Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
jetzt hatte ich Mitleid mit Ihrer Jugend. Aber solche Frechheiten muss ich mir nicht bieten lassen! Sie hören von mir! Ich habe ohnehin bereits Meldung gemacht!«
Wutschnaubend verließ sie den Salon und knallte die Tür geräuschvoll hinter sich zu, während Magdalena empört hervorstieß.
»Geh doch zum Teufel, du widerwärtige Klatschtante!« Dann brach sie in Tränen aus.
»Was ist denn hier los?« Louise war leise eingetreten und legte beruhigend den Arm um sie. »Reg dich doch nicht so auf, mein Schatz. Warum ist Frau Schmitz denn so aufgebracht? Was meint sie denn mit ›sie habe Beobachtungen gemacht‹?«
»Ach, sie redet Unsinn, bildet sich da etwas ein …«
»Dann ist es ja gut. Diese Frau war uns ja noch nie wohlgesonnen. Deine Mutter hat sie gar nicht ernst genommen! Aber wir haben doch ein gutes Gewissen. Am besten, so sagte sie immer, wir beachten sie gar nicht! Und das musst du auch tun, versprich es mir!«
Magdalena nickte unter Tränen. In ihrem Kopf wirbelten die Gedanken, bis nur ein einziger übrig blieb. Hanna musste fort. Aber nicht erst heute Nacht, sondern auf der Stelle, ohne eine einzige Minute Zeit zu verlieren. Wenn Frau Schmitz wirklich bereits Meldung gemacht hatte, dann konnte die Polizei ja jeden Augenblick da sein und nach dem Rechten sehen! Sie musste Louise reinen Wein einschenken!
»Großmama!« Sie atmete heftig aus, überlegte, wie sie ihr so schnell alles erklären sollte. »Bleib jetzt ganz ruhig. Ich muss dir etwas gestehen. Frau Schmitz hat recht – wir haben tatsächlich jemand Fremden im Haus.«
»Was sagst du da?« Louise verdrehte die Augen und hielt sich krampfhaft am Treppenpfeiler fest. »Um Himmels willen!«
»Ja, Oma, eine Jüdin. Erinnerst du dich an Hanna Kreuzberger?« Bleich wie die Wand nickte Louise.
»Ich habe sie oben auf dem Dachboden versteckt. Ich dachte, es sei nur für ein paar Tage – doch nachdem sich die Situation so zuspitzte, wusste ich nicht mehr, was ich mit ihr anfangen sollte.«
»Kind …, wie konntest du nur so etwas tun?« Entsetzen stand in den Augen der Großmutter.
»Lutz zuliebe! Sie war seine Freundin, wie du weißt! Aber hör zu!« Magdalenas Stimme wurde drängend. »Morgen früh geht ein Schiff nach Dänemark. Hanna wird mitfahren – sie hat einen falschen Pass. Es ist alles organisiert, ich bringe sie zum Hafen. In Kopenhagen wird man ihr weiterhelfen. Aber die weitere Überfahrt nach Schweden kostet 2000 Kronen! Hanna hat nichts mehr!«, sie schluckte und atmete tief auf. »Mit meinen Ersparnissen bringe ich nicht mal die Hälfte zusammen – und jetzt kommt mir in letzter Minute auch noch diese bösartige Schwätzerin dazwischen!«
»Aber was sollen wir denn jetzt tun?«, flüsterte Louise entsetzt, als könne es jemand hören. »Wir kommen alle ins Gefängnis, wenn man erfährt, dass wir eine Jüdin bei uns versteckt haben!«
»Ich weiß, sie ist ja auch bald fort – morgen!« Magdalena biss sich ungeduldig auf die Lippen. »Dann kann man uns nichts mehr nachweisen. Aber wenn Frau Schmitz ihre Drohung wahr macht, wird die Polizei alles durchsuchen … Wir müssen Hanna sofort aus dem Haus schaffen und alle Spuren beseitigen. Du musst mir helfen!« Sie holte einen bedruckten Jutesack aus der Küche. »Komm, lass uns gleich damit anfangen.«
»Wie kannst du uns bloß in eine solche Lage bringen«, wimmerte Louise ratlos, »wenn das deine selige Mutter wüsste!«
»Hätte ich Hanna von der Gestapo verhaften lassen sollen?«, schrie Magdalena erregt. Sie rannte, gefolgt von Louise, die Treppen zum Dachboden hinauf und ließ die Leiter herunter. Oben erschien Hannas bleiches, verweintes Gesicht. Sie erschrak, als sie hinter Magdalena deren Großmutter erkannte.
»Gott behüte!«, Louise war so bleich geworden, dass Magdalena fürchtete, sie könne in Ohnmacht fallen.
Die Haustür klappte – irgendetwas fiel zu Boden. Gertraud war aus der Schule zurück, kam gleich die Treppe hinaufgerannt und starrte auf die heruntergelassene Leiter, auf der Hanna eben herabstieg. »Wer … wer ist denn das?«, fragte sie erstaunt. »Was geht hier vor?«
»Du darfst niemandem etwas davon erzählen, hörst du?«, fuhr Magdalena geistesgegenwärtig die Schwester an, die verstummte und nur mit großen Augen beobachtete, was sich vor ihren Augen abspielte. »Schon gar nicht Gottfried. Jetzt geh in dein Zimmer! Und lass dich nicht sehen. Sonst nimmt die Polizei auch dich mit!«
»Die Polizei?« Gertraud kniff die Augen
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