Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
sie verwickelt war, gab zu denken. Wenn das aufkam, konnte so eine Bekanntschaft seiner Karriere enorm schaden. Besser, gleich einen Schlussstrich unter die Affäre ziehen – ja vielleicht sogar der Polizei einen kleinen Hinweis über ihren Aufenthalt geben! Er war zwar ein wenig verliebt gewesen, aber solch ein Risiko war es dann doch nicht wert. Es gab schließlich viele süße Frauen. Vor allem wartete ja noch dieses blutjunge Schnuckelchen von Katharina auf ihn, die völlig verknallt schien. Zwar noch ein grünes Ding, aber eine Partie, wie man sie sich nicht besser wünschen konnte! Das konnte was fürs Leben sein, da hatte er ausgesorgt und musste nicht mehr mit jedem Pfennig knausern!
Also, das lächerliche Versprechen mit dem Postfach jetzt einfach ganz ohne großen Umstand vergessen. War ohnehin vielLärm um nichts. Er zahlte und pfiff gut gelaunt einer jungen Frau nach, die mit schwingenden Hüften in einem weiß getupften Kleid vorbeiflanierte. Sie drehte sich um, lächelte ihn an, und er zwinkerte ihr selbstbewusst zu. Die Versuchung war eben überall – auch inmitten Trümmern, Angst und heulenden Sirenen!
14. Kapitel
A UF L EBEN UND T OD
Paul lag trotz seines Urlaubsscheines noch im Notlazarett der Truppe bei Leningrad, wo die Lage für die Deutschen nicht einfacher wurde. Die Medikamente waren knapp, und er war noch zu schwach, um nach Hause transportiert werden zu können. Immer wieder wurde er von neuen Fieberschauern geschüttelt und fantasierte manchmal von brennenden Panzern, die ihn zu überrollen drohten, von alles verschlingenden und erstickenden Erdmassen, die ihn in die Tiefe zogen, und von glühenden Bomben, die auf das Haus fielen, in dem er mit seiner Mutter betend im Keller saß. Er sprach in seinen Delirien viel mit Magdalena, beschwor sie in wirren Reden und flehte sie an, zu ihm zu kommen.
Der treue Sascha saß geduldig und aufmerksam an seinem Krankenbett, tupfte ihm den Schweiß von der Stirn, gab ihm einen selbst gebrauten Kräutersud zu trinken und machte kühlende Umschläge. Es bedrückte ihn sehr, sein Vorbild, den ihm in allem so überlegenen Freund und Lebensretter so hilflos vor sich liegen zu sehen! Im Stab hatte man bisher seine Anwesenheit und Dienste bei den drei Kradmeldern großzügig toleriert, doch jetzt war es nicht mehr zu umgehen, ihn endlich als Schütze in der Truppe zu integrieren.
Das Chinin und die Medikamente gegen Malaria zeigten nur langsam Wirkung bei Paul, und gerade, als er sich so weit erholt hatte, dass ein Transport nach Deutschland ärztlicherseits verantwortetwerden konnte, brach im Lager eine Typhus-Epidemie aus, die zweifellos aus dem nahen Leningrad eingeschleppt worden war. In seiner körperlichen Schwäche schnappte er auch das auf und war in kurzer Zeit so ausgemergelt, dass man jeden Tag das Schlimmste befürchtete. Die spätherbstliche drückende Hitze, die von einem Tag auf den anderen aus dem Sumpfgebiet eine dampfende Ungezieferhölle machte, verursachte immer weitere Krankheitsfälle. Die wenigen Rote-Kreuz-Schwestern, die hier arbeiteten, waren völlig überfordert – wenn sie nicht selbst auch erkrankten.
Doch von heute auf morgen, wie durch ein Wunder, war plötzlich der Spuk vorbei. In der Nacht hatte es Raureif gegeben, leichter Frost setzte ein und überzog alles mit einem leichten Film. Die Moskitos waren so plötzlich verschwunden, wie sie gekommen waren. Der Winter hatte sein erstes Zeichen gegeben.
Doch das einmal ausgebrochene Sumpffieber war genauso schwer in Griff zu kriegen wie die Wahnvorstellungen Hitlers von einer schnellen Eroberung dieses weiten Landes. Alle bisherigen Probleme waren nur ein schwacher Vorgeschmack von den Hindernissen, die sich bald vor den deutschen Soldaten auftürmen sollten. Vom Führerhauptquartier, in dem sich der Stab über die vorgezeichneten Karten der Hauptkampflinien beugte, gab es nur eine logisch scheinende Entscheidung: Vorwärts, den Feind so schnell wie möglich überrollen! Doch diesmal stellte sich den verfrühten Siegesparolen eine Barriere in den Weg, die alle unterschätzten: Der russische Winter! Väterchen Frost hatte bereits eine Kostprobe von seinen Kräften gegeben – jetzt sollte er erst richtig seine Zähne zeigen!
Obwohl die Kälte ein wenig Erleichterung brachte, war es nicht klar, ob der geschwächte Körper Pauls den langen Transport überstehen würde. Doch er wollte es jetzt unbedingt riskieren. Hier sterben oder unterwegs – das war ihm
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