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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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sein, ohne Frontlinien und ohne identifizierbaren Feind. Osama bin Laden mag nichts als ein »Aushängeschild« sein – oder auch bereits tot, soviel wir wissen –, doch wer auch immer diese uramerikanischen Düsenflugzeuge beladen mit all ihrem
uramerikanischen Treibstoff in die Türme schickte, tat das mit atemberaubender Präzision und Treffsicherheit. Das zweite Flugzeug traf haargenau ins Schwarze. Mitten in den Wolkenkratzer.
    Nichts – nicht einmal das 350-Milliarden-»Star Wars«-Raketenabwehrsystem von George Bush – hätte den Angriff vom Dienstag verhindern können, und ihn durchzuziehen hat so gut wie nichts gekostet. Weniger als zwanzig unbewaffnete Selbstmordattentäter aus irgendeinem scheinbar unterentwickelten Land auf der anderen Seite der Welt legten das World Trade Center und die Hälfte des Pentagons ohne Kostenaufwand mit drei schnellen Schlägen in Schutt und Asche. Diese Effizienz war Furcht erregend.
    Wir werden jemanden für diesen Angriff bestrafen, aber es ist schwer zu sagen, wer oder was deswegen zerbombt oder ausradiert wird. Vielleicht Afghanistan, vielleicht Pakistan oder der Irak, oder möglicherweise auch alle drei gleichzeitig. Wer weiß? Nicht einmal die Generäle in den Ruinen des Pentagon oder die New Yorker Zeitungen, die KRIEG schreien, scheinen zu wissen, wer es gewesen ist und wo man nach ihnen suchen soll.
    Es wird ein sehr teurer Krieg werden, und sein Ausgang ist nicht gewiss – für niemanden, und ganz gewiss nicht für jemanden, der so fassungslos ist wie George W. Bush. Er weiß nur, dass sein Vater diesen Krieg vor langer Zeit begonnen hat und dass er, der tölpelhafte Kind-Präsident, vom Schicksal und der globalen Ölindustrie ausersehen ist, ihn jetzt zu einem Ende zu bringen. Er wird den nationalen Notstand erklären und mit aller Härte gegen jedermann vorgehen, egal wo oder warum. Wenn die Schuldigen nicht die Hände heben und gestehen, werden er und seine Generäle sie unter Gewaltanwendung aufstöbern.
    Viel Glück. Da wartet ein wahrhaft schwieriger Job auf ihn, denn er kann sich nicht auf glaubhaftes militärisches Nachrichtenmaterial stützen und hat keine Zeugen. Einzig dem Gespenst bin Laden kann er die Schuld an der Tragödie geben.
    OK. Es sind jetzt vierundzwanzig Stunden vergangen, und
wir bekommen kaum Informationen zum »Was? Wer? Warum? Wann? Wo?« in dieser Sache.
    Dr. Thompson und Col. Depp prüfen die Lieferung eines Paares seltener .454er Casull Magnums – in einem Waffenladen irgendwo in den Rocky Mountains, Sommer 1997 (Deborah Fuller)
    Die Zahlen aus dem Pentagon sind so rätselhaft, als hätte die Zensur des Militärs die Medien bereits im Griff. Es ist beunruhigend. Die einzigen Nachrichten im Fernsehen stammen von weinenden Opfern und wild spekulierenden Nichtswissern.
    Der Deckel ist geschlossen. Psst, Feind hört mit! Loose Lips Sink Ships. Sag nichts, was dem Feind dienlich sein könnte.
    12. September 2001
     
     
    Johnny Depp rief mich Sonntagabend aus Frankreich an und fragte, was ich über Osama bin Laden wüsste.
    »Nichts«, sagte ich. »Absolut nichts. Er ist ein Gespenst, soviel ich weiß. Weshalb fragst du?«
    »Weil ich furchtbare Angst vor ihm habe«, sagte er. »Ganz Frankreich ist in Panik … Ich bin ausgerastet und zum Flughafen gerast, aber als ich ankam, war mein Flug schon gestrichen. Alle Flüge in die Staaten sind gestrichen. Die Leute waren verrückt vor Angst.«
    »Willkommen im Club«, sagte ich zu ihm. »Auch hier sind fast alle verrückt geworden.«
    »Aber egal«, sagte er. »Und wer hat das Jets-Colts-Spiel gewonnen?«
    »Es hat kein Spiel gegeben«, sagte ich. »Sämtliche Sportveranstaltungen in diesem Land sind abgesagt worden – sogar Monday Night Football .«
    »Nein!«, sagte er. »Das ist unmöglich. Ich hab noch nie einen Montagabend ohne Spiel im Fernsehen erlebt. Und was läuft an der Börse?«
    »Bis jetzt gar nichts«, sagte ich. »Man hat sie für sechs Tage geschlossen.«
    »Guter Gott«, murmelte er. »Keine Börse, kein Football – die Sache ist wohl ernst.«
    In dem Moment hörte ich das Schloss an meinem Benzintank klappern, rannte mit einer Schrotflinte nach draußen und feuerte aus beiden Läufen in die Dunkelheit. Wilderer!, dachte ich. Schieß ihnen die Birne weg! Wir sind im Krieg! Also feuerte ich noch eine Salve in Richtung Benzinpumpe und ging dann rein, um nachzuladen.
    »Was soll denn diese Ballerei?«, schrie mich meine Assistentin Anita an. »Worauf schießt du

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