Königreich der süßen Versuchung
hatte sie einen schrecklichen Verdacht. Wenn er es fertigbrachte, die Situation einer hilflosen Frau auszunutzen, war er dann vielleicht sogar nicht ganz unschuldig an eben dieser Situation? „Hast du etwas mit meinem Gedächtnisverlust zu tun?“
„Nein!“, entgegnete er entschieden.
Wie gern würde sie ihm glauben. Und gleichzeitig hasste sie sich dafür. „Wie ist es denn dann passiert?“
„Das kann ich dir leider auch nicht sagen. Ich habe dich im Garten gefunden. Du hast im Mondlicht auf dem Rasen getanzt.“
Wie peinlich. Andi wurde rot. Hoffentlich hatte sie sich nicht danebenbenommen. Dunkel erinnerte sie sich jetzt, dass sie ihm gekündigt hatte. Dass er sie nicht hatte gehen lassen wollen, hatte nichts damit zu tun, dass er sie liebte oder sie ihm etwas bedeutete. Er hatte lediglich seine Assistentin nicht verlieren wollen. Und dann hatte er sie obendrein noch in sein Bett gelockt, indem er behauptet hatte, sie seien schon lange eng miteinander befreundet.
Leider waren ihre Sinne immer noch ganz erfüllt von der leidenschaftlichen Nacht. Wahrscheinlich würde die Erinnerung daran sie ihr Leben lang verfolgen. Sie hatte geglaubt, dass sie einander liebten, während er nur sicherstellen wollte, dass sie ihm als seine Assistentin erhalten blieb. Entschlossen zog sie sich den Ring vom Finger und hielt ihn ihm hin. „Nimm ihn zurück.“
Erschrocken sah er sie an. „Oh, nein, du musst ihn tragen.“
„Ich denke nicht daran.“ Sie legte den Ring auf Jakes Schreibtisch. „Da wir nicht wirklich verlobt sind, will ich auch den Ring nicht.“
„Aber wir sind doch verlobt!“, erwiderte er leise und beinahe verzweifelt, sodass sie schon wieder ins Schwanken geriet. „Ich möchte dich wirklich heiraten.“
Was sollte das nun wieder? Meinte er, was er sagte? Kam dieser Wunsch von Herzen? In seinen dunklen Augen stand etwas, das sie nicht gleich zu deuten vermochte. Sehnsucht? Verlangen? Sie musste endlich aufhören, Traum und Realität zu verwechseln. Ihr war klar, dass sie sich von Anfang an in Jake verliebt und immer gehofft hatte, er würde sie eines Tages als begehrenswerte Frau wahrnehmen und nicht nur als tüchtige Assistentin schätzen. Und nun musste sie feststellen, dass er sie nur für seine Zwecke benutzt hatte.
Wut stieg in ihr auf. „Hast du wirklich geglaubt, ich würde mich auf dieses Theater einlassen, das du dir ausgedacht hast, als ich hilflos war und es nicht durchschauen konnte? Dass ich bereit wäre, den Leuten das liebende Paar vorzuspielen, obwohl wir nichts anderes sind als Chef und Assistentin? Ich muss weg, und zwar sofort.“ Wenn sie noch länger blieb, würde sie die Hoffnung nicht aufgeben, er könne sie eines Tages vielleicht doch lieben … Schließlich kannte sie ihre Schwäche für ihn.
„Aber die ganze Welt weiß bereits von unserer Verlobung.“
Ja, auch ihre Familie, ihre Freunde, jeder, den sie kannte … Und dennoch musste sie hart bleiben. „Dann solltest du besser richtigstellen, dass das Ganze nur eine Lüge gewesen ist oder meinetwegen auch ein Fehler.“ Nie zuvor in ihrem Leben war sie so glücklich gewesen wie in den wenigen Tagen ihrer „Verlobung“. Und die Nacht mit ihm war das Schönste, das sie je erlebt hatte. „Ich gehe jetzt und packe meine Sachen.“
Sie wandte sich zur Tür, doch Jake ergriff sie beim Arm und hielt sie fest. „Das Volk von Ruthenia verlässt sich auf dich, und ich tue dasselbe.“
Kurz war sie versucht, sich wieder auf eine Diskussion einzulassen, doch dann schüttelte sie energisch den Kopf. „Ich bin sicher, das Volk von Ruthenia wird sich auch an jemand anderen gewöhnen.“
„Aber wir sollen heute Abend im Fernsehen über uns und unsere Verlobung sprechen. Und auch darüber, welche Feierlichkeiten anlässlich der Verlobung am Unabhängigkeitstag geplant sind.“
„Der Unabhängigkeitstag, ja, natürlich!“ Andi wandte sich um und starrte ihn wütend an. „Wie konnte ich das vergessen. Du hattest versprochen, dem Volk noch vor dem Unabhängigkeitstag deine Braut vorzustellen. Das ist es also.“ Sie musterte ihn eindringlich, doch seine Miene blieb unbeweglich. „Du wolltest dein Wort nicht brechen und als Lügner dastehen. Und da war ich gerade zur Hand, naiv und unwissend.“
„Aber Andi, ich weiß nicht, worüber du dich so aufregst. Wir sind schon seit Jahren Partner. So viel würde sich doch gar nicht ändern.“
„Nein? Da bin ich anderer Meinung. Von der Bürogemeinschaft zur Vernunftehe? So
Weitere Kostenlose Bücher