Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
schwerer Bombenschaden«, erwiderte Paul, »einer … den meine Mutter nicht überlebt hat!« Er senkte den Kopf. »Du hast ja vielleicht davon in der Zeitung gelesen. Ausgerechnet unser Haus und das der Nachbarn hat es bei dem letzten Angriff erwischt. Sie sind völlig zerstört.«
»Wie schrecklich! Das … das tut mir so leid!« Magdalena wusste nicht, was sie anderes sagen sollte, als diese banalen Worte, die so gar keinen Trost spendeten. Sie nahm seine Hand und hielt sie fest in der ihren.
Paul sah sie an. In seinen Augen stand sein ganzer Schmerz. »Das ist eben der Krieg – immer erwischt es die Falschen! Hast du meinen Brief denn nicht bekommen?«
Magdalena schüttelte den Kopf. »Nein! Ich habe schon länger keine Post mehr von dir erhalten und mir Sorgen gemacht.«
Er schüttelte ratlos den Kopf. »Jede Woche habe ich dir geschrieben! Aber von dir kam in letzter Zeit kein einziger Brief!« Er hielt sie plötzlich ein Stück von sich weg. »Du bist so blass! Was ist mit dir?«
»Nichts, nichts!«, beruhigte ihn Magdalena. »Aber es ist einiges geschehen – ich hätte dir so viel zu erzählen gehabt, was ich nicht schreiben konnte … «
»Morgen geht mein Zug wieder nach Russland zurück! Aber bald bekomme ich Heimaturlaub, dann haben wir endlich Zeit für uns. Ich hole dich heute Abend zu Hause ab – und werde deiner Großmutter einen Strauß Blumen mitbringen, um einen guten Eindruck zu machen … «
»Nein … nein!«, fiel Magdalena ihm hastig ins Wort. »Das geht nicht. Komm nicht zu mir. Wir treffen uns lieber wie früher im Café ›Goldener Löffel‹ am Schlossteich, erinnerst du dich? Sagen wir … um sieben Uhr, am Abend? Jetzt muss ich aber los!« Sie hatte es plötzlich eilig.
»Dann bis um sieben im Café!« Paul versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen. Warum sollte er eigentlich nicht zur von Waldenschen Villa kommen? Schämte sie sich seiner, wenn er sie abholte? Ein seltsames Frösteln fuhr ihm über den Rücken, das er eigentlich nur spürte, wenn im Feld Gefahr drohte. Magdalena warf ihm noch eine flüchtige Kusshand zu und war im nächsten Moment um die Straßenecke verschwunden.
»Ein reizendes Mädchen!«, unterbrach Christine das Schweigen und hakte ihn ein. »Mutter mochte sie auch sehr!«
Paul nickte und sah ihr nachdenklich nach, bevor sie gemeinsam weitergingen. »Ja, aber ich weiß nicht – irgendwie war sie heute so … anders. Vielleicht hat sie irgendeinen Kummer. Sie wird es mir sicher sagen.« Er holte tief Luft. »Jetzt werde ich noch meine letzten Aufträge erledigen und die bestellten Sachenaus dem Hospital holen. Veronal, Morphium, Penicillin – davon kann man wohl in einem Lazarett nie genug haben!«
»Wenn du kannst, bring mir ein paar Schlaftabletten mit!«, bat Christine. Ihre Augenlider flatterten unruhig. »Ich bin einfach mit den Nerven fertig, schlafe seit Tagen nicht mehr richtig. Sobald es dunkel wird, kommt die Erinnerung – unser Haus in Trümmern, Mutters Schuh, der irgendwo im Schutt lag …« Sie begann wieder zu weinen und schnupfte in ihr Taschentuch. »Meine Gedanken drehen sich ständig darum – es ist eine Qual!«
Paul legte den Arm tröstend um ihre Schultern. »Komm, denk nicht dauernd daran! Du musst weiterleben! Alles wird gut!« Seine Stimme zitterte, aber er blieb stark. »Alles wird gut!«, wiederholte er mechanisch und versuchte, die dunklen Schatten zu verscheuchen, seinen Kummer gewaltsam hinunterzuschlucken. Was brachte es, sich von trüben Gedanken herabziehen zu lassen? Stumm wanderten sie durch die Stadt, und er versuchte, nur an den vor ihm liegenden Abend mit Magdalena zu denken. Er würde Blumen kaufen und ihr den schönsten Strauß, den er bekommen konnte, an diesem Abend überreichen. Und dann wollte er mit ihr über ihre Hochzeit reden. Die von Waldens mussten endlich akzeptieren, dass sie verlobt waren und zusammengehörten! Magdalena musste sich jetzt endgültig auf seine Seite stellen!
Als Christine sich von ihm verabschiedete, um sich in die Schlange des nächsten Lebensmittelladens einzureihen, schlug er den Weg zum Hospital ein. Es gab noch eine Menge Kleinigkeiten zu erledigen, Dinge zu kaufen, die den Kameraden in Russland jetzt so sehr fehlten – aber vor allem den Ring für Magdalena! Die Sonne sandte ihre Strahlen für einen Augenblick fast zögernd aus der dichten Wolkendecke auf das herbstlich getönte Laub der Kastanienallee, und er hatte zum Glück nicht die geringste Ahnung
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