Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
schlimm kam, einfach unter den nächsten Busch.
Eine stumpfe Gleichgültigkeit hatte Magdalena ergriffen, sie sah kein Licht am Ende des Tunnels, den sie beschritten hatte. Gab es denn überhaupt noch Hoffnung, irgendwann einmal heil aus dieser Hölle herauszukommen? Niemand wusste es, das Schicksal musste entscheiden.
Es hatte sich im Treck herumgesprochen, dass vom Bahnhof in Stolp, den sie bald erreichen würden, noch Züge gen Westenabfahren sollten, nach Berlin. Die Wagen waren schon eine Weile nahe der Eisenbahnlinie vorbeigezogen, und Magdalena fasste insgeheim den Entschluss, Pferd und Wagen mit allem, was darin war, Fred zu überlassen und zu versuchen, einen Zug zu erwischen.
Dann standen plötzlich die Russen vor ihnen, die den Treck in der Nähe eines Rangierbahnhofs eingeholt hatte. Sie waren auf einmal da, ohne Vorwarnung, hatten eine Barriere an der Straße errichtet und feuerten Warnschüsse in die Luft. Der unmissverständliche Befehl »Stoi, stoi, stoi!« (Halt!) tönte aus rauen Kehlen.
Fred machte Magdalena ein Zeichen, und sie kroch unter die Plane des Wagens. Zusammengekauert lauschte sie mit klopfendem Herzen hinter einem Sack mit Bohnen auf die fremden Laute. Nach dem Anhalten des Trecks mussten alle Männer heraustreten und sich der Reihe nach aufstellen. Man begann, das Gepäck nach Wertstücken zu untersuchen. In einem unbeobachteten Augenblick ließ Fred sich zu Boden fallen, rollte unter einem Wagen durch und lief auf der anderen Seite unter dem Schussfeuer der Russen todesmutig über ein Bahngleis davon. Wie ein blitzschneller Schatten entkam er im Schutz eines Stellwerks. Ärgerlich wandten sich die sowjetischen Soldaten um und schossen aus Rache blindlings mitten in den Treck hinein. Schreie durchschnitten die Luft, Wehklagen und Weinen der Kinder wurde laut. Doch es gab keine Gnade. Die kräftigsten Männer wurden nun zusammengetrieben und gefangen genommen, die Schwachen und Alten mussten in den nahen Wald, wo ein Erschießungskommando auf sie wartete. Erst zum Schluss sollten die Frauen drankommen, die zuerst begutachtet wurden. Hatte nicht Stalin selbst den Befehl zum Vergewaltigen gegeben, um den Hochmut der deutschen Frauen zu brechen?
Ein rotgesichtiger, kräftiger Russe zog die zitternde Magdalena aus ihrem Versteck unter der Plane hervor, entblößte ihre Brüsteund betastete sie wie ein Stück Fleisch, das man kaufen will. Er stieß sie vorwärts, in eine Gruppe anderer junger Russen, die sie ebenfalls lüstern betrachteten. Einer von ihnen, die Pistole in der Hand, wollte ihre Röcke heben, aber in diesem Augenblick fuhr sie wie eine Wildkatze auf ihn los, kratzte ihm mit den Fingernägeln übers Gesicht und sprang mit einem Satz hinter den Wagen, der die sofort abgefeuerte Kugel abhielt. Schnell kroch sie zwischen den Wagenrädern weiter. Ganz in der Nähe, in nicht mehr als fünfzig Meter Entfernung, hatte sie einige Güterwaggons bemerkt, die auf bereits stillgelegten Gleisen standen. Sie sprang auf und lief um ihr Leben darauf zu. Als die Russen sie entdeckt hatten, sandten sie ihr lachend noch ein paar Salven nach, vor denen sie sich unter dem nächsten Waggon in Deckung brachte. Vorsichtig spähte sie nach einer Weile hinaus, wagte kaum zu atmen. Doch anscheinend hielt man es nicht für wert, sie weiter ernsthaft zu verfolgen, und so schlängelte sie sich auf dem Bauch von Waggon zu Waggon Richtung Bahnhof. Als die Luft rein schien, schob sie sich langsam, Stück für Stück über die Schienen hinaus. Niemand war zu sehen, und sie erhob sich vorsichtig und klopfte ihr rußiges Kleid ab. Das Knirschen des Kieses hinter ihr ließ sie zusammenzucken. Sie fuhr herum und blickte geradewegs in das grinsende Gesicht des stämmigen Russen von vorher, der sich wohl einen Spaß daraus gemacht hatte, sie aufzuspüren. Seine Augen leuchteten bei ihrem Anblick gierig auf, und er grunzte irgendetwas Unverständliches. Sie stieß einen gellenden Schrei aus, doch weit und breit gab es niemanden, der ihr helfen konnte. Er stieß sie vor sich her zwischen zwei Waggons, zerrte ihre Röcke hoch und knöpfte mit erwartungsvollem Stöhnen seine Hose auf. Diesen Moment nutzte Magdalena, um sich loszureißen. Sie bückte sich blitzschnell, packte eine Handvoll Staub mit kleinen Kieselsteinen gespickt und warf sie dem Russen ins Gesicht. Flink wie eine Katze sprang sie über die Schienen und lief davon, während Schüsse und das Fluchen des ihr nachsetzendenMannes sie begleiteten. Sie
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