.« Aideen schüttelte den Kopf. »Was wo l len die Menschen denn mit den Figuren?«
»Manche verkaufen sie, andere verschließen sie auf Jahre in ihren Heimen.«
»Aber wie sollen sie Zarife dann jemals finden?«
»Nun, auch dafür hat Zarife vorgesorgt«, Bethia l ä chelte wissend. »Die Simions haben gewisse … Fähi g keiten. Fähigkeiten, die es ihnen ermöglichen, einen zu langen Aufenthalt an einem Ort zu verhi n dern. Vor allem aber haben sie die ausgeprägte F ä higkeit, Zarifes Seele auch über sehr weite Entfe r nungen hinweg zu erspüren. Du kannst es dir wie einen Ton vorstellen, den Zarifes Seele aussendet und den nur die Simions hören können. Dieser Ton leitet sie. Sobald sie ihn vernehmen, werden sie alles daransetzen, zur Quelle des Tons zu gelangen, um Zarife hierher zurückz u bringen.« Sie machte eine fächernde Handbewegung und sagte: »Aber das führt jetzt zu weit. Später einmal werde ich dir au s führlich davon erzählen.« Sie wollte das Thema b e enden, doch Aideen bewegte noch eine Frage.
»Sind denn nie welche kaputtgegangen?«, wollte sie wissen. »Ton ist so brüchig. Es ist unvorstellbar, dass die Figuren all die Jahrhunderte unbeschadet übe r standen
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