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Königsallee: Roman (German Edition)

Königsallee: Roman (German Edition)

Titel: Königsallee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pleschinski
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Knallkörper, nicht schön – häßlich, abgeschmackt, gehetzter Radau statt gepflegten Umgangs miteinander und nicht zuletzt mit sich selbst. Budapester Gulaschträume hatten sich wohl erledigt. Ein Jammer. Der Mensch lebte nicht mehr, er wurde gelebt. Niederträchtig. Dagegen müßte eine Revolution aufflammen, die Revolte mit dem Motto: Ich bin ich, ich gehe einen Schritt langsamer, ich lege mich ins Bett und zwar gerade, weil es hellerlichter Tag ist und ich flitzen soll! Ich bin mein Aufstand. Gegen das, was ihr, die ihr euch als entscheidend aufspielt, von mir wollt. Ich will mich und meine tiefe, tiefe Pause.
    Clemens Merck schüttelte den Kopf, da er schon wieder «Budapest» gesagt hatte … als wäre es ein geheimnisvolles Schlaraffenland. Aber so geschah’s eben beim Gabelfrühstück, geistiges Abirren war sein Sinn. Er tunkte Brot in die Soße und gab acht, daß kein Tropfen neben den Teller auf den Schreibtisch fiel. Er wurde durch seine Imbißmarotte allmählich zum Dinosaurier. Das verdankte er also seinem Vorbild Stürzli.
    «War’s heiß genug?» Die Besenfeldt erkundigte sich spät. Er war fast fertig und mußte nicht antworten. Durch die offene Tür zum Vorzimmer sah er, wie die Sekretärin sich nach dem Apfelschälen die Hände abwischte. Obst war gesünder. Zwischendurch knabberte sie auch Leibniz-Keks. Staubtrocken. Nun hing an ihrer Stuhllehne ihr Stockschirm als Gehhilfe. Doch die meiste Arbeit erledigte sie ohnehin im Sitzen. Im reichhaltigen Fundus der Gästehinterlassenschaften war nach einem Krückstock gesucht worden. Vergebens. Wer mit einer Stütze in die Halle humpelte, vergaß sie auch bei der Abreise nicht. Eher schon fand man beim Aufräumen bisweilen Trauscheine und schickte sie per Expreß nach.
    Er trank einen Schluck Sprudel.
    Sie beendete ein Telephonat.
    «Neues von der Front?» fragte er in den lichteren Vorraum.
    «Von welcher?» An Gespräche auf Distanz waren beide gewöhnt.
    «Die Weinlieferung aus Mergentheim?»
    «Traf gestern abend ein.»
    «Die Dachrinne im Hof?»
    «Der Klempner kommt morgen.»
    «Der Dichter?»
    «Außer Haus.»
    «Und der Generalfeldmarschall?»
    «Wohl kurz vor der Kapitulation.»
    «Darin ist er geübt.»
    «Siemer gibt mir sofort Bescheid, wenn er abreist.»
    «Er bekommt einen Preisnachlaß.»
    «Ich fürchte, er wird gar nicht zahlen wollen. Dusche ohne Kopf im Hinterzimmer.»
    «Auch egal», stöhnte Clemens Merck und schob den geleerten Teller beiseite. Immer dasselbe, zuerst die Vorfreude auf die Stärkung, dann der Genuß an den ersten Bissen, alsbald aber der Anflug der Frage – und sogar leicht angewidert –, ob schon wieder Nahrung in den Magen hatte gezwängt werden müssen. Durchs Geklingel kam Jolanda Besenfeldt nicht zu ihren Apfelspalten. Sie wurden wahrscheinlich schon bräunlich. «Ah ja», sie hatte kaum aufgelegt, «elf Uhr dreißig. Der Liftboy.»
    «Liftboy? Wozu gibt’s Müller im Personalbüro?»
    «Armand …»
    «Wer?»
    «So heißt der Liftboy, er gab an, er wäre mit Ihnen verwandt.»
    «Was?» Direktor Merck war aufgestanden und warf unwillig die Serviette beiseite. «Ich kenne meine Verwandtschaft. Da ist nichts Französisches dabei.»
    «Er bat mehrmals dringlich um den Termin.»
    Das Klopfen und Fräulein Besenfeldts «Herein» waren eins. Da sie mit bandagiertem Bein schlecht aufstehen konnte, blieb sie sitzen, was angesichts eines Liftboys sowieso in Ordnung war.
    «Die Sonne, die Mutter aller Regsamkeit und der Quell der Freude, eilet dem Zenit entgegen», vernahm sie, «und ich nehme diese vortreffliche Uhrzeit als gewisses Zeichen, daß auch meinem Streben Glück widerfahren wird.»
    Die Sekretärin saß neben dem Obst und ließ den Buntstift sinken.
    «Ja, einen guten Tag wünsche ich! Ich hoffe, die Fron des Tuns wird des Abends Anlaß zum rückblickenden Genuß am erfüllten Tagwerk sein. Was, gnädige Frau, ist ersprießlicher, als sein Leben dem Gemeinwohl zu widmen, sei’s auch nur oder gerade in diesem Hause, dem zu Recht ersten am Platze, in dem ein ganzer Menschenkosmos sich zusammenfindet, ernährt, unsichtbar gelenkt und mit Wohlgefühl fern einer Heimat beschenkt werden soll? Ich bin ein Frischling hier, noch kaum von den höheren Instanzen wahrgenommen, doch schon kann ich mutmaßen, daß Sie, Frau Hauptsekretärin, wohl seit Tag und Jahr die Garantin, eine im Verborgenen mit der erdenklichen Umsicht agierende Herrin, ja, Königin dieses Universums mit seinen tausend Belangen sind. Sonst

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