Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
geradewegs ins Gefängnis!«
»Das ist es ja gerade!« Es war beinahe ein Aufschrei. »Nicht einmal die Wahrheit kann man mehr aussprechen! Man soll die schlimmsten Verbrechen mit ansehen und tun, als wäre das ganz normal!«
»Dann denk wenigstens an deine Schwester – sie will Gottfried von Treskow heiraten …«
Magdalena lachte bitter auf. »Pah! Der mit seinen hohlen Phrasen und Heldengetue! Von mir aus soll er sich zum Teufel scheren. Wir hätten ihn niemals einladen sollen!«
Stumm lehnte sich die Großmutter zurück und fasste sich mit der Hand ans Herz. Sie war bleich wie die Wand. »Ich halte diese Aufregungen nicht mehr aus! Ihr bringt mich noch unter die Erde!«
Magdalena war mit wenigen Schritten bei ihr und umarmte sie ernüchtert. »Oma Louise, sag das nicht! Bitte entschuldige! Ich wollte dich wirklich nicht aufregen! Aber ich musste Hanna doch helfen! Es war alles so hoffnungslos – aber jetzt wird allesgut! Wenn sie erst auf dem Schiff ist, haben wir nichts mehr mit der ganzen Sache zu tun. Wir wissen von nichts! Man kann uns nichts anhaben.«
Mit geschlossenen Augen wiederholte die Großmutter monoton. »Ja, ja, wir wissen von nichts.« Dann hob sie den Kopf. »Ich verstehe dich ja, Kind! Deshalb habe ich dir ja auch geholfen. Aber … « Sie erhob sich seufzend und nahm eine Zeitung aus dem Regal. »Es gibt da noch etwas.« Mit zitternden Händen deutete sie auf einen Artikel. »Hier – hast du das schon gelesen?«
Magdalena schüttelte schweigend den Kopf und überflog die Schlagzeile. Anklage wegen Volksverhetzung! Frank Schiffner, Student der Medizin in der Universität Albertina, gesteht, in der Druckerei seines Vaters obstruse Schriften mit infamer Beleidigung des Führers und unserer im Feld kämpfenden Soldaten hergestellt zu haben. Man sucht nach seinen Komplizen …
Louise sah sie ängstlich und zugleich forschend an. »Weißt du davon? Du warst doch eng mit Frank befreundet? Sag mir bitte die Wahrheit!« Sie knüllte die Zeitung zusammen und warf sie zu Boden. »Frank wird vor Gericht gestellt werden!«
Magdalena wich aus. »Aber was denkst du denn, Omi! Damit hab ich wirklich nichts zu tun. Natürlich wusste ich, dass Frank und die anderen so etwas machen, aber mehr nicht. Ich schwöre es!« Sie hob die Hand, kreuzte aber mit der anderen auf dem Rücken die Finger. »Das mit Hanna war etwas ganz anderes!«
Die Großmutter atmete schwer. »Gut! Ich glaube dir. Aber versprich mir, dass du in Zukunft vorsichtiger sein wirst und dich nicht in Dinge mischst, die gefährlich sind! Hörst du?« Sie sah sie beschwörend an. »Versprich es!«
Magdalena nickte nur. Sie wollte etwas sagen, aber ihre Kehle war von langsam aufsteigender Angst wie zugeschnürt. Die Geschichte mit den Flugblättern! Daran hatte sie in letzter Zeit gar nicht mehr gedacht! Wenigstens hatte Frank bis jetzt niemanden verraten. Und wenn, dann würde sie alles abstreiten! IrgendeinUnheil schien heranzuziehen, wie eine dunkle, drohende Wolke. Sie fürchtete sich plötzlich nicht nur davor, zum Hafen zu gehen, um Hanna den falschen Pass zu übergeben, sondern auch vor einer weiteren Hausdurchsuchung durch SS-Leute, die entdecken könnten, dass auch sie an der Verbreitung der Flugblätter beteiligt war! Nur der Gedanke, dass davon nur noch ein paar zerrissene Reste existierten, die unkenntlich geschwärzt im Keller unter einem Haufen Kohlen lagen, beruhigte sie ein wenig. Trotzdem, sobald sie das mit Hanna erledigt hatte, würde sie alles gründlich im Kamin verbrennen!
Sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, und sah Louise fest in die Augen, die noch immer auf eine Antwort wartete. »Ja, ich verspreche es! Aber damit Hanna die zweitausend Kronen für die Überfahrt zahlen kann, musst du mir noch Geld leihen. Bitte! Und pack mir etwas Proviant für sie ein!« Louise erstarrte vor der Entschlossenheit, die sie in den Augen der Enkelin las. Sie ging in die Küche, rumorte in den Schränken und drückte Magdalena ein Bündel zusammengelegter Banknoten in die Hand. »Hier, nimm das. Aber dann will ich nichts mehr von all dem wissen. Sag mir nur Bescheid, wenn es vorüber ist. Gott schütze dich, mein Kind!«, murmelte sie mit trockenen Lippen. »Du hast ein gutes Herz!«
In der folgenden Nacht machte Magdalena kein Auge zu. Sie schlich sich im Dunkeln, weit vor Anbruch der Dämmerung, aus dem Haus. Zum Hafen war es ein gutes Stück, aber es war ihr lieber zu laufen, als im Bett zu liegen und zu
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