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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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einem Fenster zeigte. Die Zuschauer brachen in Jubel aus. Langustier drückte sich durch die zäh wogende Menge und verschwand aufseufzend in der Tür zum Küchenflügel.
    Der Erste Hofküchenmeister Eckert erwartete noch immer einen Verweis Sr. Königlichen Majestät wegen des vergessenen Speisezettels. Doch Langustier konnte ihn rasch beruhigen. Geschwind eilte man zur Inspektion durch Küche und Keller. Ein italienischer und ein russischer Koch schätzten sich glücklich, in den folgenden Wochen dem Zweiten Hofküchenmeister zur Hand gehen zu dürfen. Die Mittagsstunde rückte näher, und Langustier stürzte sich mit Wonne auf die schon so lange entbehrten Handgriffe. Es waren freilich nur kleine Verzierungen, die diese gut eingespielte Truppe von Küchenkünstlern ihm momentan zu tun übrigließ. Pünktlich wurde aufgetragen, und die spärlichen Reste ließen später keinen Zweifel daran, dass das Essen behagt hatte.
    Die Abfahrt des Königs und seiner Hofbeamten erfolgte bald nachdem Aufheben der Tafel. Das Vivat-Gerufe der gaffenden Menge wollte kein Ende nehmen.
    Gemeinsam mit Eckert entwarf Langustier den Speiseplan für den kommenden Tag und eröffnete dem älteren Kollegen unter vier Augen die seltsame Aufgabe, die ihm der König gestellt hatte. Eckert wunderte schon lange nichts mehr bei Sr. Königlichen Majestät und er sparte sich daher jeden Kommentar zu dieser aus einer Laune geborenen Zusatzbeschäftigung seines neuen Kollegen. Herzlich schieden sie voneinander und konnten noch gemeinschaftlich über das königliche Billet lächeln, das Langustier vom Kabinettssekretär überreicht wurde.
    FR
    Rolle er die Papiere nicht. Sie sind sonst kaum zu glätten und abzulegen!
    F
.
    Derweil ging es im Park eines anderen Schlosses viel sorgenvoller zu. Noch immer bestimmte die Hoftrauer um den Soldatenkönig das Leben in Monbijou und seinem geometrisch-strengen Ziergarten, weshalb das Trio der schwarzen Damen an dem steinernen Tisch vor dem Heckenlabyrinth nicht weiter auffiel. Für einen am anderen Spreeufer vobeiflanierenden, scharfäugigen Beobachter mochte es so aussehen, als trauerten die Damen auf Geheiß ihrer Herrschaft noch immer pflichtgemäß um das abgegangene Scheusal, und er mochte sich insgeheim über die Heuchlerei dieser vorgespiegelten Trauer aufregen oder daran ergötzen. Hätte er jedoch in die Herzen der Damen blicken können, wäre er bei jeder Einzelnen von ihnen erschrocken zurückgeschaudert vor so viel Inbrunst und Schmerz.
    Wilhelmine von Hammerstein, eine zierliche, jungmädchenhafte, dabei asketisch und streng wirkende Person, die sich genau wie ihre beiden Freundinnen zum engsten Zirkel Sophie Dorotheaszählen durfte, weinte als Einzige nicht. Statt in Tränen zu schwimmen, wirkte ihr Blick kühl und berechnend. Etwas von Rachsucht saß darin, auch Tücke.
    Das leise Gespräch der Damen war gekennzeichnet durch längere Pausen und allerlei Unausgesprochenes. Frau von Hammerstein eröffnete es mit den Worten:
    »So hat er es denn getan!«
    Charlotte von Marquard, von Gestalt und Gemüt das genaue Gegenteil Auguste Wilhelminens, eine äußerst reizvolle und empfindsame Erscheinung, verfiel über diese Feststellung in heftigstes Schluchzen und presste das seidene Taschentuch fester gegen ihr tränennasses Gesicht.
    »Das Ungeheuer! Doch nein – ich glaub es nicht!«
    Fräulein von Stechow, etwas älter und gesetzter wirkend als ihre Leidensgenossinnen und quasi die mütterliche Komponente verkörpernd, wiewohl sie die Jüngste war, bereicherte den Tränenstrom der Freundin.
    »Fand man denn gar nichts bei ihm? Keinen Brief? Überhaupt kein Zeichen?«
    Dies fragend, goss das Fräulein von Hammerstein der immer heftiger vom Weinkrampf Geschüttelten ein Glas Zitronenlimonade ein. »Nein – nichts! Kein Stück …« Charlotte von Marquard vermochte nicht weiterzusprechen.
    Fräulein von Stechow griff zerstreut das Glas Limonade, vergaß jedoch zu trinken, ganz betäubt von dem Unfasslichen.
    Die trauernde Charlotte erhob sich und lief in einen der Heckengänge, gefolgt von Fräulein von Stechow, die sehr in Sorge war um die Gesundheit der Freundin.
    Fräulein von Hammerstein blieb allein am Tisch sitzen. Gedankenverloren nippte sie an der Limonade und zerrieb mit der freien Hand eine welke Hibiskusblüte. Fast tonlos wiederholte sie einen Namen, und der Klang ihrer Stimme verhieß alles andere als wohlwollende Anhänglichkeit:
    »Marquard!«
    Ein unstetes Flackern war in ihren Augen.

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