Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)
es wäre besser, wenn sie das Ganze ohne Zeugen unbedingt noch einmal an einem ruhigen Ort besprächen. Es gäbe da in der Schrebergartensiedlung bei der Pferderennbahn ein Häuschen, das seiner Oma gehöre, dort würde sie sicher niemand belauschen. Es sei in seiner Position wirklich nicht einfach, ihr zu helfen, da müsse sie halt bestimmte Bedingungen erfüllen.
Magdalena, zu allem bereit, ging mit ihm. Es war ein ziemlicher Weg zu den Schrebergärten, und sie sah immer wieder unruhig auf ihre Uhr. Um sieben würde Paul im Café auf sie warten! Schaffte sie es bis dahin, Anton zu überzeugen, ihr zu helfen?
Im Café ›Zum goldenen Löffel‹ bestellte Paul bereits zum dritten Mal eine Tasse des wässrigen Muckefuck-Kaffeegemischs, das man dort servierte, und zündete sich eine neue Zigarette an. Er war unruhig, sah immer wieder auf die Uhr und trommelte mit den Fingern auf die mit Röschen bestickte Tischdecke. Halbacht, viertel vor acht, halb neun – er wurde immer nervöser. Die halbe Zigarettenpackung war bereits leer, die Blumen, die er mitgebracht hatte, begannen zu welken. Um acht Uhr stand er auf und ging vor die Tür. Das Café war halb gefüllt, einige Leute hatten das Tagesgericht, Kartoffelsalat mit Frikadellen, bestellt, die zum größten Teil aus Haferflocken und Weißbrot bestanden. Paul hatte plötzlich keinen Hunger mehr. Er wusste nicht, warum Magdalena sich hier mit ihm verabreden wollte und dann einfach nicht kam. Draußen hatte es zu regnen begonnen, es donnerte in der Ferne und war bereits dunkel geworden. Ob er doch mal bei ihr zu Hause vorbeischauen sollte? Aber wenn er jetzt wegging, kam sie vielleicht gerade zur Türe herein!
Da, ein flatternder Rock, ein schmaler Kopf mit einem blonden, welligen Zopf, der lustig hin und her schaukelte; ein Mädchen, das sich eilig dem Café näherte. Freudig sprang er auf und machte einige Schritte auf sie zu. Magdalena! Endlich! Doch beim Näherkommen erkannte er an ihren Bewegungen, dass das nicht Magdalena sein konnte. Enttäuscht wandte er sich ab: eine Fremde. Die junge Frau fiel jubelnd einem anderen Mann um den Hals, der ihr, die Arme ausbreitend, lachend entgegentrat.
Er seufzte und kehrte wieder zu dem kleinen Tisch mit den Blumen zurück, die bereits die Köpfe hängen ließen. Morgen musste er nach Russland zurück. Der Transportzug würde nicht warten. Alles war erledigt, verschiedene Ersatzteile aus der Autowerkstatt, die sich schon am Bahnhof befanden, Hunderte von Kleinigkeiten in zwei Koffern zusammengepackt, einer davon speziell für die bestellten Medikamente.
Dieser Abend war die einzige Chance für sie beide! Wenn Magdalena jetzt nicht kam, würden sie sich bestimmt nicht so schnell wiedersehen. Er riss einen Zettel aus seinem Notizbuch:
›Geliebte Lena! Du bist nicht gekommen, so sehnsüchtig ich Dich auch erwartet habe. Was ist geschehen f Liebst Du mich nicht mehr? Ich hatte heute beim Wiedersehen das Gefühl, Du hast etwas auf dem Herzen! Gibt es einen anderen Mann in Deinem Leben? Du musst es mir sagen, auch wenn die Welt damit für mich zusammenbricht …‹
Er strich den Satz wieder, machte ihn unkenntlich und betrachtete daraufhin das Gekritzel. Nein, das konnte er ihr wirklich nicht in den Briefkasten werfen. Er knüllte alles zusammen und riss ein neues Blatt heraus.
›Liebste, warum bist Du nicht gekommen? Ich habe solche Sehnsucht nach Dir und hätte Dir so viel zu sagen! Morgen früh um fünf am Bahnhof Gleis drei, wenn Du kannst. Achte auf einen braunen Güterwaggon mit rotem Schriftzug! Komm, und sei es auch nur für ein paar Minuten, bevor ich abfahre!‹
Sorgsam faltete er die Nachricht zusammen.
Er wartete noch bis neun Uhr, dann verlor er die Geduld. Keine Nachricht, nichts, nicht einmal ein Schatten, der so aussah wie sie.
Er zahlte und ließ die Blumen enttäuscht zurück. Eine eigenartige Stimmung schien in der Luft zu liegen, die Stümpfe seiner amputierten Finger begannen zu schmerzen, wie immer, wenn er sich unwohl fühlte. Mit raschen Schritten machte er sich auf den Weg. In der Nähe der Kurstraße verhielt er den Schritt, bevor er in das ruhige Villenviertel einbog, in dem Magdalena zu Hause war. Er zündete sich eine neue Zigarette an und schlenderte so unbefangen wie möglich an der von Waldenschen Villa vorbei. Der Eingang war beleuchtet, und er erschrak, als er eine Wache erblickte, die auf dem Straßenpflaster patrouillierte. Der Mann grüßte ihn aufgrund seiner Uniform, und er trat
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