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Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
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ging, in Ordnung hielt. Auf den Rasenstücken war das Gras zu hoch, und überall wucherte Unkraut. Nebenan war schon vor Jahren ein höheres Wohnhaus gebaut worden, das den Villencharakter der Siedlung ein wenig zerstörte und dessen obere Etagen ungehinderten Einblick in den kleinen Park der von Waldens gestatteten. Magdalena war das früher ganz gleichgültig gewesen, doch jetzt sah sie immer wieder unruhig zu dem Fenster mit den zugezogenen Gardinen hinüber. Frau Schmitz, die alleinstehende Nachbarin aus dem letzten Stock, lag den ganzen Tag mit aufgestützten Ellenbogen auf einem Kissen am Fenster und beobachtete, was auf der Straße so vor sich ging. Gegen die pensionierte Lehrerin, die einst mit ihrer inzwischen verstorbenen Schwester zusammengewohnt hatte, empfand Magdalena eine instinktive Abneigung. Griesgrämig und streng von Natur aus, hatte sich diese Frau schon früher ständig bei ihrer Mutter beschwert, sei es, dass die Kinder nicht grüßten, dass sie zu viel Lärm machten, zu laut Radio spielten oder die Erwachsenen es wagten, nach zehn Uhr noch im Garten zu plaudern und zu lachen. Mit ihren kleinenKnopfaugen umheräugend, schien sie nur darauf zu lauern, dass sich etwas ereignete, was die Leere ihrer Tage durchbrach.
    Mehrmals fixierte Magdalena jetzt die dunkle Fensterfront, an der sie manchmal einen Schatten hinter der Scheibe zu erkennen glaubte, und zog Hanna vorsichtshalber tiefer unter das Laub des Fliederbaumes auf die darunterstehende, kleine Eisenbank.
    »Lass mich doch!« Hanna, deren Nerven durch den inhaltslosen Aufenthalt auf dem Dachboden blank lagen, riss sich beinahe ärgerlich los. »Lange halte ich dieses Versteckspiel nicht mehr aus! Es kann doch nicht sein, dass Jakob noch immer nicht gesund ist. Ich hab das alles satt! Soll ich denn in dieser verstaubten Dachkammer ersticken? Lieber gehe ich zu meinen Eltern ins Lager, da bin ich wenigstens nicht so isoliert. Ich will weg, weg, egal wohin! Heraus aus der engen Kammer! Verstehst du? Sofort!« Ihre Stimme war laut geworden und Magdalena legte den Finger auf den Mund. »Psst!« Sie hatte schon vorher bemerkt, dass Hanna, schon seit Tagen deprimiert, heute ganz besonders schlechter Stimmung war. »Wir müssen deine Flucht in Ruhe vorbereiten. Du kannst nicht so einfach davonlaufen.«
    »Morgen werde ich Jakob im Krankenhaus besuchen, ob du willst oder nicht. Mich kennt ja da niemand. Und ich möchte nach unserem Haus sehen – nachts kann ich mich bestimmt hineinschleichen! Aber vor allem muss ich endlich erfahren, wie es meiner Mutter und Felix geht! Du kannst mich nicht länger daran hindern!«
    »Warte doch!«, rief ihr Magdalena nach, denn Hanna rannte in plötzlicher Panik über die kleine Wiese zur Gartentür. Magdalena lief ihr nach, hielt sie an ihrem Kleid fest und zerrte sie gewaltsam zurück. »Du kannst nicht zu ihnen …«
    »Und warum nicht?« Hanna wand sich unter ihrem Griff. »Sag es mir. Ich habe keine Angst. Alles ist besser als diese schreckliche Ungewissheit!«
    Sie öffnete das Gartentor.
    »Bleib! Du musst jetzt sehr stark sein. Ich wollte es dir nicht sagen – aber man erzählt in der Stadt, sie … sie seien alle im Lager umgebracht worden ! «
    Hanna blieb stehen, als wäre sie vor eine Wand gelaufen. Sie wandte den Kopf und sah sie entsetzt an. Es war plötzlich ganz still und der Mond kam voll hinter einer Wolke hervor und erhellte ihr blasses Gesicht.
    »Was meinst du damit?«
    Magdalena senkte den Kopf. »Es ist so gut wie sicher, dass man alle jüdischen Lagerhäftlinge in Minsk ermordet und in einem Massengrab beerdigt hat.« Die traurige Wahrheit, mit der sie Hanna bisher verschonen wollte, war nun heraus.
    Hanna sank schluchzend in die Knie. »Sag, dass das nicht wahr ist! Bitte! Das kann nicht sein, das ist doch erlogen …ein schlimmes Gerücht, um uns einzuschüchtern … « Tränenüberströmt hielt sie inne. »Sie haben doch nichts getan!«
    »Nein. Aber es ist die Wahrheit. Ich habe es in der Zeitung gelesen!« Magdalena fühlte sich hilflos wie nie zuvor in ihrem Leben. Auch sie verstand nicht, wie so etwas geschehen konnte. »Es wäre ja möglich, dass sie nicht unter den Verurteilten waren!« Behutsam legte sie den Arm um Hanna. Das Weinen erschütterte ihren ganzen Körper, doch plötzlich bäumte sie sich auf. »Und Jakob?« Angstvoll sah sie zu Magdalena auf. »Er ist vielleicht auch in Gefahr. Ich muss zu ihm!«
    »Beruhige dich – sei leise.« Magdalena sah zum Fenster der

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