Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
Erscheinung, ein Wunder, etwas, das nicht von dieser Welt sein konnte. Es war, als breite sich in seinem Innern ein helles Licht aus, das von seinem Herzen bis zum Kopf drang und ihn ganz mit ruhiger Freude erfüllte. Der Nachtwind erfasste jetzt ihr langes, blondes Haar und wehte es um ihr blasses, schmal gewordenes Gesicht. Er sah in ihre dunklen, unergründlichen Augen, nach denen er sich all die Jahre so sehr gesehnt hatte. Dann umfasste er ihre schlanke Gestalt und vergrub sein Gesicht erschüttert in ihrem Haar. Er spürte ihre Haut mit dem Duft nach Honig, und irgendetwas brach in seinem Innern auf, das bisher unsichtbar darin verborgen gewesen war. Seine Brust erbebte in lautlosem Schluchzen, von einem unbekannten Gefühl überschwemmt, das alle Bitternis enthielt, die er in den harten Kriegsjahren, ohne eine Miene zu verziehen und ohne sich zu beklagen, erlebt und erlitten hatte, und das sich jetzt mit seiner Sehnsucht nach der verlorenen Liebe auf seltsame Weise mischte. Ihm war, als sei er endlich angekommen und als versänken die dunklen Gespenster eines unwirklichen Alptraums für alle Zeit wieder in dem Abgrund, aus dem sie gekommen waren.
Magdalena konnte in der Verwirrung des Augenblicks ihr Glück kaum fassen. Was war das – was geschah hier? Wie kam es, dass sie von der Hölle des lebendig Begrabenseins unmittelbar in den Himmels eines so unbegreiflichen Freudentaumels hinaufkatapultiert wurde, eines Glücks, das sie so schnell gar nicht begreifen, ja nicht einmal mehr für möglich gehalten hatte? Wie durch eine unsichtbare Fügung war sie gerettet worden, von dem Mann, nach dem sie sich in all der Zeit so sehr gesehnt und den sie so sehr vermisst hatte!
»Fräulein von Walden?« Der Soldat war neben sie getreten und reichte ihr das Kind, das greinend an seinem Daumen nuckelte. »Die Kleine möchte wohl lieber bei ihrer Mutter sein. Ich glaube, sie ist sehr müde. Und ich muss dringend einen Krankenwagen rufen, die Feuerwehr und Polizei benachrichtigen!«
Magdalena löste sich wie erwachend von Paul. »Ja, natürlich. Verzeihen Sie bitte …«, sagte sie und nahm Paula auf den Arm. »Es ist alles ein bisschen viel auf einmal!«
»Hauptsache, wir haben es geschafft und sind frei.« Er trat auf Paul zu, ergriff seine Hand und schüttelte sie fest. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll! Sie haben unser aller Leben gerettet. Wie sollen wir Ihnen das nur vergelten …« Paul atmete tief aus und machte eine abwehrende Bewegung. »Es wäre vor allem wichtig, meine Person bei der Polizei nicht zu erwähnen. Sie haben mich nie gesehen. Und geben Sie mir noch fünf Minuten Vorsprung. Alles Gute!« Er sah zu dem frierenden Grüppchen hinüber, das auf den Krankenwagen wartete.
Magdalenas Augen hatten sich verschattet, als sie sich wieder Paul zuwandte. »Das hier ist … meine Tochter«, sagte sie beinahe stockend. »Sie heißt Paula. Und ich habe mir geschworen, sie niemals im Stich zu lassen.« Ihr Herz klopfte heftig. Würde Paul sie überhaupt wiederhaben wollen, wenn er erfuhr, was alles hinter ihr lag? Dass dieses Kind von einem anderen war, den sie nicht einmal geliebt hatte?
»Du hast …geheiratet?« Paul zögerte, als er Paula genauer betrachtete, die, das lockige Köpfchen gegen die Brust ihrer Mutter gelehnt, schläfrig die Lider sinken ließ.
Magdalena schüttelte nur den Kopf. Doch Paul, der ihreZweifel spürte, legte den Arm jetzt behutsam um ihre Schultern und küsste sie voller Zärtlichkeit. »Dann ist alles gut. Ich bin so froh, dich wiedergefunden zu haben, Liebste! Dich … und Dein Kind!«
Willi Schwarz, der die Szene aus einiger Entfernung mit angesehen hatte, schüttelte mit einem wehmütigen Lächeln den Kopf. Er hatte begriffen, dass er Magdalena in diesem Moment für immer verloren hatte. Da sie ihn noch gar nicht bemerkt hatte, wollte er schon auf sie zutreten, um ihr ein letztes Mal Lebewohl zu sagen. Doch in diesem Moment begannen die Sirenen wieder durch die Luft zu heulen und den Frieden der Nacht mit jenem alarmierenden Ton zu zerreißen, der den Menschen durch Mark und Bein fuhr.
Auch Paul zuckte zusammen, aber sein Verstand begann zur gleichen Zeit rascher und präziser als je zuvor zu arbeiten. Noch war nicht alles vorbei, noch waren er und Magdalena in großer Gefahr. Sein Plan nahm blitzschnell Formen an.
»Willi, bitte kümmern Sie sich um die Leute. Sie stehen noch unter Schock. Der Krankenwagen muss gleich hier sein«, rief er dem jungen Mann
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