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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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entkamen den unmittelbaren Folgen des besagten Vorfalles im Tiergarten nicht. Was konnte bloß dahinter stecken? Waren es private Händel, in die sich Falckenberg verstrickt hatte, waren es Schulden, die ihn drückten und zum Äußersten trieben? Nein, das wäre ja absurd, deswegen Hand an sich zu legen. Er hätte mit ihm darüber gesprochen, ihm sein Herz ausgeschüttet.
    Sämtliche, nun ja, ›verbliebenen‹ General- und Flügeladjutanten warteten schon einige Zeit im Audienzzimmer auf ihn, den König. Rasch übersah er die im Umschlag noch enthaltene Liste der in Charlottenburg neu eingetroffenen Fremden, die von einem Meldeoffizier abends anhand der Eintragungen der Wirtsleute angefertigt worden war. Sein Ausdruck hellte sich kurz auf, als er den Eintrag›Honoré Langustier, Strasbourg‹ auf dem Blatte las. Sofort jedoch umwölkte sich seine Miene wieder, und er legte das Papier achtlos zur Seite.
    »Alors!«
    Vier Lakaien, die bereits Aufstellung bezogen hatten, bahnten Sr. Königlichen Majestät mit raschem Türöffnen den Weg durch ein Zwischenkabinett ins Chambre d’audience, wo ihn die Generaladjutanten von Borcke, von Podewils, von Stille, Graf von Wartensleben, Baron von Hacke, Baron von Keyserling sowie die Flügeladjutanten von Buddenbrock, von Münchow und von Winterfeldt militärisch knapp begrüßten. Hier wurden zur Erfrischung Kaffee, gebutterte Brotkanten mit Zucker und Schokolade sowie frisches Obst gereicht. Se. Königliche Majestät löffelten sich weißen Senf in den Kaffee und tranken krügeweise Pyrmonter Brunnen hinterher.
    Für die Pagen und Lakaien, Hofjäger und Läufer hatte der Alltag schon weit vor Tagesanbruch begonnen. Das Schloss war schnellstmöglich für die Audienzen des Vormittags vorzubereiten. Nicht zuletzt war an die Bequemlichkeit der Gäste des Königs zu denken.
    Als Langustier die Küche am Ende des rechten Seitenflügels betrat, nachdem er die Wache von seiner künftigen Funktion unterrichtet und um eine Unterredung mit dem Ersten Hofküchenmeister gebeten hatte, stellten die Küchenjungen bereits die angesetzten Fonds für Saucen und Suppen zur Seite. Der Eindringling wurde unwirsch begrüßt, da man einen müßiggehenden Gast des Königs in ihm vermutete und sich ungern am Morgen schon stören ließ.
    Als jedoch das Missverständnis ausgeräumt war, blühte der amtierende Küchenchef Eckert förmlich auf in lauter Lobreden auf die französische Kochkunst und führte seinen künftigen Kollegen mit höfischen Gesten durch die drei Küchenräume, die für ein so stattliches Haus keineswegs großzügig bemessen waren. Langustier kam jedoch nicht umhin, den gemauerten Holzkohleherden mitversenkten Töpfen nach Leutmanns System, den zahlreichen Sautierpfannen und der venezianischen Destillierblase in der kleinen Confiturierie unumwundenes Lob zu zollen. Die Köche, darunter mehrere Franzosen, Italiener, Engländer und Russen, machten einen sauberen Eindruck und hatten trotz der frühen Stunde keine verhärmten und verschlafenen Gesichter.
    Dem Herrn Eckert allerdings schien am Ende seiner Einführung doch eine Laus über die Leber zu laufen. Er druckste herum, als Langustier ihn ausholen wollte und kam erst auf wiederholtes Drängen mit der Wahrheit heraus. Er habe es verabsäumt, den Speiseplan rechtzeitig dem Kabinettssekretär weiterzureichen, der ihn für gewöhnlich morgens dem König zur Kontrolle vorlege. Gestern abend habe es eine ziemliche Aufregung gegeben wegen eines tödlichen Unfalles mit einem der Adjutanten, und da sei ihm der Fauxpas unterlaufen. Er schien untröstlich deswegen, doch Langustier erbot sich sogleich, dieses Versäumnis aus der Welt zu schaffen. Eigenhändig werde er die Speisenliste dem König präsentieren, da er sich diesem noch binnen Stundenfrist als diensteifriger Ankömmling vorzustellen gedenke. Hierüber war Eckert nun überaus glücklich und beruhigte sich wieder. Sie schieden in bestem Einvernehmen mit der Verabredung, später am Vormittag die Vorratshaltung zu inspizieren und das pünktlich um 12 Uhr zu servierende Mittagsmahl gemeinsam auf den Weg zu bringen.
    Langustier, den gerollten Speiseplan wie einen Marschallstab unter dem rechten Arm, verließ den Küchenflügel und steuerte die Wache vor dem Hauptportal an. Diese geleitete ihn zum Vorzimmer des Kabinettssekretärs, wo man ihn höflichst bat, sich einen Augenblick zu gedulden, da Baron von Keyserling gerade in wichtiger Angelegenheit bei Sr. Königlichen Majestät weile.

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