Königsallee
sein freundlichstes Lächeln auf. »Bitte.«
»Keine Akte«, antwortete die Dürre, ohne sich von der Stelle zu bewegen.
»Was heißt das?«
»Kann es sein, dass bei euch derzeit alles drunter und drüber läuft?«
»Wieso?«
»Wir haben nichts über die beiden, basta. Lohmar sitzt übrigens im Aufsichtsrat von Fortuna Düsseldorf. Ein Kumpel von unserem Oberbürgermeister, wenn man der Zeitung glauben kann. Das hab ich auch deinem Kollegen gesagt, der sich bereits gestern über Lohmar und Grusew erkundigt hat.«
»KOK Jan Reuter?«
»Richtig. Ihr solltet mal an eurer Kommunikation arbeiten. Die ist anscheinend stark verbesserungswürdig.«
37.
Reuter parkte den Dienstwagen auf dem Hof und gab Schlüssel und Papiere bei der Fahrbereitschaft ab. Mit Blick auf die Uhr beschloss er, Feierabend zu machen.
Zu Hause holte er seinen Micra aus der Garage. Katjas Schulkonzert – vielleicht würde er noch rechtzeitig dort sein. Auf dem Weg in den Norden der Stadt schaltete er den Dudelfunk ein und lauschte irgendwelchen Hits aus den Achtzigern – Robby ging ihm nicht aus dem Kopf.
Wunde über dem rechten Auge. Schwärzung der Haut und eingesprengte Pulverteilchen. Relativer Nahschuss.
Dann die Nachrichten, Reuter drehte die Lautstärke hoch. Sein Fall: Ermittlungen in alle Richtungen. Die Brücke über der Hafeneinfahrt als möglicher Fluchtweg des Mörders. Besucher, die etwas bemerkt haben, sollten sich melden.
Wer Grips im Kopf hatte, verstand den Klartext: Die Polizei tappt im Dunkeln.
Die nächste Meldung: Noch immer keine Antwort Konrad Andermatts auf das Angebot, Minister zu werden.
Reuter schaltete das Radio aus. Er nahm sein Handy, wählte die Nummer des Städtischen Krankenhauses in Gerresheim und ließ sich mit der Intensivstation verbinden. Edgar schlief – auf dem Weg der Besserung, wie es hieß.
Das Pflaster surrte unter den Reifen. Vorbei am Aqua-Zoo, die nächste rechts. Reuter freute sich auf einen ruhigen Abend mit seiner Freundin nach dem Konzert. Vielleicht einen alten Spielfilm gucken. Wein schlürfen, gesalzene Mandeln knabbern und endlich so tun, als sei das Leben eine harmonische Veranstaltung.
Das Max-Planck-Gymnasium lag in der Tempo-dreißig-Zone eines Wohngebiets. Als der Betonbau und die Parkplätze in Sicht kamen, erkannte Reuter, dass die Veranstaltung bereits vorüber war. Eltern strömten mit ihren Kids aus dem Portal und kletterten in ihre Geländewagen und Familienvans, Halbwüchsige standen in Grüppchen und verabschiedeten sich.
Vielleicht war Katja noch da, immerhin hatte sie das Konzert organisiert. Er zückte sein Handy und drückte ihre Nummer. Sie meldete sich prompt.
»Wie war’s?«, fragte er und rangierte den Wagen in eine Lücke, die gerade frei geworden war.
»Gut. Wo steckst du? Du musst sicher noch arbeiten.«
»Nein. Wir haben den Abend ganz für uns.«
»Ach, schade«, erwiderte Katja. »Ich habe mich gerade mit ein paar Kolleginnen zum Bier verabredet. Die Schulleiterin geht auch mit, da kann ich nicht kneifen. Du weißt, sie beurteilt nächste Woche meinen Unterricht.«
»Verstehe«, sagte er. »Dann sehen wir uns später. Ich warte auf dich.« Sein Blick fiel auf eine Frau, die aus dem Schulgebäude trat und dabei telefonierte.
Katjas Stimme an seinem Ohr: »Viel Erfolg bei der Mördersuche!«
»Danke.«
Die Frau steckte ihr Mobiltelefon ein und trat in den Schein einer Laterne – es war tatsächlich Katja in ihrer roten Cordjacke. Sie gesellte sich zu ihren Kolleginnen, die offenbar auf sie gewartet hatten.
Im gleichen Moment blinkten auf der anderen Seite des Parkplatzes Scheinwerfer auf und Katja winkte einen Gruß zurück. Ein dunkler Volvo.
Katja verabschiedete sich von den Kolleginnen und eilte über den Platz. Reuter duckte sich. Der Fahrer des Volvos stieg aus und hielt ihr die Beifahrertür auf – ganz der vorbildliche Gentleman. Die Umarmung der beiden versetzte Reuter einen Stich.
Katja hatte ihn angelogen.
Nein, das Leben war keine harmonische Veranstaltung.
Er drehte den Zündschlüssel. Als der Volvo vorbeiglitt, gab Reuter behutsam Gas und folgte.
Die Fahrt ging zurück in Richtung Innenstadt und durch den Rheinufertunnel nach Süden. Reuter blieb dran, mit einem heftigen Pochen in der Brust. Völklinger Straße, Südring, an der nächsten Ampel bog die Schwedenkutsche in eine Wohnstraße und hielt.
Reuter fuhr weiter und wählte die nächste Parklücke. Er lief zurück und fand den Volvo. Er musterte die Häuser:
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