Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition)

Titel: Königsberger Klopse mit Champagner (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Berger
Vom Netzwerk:
Tränen der Wut, der Enttäuschung und der Hilflosigkeit rannen über ihre Wangen. Sie steckte den Brief in die Tasche, zog ihr Kopftuch tief in die Stirn und umarmte noch einmal Theodor und Louise. Dann öffnete sie vorsichtig die Tür, sah sich kurz nach allen Seiten um und schlug dann den Weg zum Bahnhof ein.

11. Kapitel
D IE H OFFNUNG STIRBT ZULETZT
    Als sich Paul pflichtbewusst an der Frontleitstelle in Berlin meldete, erfuhr er zu seiner Überraschung, dass seine gesamte Einheit unter dem Oberbefehl von Generalfeldmarschall von Manstein bereits schon in den Norden Russlands verlegt worden war und er sich daher unverzüglich in Richtung Ilmensee in Marsch zu setzen habe. Da diese plötzliche Änderung an oberster Stelle im Führerhauptquartier beschlossen worden war, blieb ihm nichts anderes übrig, als dem Befehl Folge zu leisten.
    Innerlich war er aufgewühlt, tieftraurig und fühlte sich so hilflos wie noch nie in seinem Leben. Immer noch wusste er nicht, was mit Magdalena passiert war. Das, was der SD-Mann ihm erzählt hatte, der die von Waldensche Villa bewachte, schien ihm so absurd! Wenn er bloß wüsste, was wirklich geschehen war! Beim besten Willen konnte er sich nicht vorstellen, dass sie irgendwelche strafbaren Handlungen begangen hatte!
    Die nun folgende, tagelange Fahrt, zusammengepfercht mit anderen Kameraden in den unbequemen, langsam dahinrumpelnden Güterwaggons, die manchmal stundenlang auf den Gleisen stehen blieben, weil Partisanen die Strecke sabotierten, erwies sich auch diesmal als anstrengend und langwierig. Es ging nicht richtig voran, die Soldaten dösten vor sich hin oder vertrieben sich die Zeit mit Karten- und Würfelspielen. Obwohl bei den unfreiwilligen Aufenthalten in unwegsamen Gegenden immereine Wache die Umgebung observierte, blieb ein mulmiges Gefühl, das jedes Rascheln hinter Büschen oder Bäumen verdächtig scheinen ließ.
    Nach zwei Tagen Fahrt musste die Lok nach einer Explosion durch Sprengstoff erneut auf freier Strecke anhalten und wohl oder übel die Fahrt unterbrechen, bis der Schaden behoben war. Die Verursacher, versteckte Partisanen, blieben unsichtbar, alles schien ruhig, und keine Seele war in der menschenleeren Gegend zu erblicken.
    Paul hatte bisher kaum Schlaf gefunden. Um ihn herum schnarchten die Kameraden und in dem abgeschotteten Waggon herrschte verbrauchte und stickige Luft, die das Atmen erschwerte. So leise wie möglich schob er eines Nachts heimlich die knarrende Schiebetür auf und zwängte sich durch den engen Spalt. Es war leichtsinnig und verboten, was er da tat, aber in diesem Augenblick war es ihm egal – der Drang, an die frische Luft zu kommen, war einfach zu groß. Er warf einen Blick nach vorne zu den Mechanikern, die die Lok abgekoppelt hatten und sich bemühten, die von der Sprengladung zerstörten Schienen und beschädigten Teile zu ersetzen und zu reparieren. Das konnte dauern – und bis dahin saßen sie fest!
    Damit die Wache nicht aufmerksam wurde, schob er sich langsam an den Wänden des Güterwaggons entlang und ließ sich in eine Senke gleiten, die mit hohem, kühlem Gras bewachsen war.
    Mit einem wohligen Seufzer legte er sich lang auf den Rücken und starrte in den weiten, glitzernden Sternenhimmel über ihm, unter dem sich die Silhouetten der fernen Gebirgsläufe kühl und unnahbar am Horizont abzeichneten. Seine Zukunft schien plötzlich von vielen unwägsamen Gefahren umgeben, die sich wie dunkle Schatten drohend aus dem Nichts erhoben. Er dachte an Magdalena – daran, dass sie ihn vielleicht brauchte, während ein ungewisses Schicksal ihn von ihr fernhielt und ihn inden größten Zwiespalt seines Lebens stürzte! Am liebsten hätte er alles im Stich gelassen, um zu ihr zu gelangen, sie zu beschützen, vor dem Unbekannten, Bedrohlichen, von dem er nicht genau wusste, was es war. Doch sich von seiner Truppe länger als erlaubt zu entfernen nannte man desertieren – ein Vergehen, das hart bestraft wurde.
    Zum ersten Mal in seinem Soldatenleben tauchten Zweifel in seinem Innern auf, die Frage, wofür er überhaupt kämpfte und sein Leben einsetzte. Was machte er hier, auf unbekannter Erde um fremdes Land streitend, hin und her geschoben wie eine Schachfigur, die nur eine Funktion, aber keinen eigenen Willen mehr besaß? Gelenkt vom Schaltpult eines Konferenztisches, an dem unbekannte Generäle über Landkarten saßen, die über das Geschick der 11. Armee entschieden und eine neue Schlacht bestimmten, die genauso

Weitere Kostenlose Bücher