Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
für dein Verständnis, Onkel Ludwig! Du hast mir in diesem Moment das Leben gerettet!«
»Na, na!« Der Onkel entzog ihr die Hand fast verlegen. »Ich bemühe mich, dir zu helfen, kann aber nichts versprechen. Allzu lange kannst du jedenfalls nicht mehr dableiben.« Er seufzte. »Denk an meine Worte!«
Von dem Tag an arbeitete Magdalena in abgenutzten Arbeitshosen, ein schlichtes Kopftuch um ihr aufgestecktes Haar gebunden, im Stall; sie mistete aus, schob die Schubkarre durch die Stallgasse, teilte den Pferden den Hafer zu und schleppteStrohballen. Zeus, ein rabenschwarzer Wallach, wieherte schon nach kurzer Zeit, wenn sie den Stall betrat und sah sie mit seinen dunklen Samtaugen so ruhig an, als verstehe er ihren Kummer. Manchmal schmiegte sie den Kopf an seinen warmen biegsamen Hals, und er schnupperte mit seinen flaumigen Nüstern zart an ihrer Hand, als wolle er ihr zu verstehen geben, dass er mit ihr fühlte.
Johanna betrachtete sie von jetzt an sehr von oben herab und würdigte sie kaum mehr eines Wortes. Nur die kleineren Kinder kamen sie ab und zu besuchen, und sie beaufsichtigte Britta manchmal beim Ponyreiten. Abends war sie nach der harten, körperlichen Arbeit meist erschöpft; sie aß ihre einfache Mahlzeit in der Küche und zog sich sogleich in ihr Mansardenzimmer zurück. Von ihrer Großmutter hatte sie, wie ausgemacht, nichts gehört. Wenn sie überwacht wurden, dann war selbst das kleinste Lebenszeichen, der geringste Hinweis auf ihren Aufenthalt gefährlich. Aber Louise fehlte ihr sehr, und sie spürte erst jetzt, wie sehr ihre Gradlinigkeit, ihr Rat, aber auch ihre Wärme Bestandteil ihres Lebens gewesen waren.
In der Zeit, in der Richter seinen Heimaturlaub in Teplitz verbrachte, sahen sie sich beinahe jeden zweiten Tag. Auf ihre Bitte trafen sie sich nun vorsichtshalber in dem kleinen Wäldchen, das der Allee zum Gut vorlag. Er vermied es nun auch, mit ihr zu oft in der Stadt oder in Cafés gesehen zu werden und bestimmte, dass sie gleich auf sein Zimmer zu gehen hatten. Clarissa, seine Schwester, sah ihnen manchmal nachdenklich nach, wenn sie nach oben verschwanden, aber sie war so mit ihrem eigenen Leben, ihrer Schwiegermutter und ihren Kindern beschäftigt, dass sie die neue Affäre ihres leichtlebigen Bruders nicht besonders interessierte.
Gezwungen, ihre wahren Gefühle und bitteren Reuegedanken völlig aus ihrem Bewusstsein zu verbannen, konzentriertesich Magdalena nun allein darauf, zu funktionieren, den anstrengenden Alltag zu bestellen und dabei ihr Ziel nicht aus den Augen zu verlieren. Aber es war wie eine Falle, in die sie getappt war, die sie von allen Seiten umschloss; ein Fehltritt, der weitere nach sich zog und drohte, sie in einen Abgrund stürzen zu lassen, aus dem es schwer sein würde, wieder herauszukommen. Die Studentin Magdalena von Walden aus Königsberg, verlobt mit dem Unteroffizier Paul Hofmann, gehörte plötzlich nur noch einer nebelhaften, glücklichen Vergangenheit an, einer Zeit, von der sie hoffte, sie würde einmal wiederkommen, wenn alle Prüfungen überstanden waren. Bis dahin musste sie Alma Kurz, eine polnische Landarbeiterin, bleiben, die sich einem Mann hingab, der sie erpresste. Und das war immerhin weitaus besser, als mit dem Tode bedroht zu sein oder in einem düsteren Gefängnis einer ungewissen Zukunft entgegenzugehen.
Genau das war in diesem Tagen nämlich Thema Nummer eins des Teplitzer Wochenblatts, dessen Redaktion in vielen Einzelheiten empört über die Königsberger »Schmutzschmierer« der verbotenen Flugblattaktion berichtete. Ludwig hatte ihr die Ausgabe ohne besonderen Kommentar aufs Zimmer gelegt. Fassungslos und am ganzen Körper zitternd, las sie von dem vernichtenden Urteil, das über ihre Freunde, Frank Schäfer, seine Schwester Marga, Alfred und die anderen, nach einem kurzen Prozess gesprochen wurde. Sie waren ohne Verzug in ein Konzentrationslager nach Treblinka überstellt worden, und man wusste nicht, ob sie von dort jemals wiederkommen würden!
Am nächsten Tag meldete sie sich krank, sie war erkältet, fieberte und konnte das Bett nicht verlassen. Ihre Nerven flatterten, und sie hatte das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen, laut zu empören gegen das ungerechte Verfahren des »Mundtotmachens«. Doch keiner erschien, um nach ihr zu sehen, und sie hatte sich nie im Leben verlassener und unglücklicher gefühlt.
In Katharinas jungem, aber nicht ganz unschuldigem Herzen hatte die Begegnung mit dem gut aussehenden Fremden
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