Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
Heinz Richter einen besonderen Eindruck hinterlassen. Neugier und romantische Gefühle mischten sich nach und nach zu einer unerklärlichen Sehnsucht, ihn wiederzusehen, und sie musste Tag und Nacht nur an ihn denken. Seine unverhohlen bewundernden Blicke hatten ihr völlig den Kopf verdreht, und sie beneidete Magdalena, der seine Aufmerksamkeit galt. Jeden Tag wartete sie jetzt am Fenster auf sein Erscheinen, oder sie spazierte unschlüssig im Garten umher, in der Hoffnung, dass er vorbeikäme. Doch nur noch selten ließ Richter sich jetzt in der Nähe des Windenstein'schen Guts sehen.
»Kathi! Wo warst du? Was machst du eigentlich die ganze Zeit da draußen?« Die Stimme der Mutter klang mehr als ungnädig. »Zieh dir endlich etwas an. Es ist Herbst und ziemlich frisch.«
»Ich war beim ›Bund junger Mädchen‹«, rief Katharina mit gespielter Munterkeit hinüber, »wir hatten ein Treffen und haben Ingrids Geburtstag gefeiert!« Es war eine glatte Lüge, denn Katharina kam gerade von einem Spaziergang durch das kleine Wäldchen neben dem Gut zurück. Wie schon vermutet, hatte sie dort mit eigenen Augen gesehen, dass Magdalena sich mit dem Offizier traf, der ihr so heiße Blicke zugeworfen hatte! Sie war aufs Höchste erregt. Was fand dieser Mann bloß an dieser faden blonden Gans? Sie mochte sie nicht – schon bei ihrer Ankunft auf Gut Windenstein hatte sie eine unerklärliche Antipathie gegen sie gefühlt. Aber jetzt, seit sie jede Nacht von dem gut aussehenden Fremden träumte, war zu dieser persönlichen Abneigung auch noch ein nie gekanntes, geradezu brennendes Gefühl von Eifersucht gekommen.
Sie setzte sich ins Gras, lehnte sich gegen einen Baumstamm und träumte vor sich hin. Ein richtiger Mann, an dessen durchtrainiertem Körper die Uniform wie angegossen saß und dessen helle Augen im leicht gebräunten Gesicht einen festhielten undnicht mehr losließen. Und wie er sie angesehen hatte! Ein Blick, der alles sagte und ihr jetzt noch Schauer über den Rücken jagte! Sie seufzte. Natürlich war sie ihm zu jung, das hätte sie sich ja denken können. Aber sie würde ihm zeigen, dass sie schon reifer war als ihre Jahre. Im nächsten Monat, im November war sie endlich sechzehn! Ein neuer, tiefer Seufzer entstieg ihrer Brust. Das Einzige, was sie über ihn wusste, war, dass er Kriegsberichterstatter war, aber ihr Stolz verbot ihr, Magdalena über ihn auszufragen. Sein Auto hatte jedenfalls eine Teplitzer Nummer. Sie sah in die vorbeiziehenden Wolken, die durch die Baumkrone schimmerten, und spürte, wie die Sehnsucht, ihn zu sehen, jeden vernünftigen Gedanken in ihr auslöschte. Sollte sie ihm einen Brief schreiben, ihm erklären, was sie bewegte und ihn um eine Unterredung unter vier Augen bitten? Wie sollte er sonst erfahren, welch unauslöschliche Gefühle sie für ihn empfand? Auf dem Hof schob Magdalena jetzt rumpelnd und voller Anstrengung eine Karre voller Heuballen für die Pferde vorbei. Sie presste die Lippen zusammen, als sie die Rivalin erblickte. Wie unschuldig dieses falsche Biest doch tat! Sie musste sie aus dem Haus ekeln.
Da Richter jedoch weiterhin das Gut mied, ergab sich keine Gelegenheit für Katharina, ihm ihren mit viel Emphase verfassten Brief zuzustecken. Doch sie war erfinderisch und ließ Magdalena, gerade als sie am Nachmittag das Haus zu einem Treffen verlassen wollte, ausrichten, sie müsse sofort Zeus, den schwarzen Wallach, satteln, da ihr Vater vorhabe auszureiten. Magdalena kehrte gehorsam in den Stall zurück und Katharina machte sich in aller Eile auf den Weg.
Sie erblickte Richter sofort am Waldweg, wie er, lässig gegen den Kühler seines Cabriolets gelehnt, eine Zigarette rauchte. Sich ein Herz fassend, lief sie quer über die Wiese direkt auf ihn zu. Als sie so heftig atmend, mit glühend roten Wangen und fiebrig glänzenden Augen vor ihm stand und ihn schwärmerisch ansah,konnte er ein geschmeicheltes Lächeln nicht unterdrücken. Seine Wirkung auf Frauen war eben unzweifelhaft. Aber Achtung – dieses junge Ding da – und dazu noch in seiner Heimatstadt, da war Vorsicht geboten!
Er schloss den obersten Knopf seiner Uniformjacke, die vorzüglich saß, und räusperte sich. »Was für ein Glück ich habe – das schönste Mädchen der Stadt ausgerechnet hier zu treffen!« Weltmännisch und überlegen küsste er ihr die Hand.
»Magdalena kann leider nicht pünktlich kommen, sie ist noch beschäftigt …«, stieß sie beinahe atemlos hervor. »Und da ich gerade
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