Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)
waren die Hände gebunden. Die Eglin Eagles waren damals Titelverteidiger bei den weltweiten US-Militärmeisterschaften, und wir rechneten damit, wieder Champions zu werden. Football war auf der Eglin-Air-Force-Basis angesagt, sogar sehr angesagt. Die Footballmannschaft spielte konstant in der Spitze mit, war weltweit berühmt – zumindest überall dort auf der Welt, wo
die Vereinigten Staaten aktive Militärstützpunkte unterhielten, und das taten sie ja so gut wie überall .
Für Eglin zu spielen war, als spielte man für die Green Bay Packers, und die Starspieler wurden nicht weniger hofiert. Das Reserve Officer Trainings Corps ROTC, das Ausbildungskorps für Reserveoffiziere, war damals für alle Studenten/Athleten an sämtlichen mit Steuergeldern finanzierten Universitäten im Land Pflicht – sogar für die Auswahlspieler der All-American Football-Stars an Unis wie Alabama & Ohio State –, und von allen ROTC-Studenten/Athleten wurde verlangt, dass sie mindestens zwei (2) aktive Dienstjahre bei den US-Streitkräften ableisteten … Ihnen blieb keine andere Wahl – es sei denn, sie wurden aus medizinischen Gründen für untauglich erklärt oder als Wehrdienstverweigerer aus moralischen Gründen anerkannt, was sie aber lebenslang als karriereabträgliches Stigma mit sich herumschleppen mussten. Also rissen die meisten von ihnen ihre zwei Jahre »in Uniform« ab und setzten dann ihr Leben fort – in der echten Welt , wie alle anderen auch.
Paris Review # 156
GEORGE PLIMPTON: Bei der Lektüre von The Proud Highway habe ich den Eindruck gewonnen, dass Sie schon immer Schriftsteller werden wollten.
HUNTER S. THOMPSON: Na ja, wollen und müssen sind zwei verschiedene Dinge. Es war nicht so, dass ich das Schreiben von Anfang an als Lösung für meine Probleme angesehen hätte. Aber während der High-School hatte ich mir eine gute Grundlage geschaffen, was Literatur betrifft. Oft schwänzten wir die Schule und gingen in ein Café in der Bardstown Road, wo wir
Bier tranken und lasen und über Platos Höhlengleichnis diskutierten. Es gab da eine literarische Gesellschaft in der Stadt, das Athenaeum, wo wir uns samstagabends in Anzug und Krawatte trafen. Ich war nicht besonders gesellschaftsfähig – die Nacht meines Schulabschlusses musste ich im Gefängnis verbringen –, aber mit fünfzehn wurde mir klar, dass man irgendwann die eine spezielle Sache entdecken muss, auf die man sich besser versteht als alle anderen. Das hab ich früh herausbekommen. Für mich war es das Schreiben. Das war das Pfund, mit dem ich wuchern konnte. Leichter als Algebra. Es bedeutete zwar immer Arbeit, aber es war lohnende Arbeit. Von Anfang an faszinierte es mich, meinen Namen in der Verfasserzeile gedruckt zu sehen. Das war schon damals ein gutes Gefühl. Und ist es heute noch.
Als ich zur Air Force kam, war es das Schreiben, das mir aus Problemen heraushalf. Ich war eigentlich für die Pilotenausbildung an der Eglin Air Force Base nahe Pensacola im Nordwesten Floridas vorgesehen, aber man versetzte mich zur Elektronik … eine höchst intensive achtmonatige Ausbildung auf fortgeschrittener Stufe mit lauter klugen Jungs … das hat mir zwar Spaß gemacht, aber ich wollte nicht irgendwo am Arsch der Welt auf einem arktischen Frühwarnposten enden. Außerdem habe ich Angst vor Strom. Also bin ich eines Tages zum Weiterbildungsbüro der Basis marschiert und hab mich für einige Seminare an der Florida State eingeschrieben. Mit einem Burschen namens Ed kam ich besonders gut aus, und ihn fragte ich nach Möglichkeiten, für irgendwen zu schreiben. Er wollte wissen, ob ich Ahnung von Sport hatte, und ich klärte ihn auf, dass ich Redakteur meiner High-School-Zeitung gewesen war. Er sagte: »Also, da könnten wir vielleicht Glück haben.« Es stellte sich heraus, dass der Sportredakteur des Command Courier , der Zeitung unserer Basis, ein Feldwebel, in Pensacola wegen Trunkenheit in der Öffentlichkeit und Urinierens gegen eine Häuserwand festgenommen und eingesperrt worden war. Sie hatten ihn zum dritten Mal erwischt und wollten ihn nicht wieder laufen lassen.
Also suchte ich die Bibliothek der Basis auf und fand dort drei Bücher über Journalismus. Ich blieb gleich da und las, bis geschlossen wurde. Ich erfuhr etwas über Schlagzeilen, Aufhänger, über »Wer, Wann, Was, Wo, Warum«, solche Sachen. In jener Nacht konnte ich kaum schlafen. Das war mein Ticket, meine Fahrkarte, aus dem verfluchten Laden rauszukommen. Also fing
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