Königreich der süßen Versuchung
einfach geht das nicht! Glaubst du denn, jeder muss so funktionieren, wie du es willst?“
„Nein, das siehst du ganz falsch. Sei doch vernünftig. Wir sind nun mal ein gutes Team.“
„Teamsportarten haben mich nie interessiert. Wenn ich heirate, dann nur aus Liebe.“ Und wie sie ihn geliebt hatte … Jetzt allerdings hasste sie ihn dafür, dass er sie hereingelegt hatte. Dass er ihr etwas vorgegaukelt hatte, was nicht der Wahrheit entsprach.
„Denk doch noch mal darüber nach, Andi. Sei vernünftig. Bleib doch wenigstens noch bis zum Unabhängigkeitstag.“
„Du hoffst wohl, dass ich meine Meinung noch ändere, wenn ich all die strahlenden Gesichter sehe. Bist du eigentlich schon mal auf die Idee gekommen, dass dein Volk nicht mit deiner Wahl einverstanden sein könnte? Dass man es lieber hätte, wenn du eine Ruthenierin heiraten würdest?“
„Nein. Mein Volk weiß, dass ich die richtige Wahl getroffen habe.“
Die richtige Wahl. Das klang so überzeugend, dass Andi erneut Zweifel kamen. Forschend blickte sie ihm in das markante Gesicht. „Du willst mich wirklich heiraten?“
Als er nach ihren Händen griff und ihr tief in die Augen sah, klopfte ihr Herz wie verrückt. „Ich will dich wirklich heiraten.“
Aber er liebt dich nicht. Sei vorsichtig. Vielleicht sollte sie der Sache doch eine Chance geben? Würde sie nicht ihr Leben lang bereuen, es nicht wenigstens ausprobiert zu haben? „Unter einer Bedingung wäre ich bereit, bis zum Unabhängigkeitstag zu bleiben. Wenn ich danach der Meinung bin, dass es nicht klappen kann, lässt du mich ohne Widerspruch gehen.“
„Einverstanden.“
Sollte sie ihm glauben? Nur selten hatte sie bisher erlebt, dass er klein beigab. Aber sie konnte natürlich immer abreisen. Oder für den Rest ihres Lebens bleiben. „Ich bin immer noch nicht sicher, dass ich dir trauen kann. Wir haben getrennte Schlafzimmer?“
„Ja, wenn du willst.“
„Bis zum Unabhängigkeitstag sind es noch drei Tage.“ Würde sie es schaffen, solange die glückliche Verlobte zu spielen? Auf keinen Fall wollte sie den Leuten die Freude an den Feierlichkeiten verderben. Sofern sie die Abmachung als Job ansah, würde es ihr gelingen. Allerdings nur, wenn absolut nichts zwischen ihr und Jake geschah. Wenn sie doch nur diese unsinnige Hoffnung aufgeben könnte, dass er sie eines Tages lieben würde …
Jake hielt ihr den Ring hin. „Den musst du tragen.“ Während sie noch überlegte, ob sie sich wirklich auf seinen Plan einlassen sollte, griff er einfach nach ihrer linken Hand. Sie erschauerte und machte den Fehler, ihn anzusehen. Er schaute ihr so eindringlich in die Augen, dass ihr eins klar wurde: Sie konnte ihn nicht zurückstoßen.
Warum nur besaß er eine solche Macht über sie?
Mit ihm verheiratet zu sein konnte bedeuten, dass ihr schönster Traum wahr wurde. Oder dass sie sich in einem Albtraum wiederfand, aus dem sie nicht mehr aufwachen würde.
7. KAPITEL
Am Nachmittag des folgenden Tages stand Andi vor dem Spiegel und richtete den Kragen ihres neuen, sündhaft teuren Kleides. Es war aus grüner Seide, schmal geschnitten und von einer geradezu königlichen Eleganz. Sie drehte und wendete sich vor dem Spiegel. Sah sie auch aus wie eine zukünftige Königin?
An diesem Abend würde sie als die neue Königin im Fernsehen vorgestellt werden. Der ruthenische Fernsehsender hatte Scheinwerfer und Kameras in der großen Bibliothek installiert, wo Jake und sie am Abend interviewt werden sollten. Zwar hatte Andi versucht, diesen Termin hinauszuschieben, weil sie erst vor die Öffentlichkeit treten wollte, wenn sie sich endgültig entschieden hatte. Aber man hatte sie so sehr bestürmt, dass es arrogant gewirkt hätte, wenn sie bei ihrer Ablehnung geblieben wäre.
„Hier sind die Ohrringe, Ma’am.“
Andi zuckte zusammen und wandte sich um. Der alte Juwelier war eingetreten und öffnete jetzt einen flachen Kasten. Du liebe Zeit, wie sollte sie da das Passende herausfinden? „Ich überlasse Ihnen die Wahl.“ Er hatte bestimmt eine Vorstellung davon, wie die zukünftige Königin aussehen sollte.
Im Gegensatz zu ihr. Schließlich war sie in einem demokratischen Land aufgewachsen und keine Ruthenierin. Es sei denn, sie heiratete Jake. Falls sie ihn heiratete.
„Ich würde zu diesen raten. Erlauben Sie?“ Der alte Juwelier legte ihr Smaragdohrringe an. „Perfekt.“ Als sie nickte, klappte er den Kasten wieder zu, verneigte sich kurz und verließ den Raum. Dann kam die
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