Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
auf die Straße und machte sich mit gesenktem Kopf, in dem die Gedanken wild durcheinander kreisten, auf den Heimweg. Gerade, als sie die Haustür aufschließen wollte, hörte sie jemanden rufen. »Fräulein von Walden!«
»Ja bitte?« Magdalena sah erschrocken hoch. Den süßlichstrengen Ton dieser Stimme kannte sie. Frau Schmitz, die Nachbarin, die zu dem Fenster gehörte, hinter dem sich die Gardinen manchmal so verdächtig bewegten, kam näher. »Das trifft sich heute sehr gut, dass wir uns begegnen. Ich würde gerne einmal unter vier Augen mit Ihnen sprechen!«
Magdalenas Herz begann, wie rasend zu klopfen. Sie hat etwas gesehen, sie will mich anzeigen, hämmerte es hinter ihren Schläfen. Sie zwang sich, ruhig zu bleiben und einen freundlichen Ton anzuschlagen.
»Aber gerne, bitte kommen Sie doch herein.« Sie schloss die Tür auf und ging voraus in den Salon. Louise ließ sich nicht sehen, obwohl Magdalena wusste, dass sie zu Hause sein musste. Frau Schmitz ließ ihre facettengleichen dunklen Äuglein blitzschnell über alle Ecken des Raumes gleiten, als suche sie etwas,und nahm dann kerzengrade auf dem äußersten Rand des ihr angebotenen Sessels Platz. Magdalena setzte sich ihr gegenüber, die verkrampften Hände fest ineinander verschlungen. »Nun? Worum geht es denn?« Sie versuchte ein schwaches Lächeln.
Die Besucherin sah sich wieder nach allen Seiten um. »Ist Ihre Großmutter nicht da?«
»Sie ist einkaufen gegangen!«, log Magdalena und versuchte, höflich zu bleiben.
»Nun, dann wollen wir nicht lange um die Sache herumreden«, begann Frau Schmitz und kniff ihre Lippen zu einem dünnen Spalt zusammen. »Ich möchte Sie warnen – im Grunde meine ich es ja nur gut mit Ihnen. Aber ich habe da gewisse Beobachtungen gemacht... «
Magdalena sah sie mit gespielter Unschuldsmiene fragend an, während ihr Herz zu rasen begann. »Beobachtungen? Was wollen Sie damit sagen?«
»Nun, Sie wissen schon, was ich meine. Verdächtige Bewegungen, nachts – in Ihrem Park, um es geradeheraus zu sagen. Wenn ich nicht schlafen kann, schnappe ich gerne am Fenster ein wenig frische Luft. Und da habe ich in Ihrem Garten öfter jemanden umherspazieren sehen. Das hat den nicht unbegründeten Verdacht in mir erweckt, dass sich eine Person in Ihrem Haus befindet, die da nicht hingehört. Ein junges Mädchen, dunkle Haare. Sie wissen doch, dass es verboten ist, Juden zu beherbergen?«, sagte sie jetzt geradeheraus und sah Magdalena mit jenem lauernden Ausdruck ins Gesicht, den sie von jeher an ihr verabscheut hatte.
»Wo denken Sie hin?«, erwiderte sie so schnell, dass sie beinahe ins Stottern kam. »Warum sollte ich so etwas tun? Sie müssen sich getäuscht haben!«
»Auf keinen Fall. Ich weiß, was ich gesehen habe«, sie erhob sich und zeigte mit dem Finger auf Magdalena. »Sie sind zwar noch sehr jung – aber trotzdem sollten Sie keine solchen Dummheiten machen. Ich habe Erkundigungen eingezogen. Ihr Herr Bruder war doch mit einem Fräulein Kreuzberger befreundet, nicht wahr? Hanna Kreuzberger. Und diese junge Dame ist samt ihrem kleinen Bruder auf mysteriöse Weise aus Königsberg verschwunden.«
»Woher wissen Sie das alles?«, Magdalena war empört aufgesprungen. »Spionieren Sie etwa für die Gestapo?«
»Ich bin nur für Recht und Ordnung«, wich Frau Schmitz aus, »und respektiere die Befehle des Führers und der Obrigkeit! Die Juden müssen weg – Deutschland muss frei sein, rein! Jeder im Volk muss mithelfen, dieses Werk zu vollenden!« Ihre Stimme senkte sich von dem pathetischen Ton, den sie angeschlagen hatte, jetzt zu künstlicher Sanftheit, beinahe zu einem Flüstern. »Da wir immer gute Nachbarn waren, wollte ich Ihnen das sagen, bevor ich gezwungen bin, Anzeige bei der Polizei zu erstatten! Entfernen Sie dieses Judenmädchen rechtzeitig aus Ihrem Haus. Ich möchte mir in dieser Hinsicht nichts vorwerfen lassen.«
»Nichts vorwerfen lassen – außer unmenschlich zu sein?«, Magdalena konnte sich jetzt nicht länger beherrschen. »Bitte gehen Sie! Ich habe den Anschuldigungen einer Schnüfflerin wie Ihnen nichts entgegenzusetzen!« Sie war in diesem Augenblick förmlich über sich selbst hinausgewachsen. Wie eine flammende Rachegöttin stand sie vor der Nachbarin, deren Blicke sie wie giftige Pfeile durchbohrten.
»Sie werfen mich hinaus? Nennen mich Schnüfflerin? Das werden Sie noch bereuen, Sie einfältiges Kind, Sie!«, zischte die Nachbarin mit verkniffenem Gesichtsausdruck. »Bis
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