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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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die Züge aus der Gegenrichtung, dem Osten, waren überfüllt mit Flüchtlingen, und die Menschen eilten mit Koffern und Paketen über die Bahnsteige zu den Gleisen. Es wimmelte auf den Bahnhöfen wie auf einem Ameisenhaufen.
    Magdalena saß am Fenster und hielt ihren Blick während der Fahrt so aufmerksam auf die vorüberfliegende, vertraute Landschaft geheftet, als müsse sie sich alles gut einprägen, um es sich später wieder ins Gedächtnis rufen zu können. Die weiten Ebenen mit ihren Seen, umsäumt von Kiefern und Birkenwäldchen – wie schön das doch alles war und wie anders als die kalte, zerstörte Steinwüste Berlins. Ihr Herz begann heftiger zu schlagen, als sie sich Königsberg näherten. Niemand beachtete sie auf dem Bahnhof, niemand erkannte sie mit ihrem Hut, den sie tief in die Stirn gezogen hatte.
    Sie nannte dem Taxifahrer die Adresse ihrer Schwester, das Rittergut der von Treskows, etwas außerhalb, in der Nähe von Ellerkrug.
    Dann stand sie vor dem weitläufigen Herrenhaus und fühlte, wie ihre Knie plötzlich ganz schwach wurden. Sie klingelte und verlangte die Hausherrin zu sprechen. Nach wenigen Minuten stand Gertraud vor ihr in einem eleganten, beigefarbenen Seidenkleid, und ihr Gesicht drückte zuerst Erschrecken und dann Erkennen aus.
    »Du, Magdalena?« Es war wie ein Aufschrei.
    »Gertraud!« Magdalena nahm den Hut ab und fiel ihr stürmisch um den Hals, doch die Schwester befreite sich sogleich, scheinbar peinlich berührt. »Komm schnell, bevor dich jemand sieht! Um Gottes willen, wie kannst du uns so ohne Vorwarnung überfallen! Zum Glück ist Gottfried nicht da!«
    Magdalena, vom kühlen Empfang durch die Schwester nicht überrascht, gab zurück: »Wenn es dir unangenehm ist, kann ich ja wieder gehen. Ich konnte mich leider nicht anmelden … wollte einfach nur wissen, wie es dir geht. Es ist inzwischen so viel geschehen!«
    »Geh doch bitte schon voraus!« Gertraud trat noch einmal vor die Tür und sah sich dort nach allen Seiten um. »Wir wollen schließlich keine Schwierigkeiten bekommen …« Sie folgte ihr durch die Halle in den Salon und bot ihr einen Platz auf der konservativen Sitzgruppe an. Magdalena betrachtete die Schwester erstaunt. Nichts an dieser ein wenig zu steif und korrekt wirkenden jungen Dame mit den aufgesteckten Haaren erinnerte mehr an das unsichere und manchmal ziemlich rechthaberische BDM-Mädel, das Magdalena in Erinnerung hatte. Sie bemühte sich um ein Lächeln, während Gertraud unauffällig auf die Uhr sah. »Nun? Ich hoffe, es geht dir gut?«
    »So gut, wie es einem in diesem unmenschlichen Krieg gehen kann.«
    »Fängst du schon wieder mit deinen negativen Bemerkungen an«, erregte sich Gertraud sogleich. »Ich möchte nicht, dass Gottfried das hört.«
    »Gottfried, Gottfried! Kannst du ihn nicht für ein paar Minuten aus dem Spiel lassen!«, erwiderte Magdalena gereizt. »Lass uns doch mal von etwas anderem reden.«
    »Wovon? Von deinen Verfehlungen, mit denen du unsere Familie in Verruf gebracht hast, vielleicht?« Die Schwester war immer noch die gleiche streitsüchtige Kratzbürste geblieben.
    »Ich bleibe nicht lange in Königsberg«, lenkte Magdalenamüde ein. Sie hatte keine Lust, auf den Ton ihrer Schwester einzugehen. »Nur, um etwas zu erledigen. Vielleicht kannst du mir wenigstens ein Glas Wasser geben. Aber ich wollte natürlich vor allem dich und Theo wiedersehen. Wie geht es ihm, unserem kleinen Bruder?«
    »Möchtest du Tee?« Gertraud versuchte, ihre Erregung zu mäßigen und wenigstens höflich zu wirken. Aber auf ihren Wangen bildeten sich rote Flecken. Als Magdalena bejahte, klingelte sie nach dem Hausmädchen.
    »Theo geht es sehr gut«, fuhr sie ruhiger geworden fort. »Er wollte in die Fliegerstaffel zu den Jagdbombern – hat sich freiwillig gemeldet. Vorläufig wurde er aber erst zum Flakhelfer eingeteilt. Er wartet noch auf seine Zulassung. Wir haben ihn schon eine Weile nicht mehr gesehen.«
    Magdalena krampfte die Hände zusammen. »Er will in die Fliegerstaffel? Ist er denn nicht zu jung dazu? Das ist doch wahnsinnig gefährlich!«
    Gertraud zuckte die Achseln. »Was ist nicht gefährlich? Er ist alt genug, um selbst zu entscheiden, was er tun will und was nicht. Und wir leben eben in einer Zeit, in der man etwas riskieren muss, wenn man dazugehören will, wie Gottfried immer sagt. Er selbst war einige Zeit im Innendienst, nachdem er diesen Unfall hatte. Das hat ihm gar nicht gepasst. Du weißt natürlich nichts von

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