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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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naturwissenschaftlichen Artikel enthielten.
    Ein kunstvoll verschnörkeltes ›
FR
‹ löste bei Langustier einen angenehmen Schrecken aus. Unvermutet hielt er eines der ihm bereits wohl vertrauten kleinen Billete in der Hand, das Se. Königliche Majestät an den Flügeladjutanten Falckenberg gerichtet hatten:
    FR
    Mon très cher Albert
,
    das attachirte curieuse Fragment ist alles, was sich mir von dem erhalten hat, das er damals in seinem jungen gelassenen und geruhsamen Leben in Remusberg aufschrieb! Möge ihm der Aufenthalt bei Ihnen zu einiger Erholung gereichen, das würde mich beruhigen. Sagen Sie, was er braucht, Sie sollen es erhalten
.
    Frédéric
.
    Langustier wendete sich dem Blatte zu, auf das dieses Kärtchen Bezug nahm. Es war aus einem größeren Manuskript herausgerissen, wie die Paginierung vermuten ließ. Dem fragmentarischen Charakter entsprechend setzte der Text recht unvermittelt ein. Da er mit der deutschen Sprache keine großen Probleme hatte, konnte er den Inhalt der Handschrift mühelos auffassen. Genüsslich sog er die würzige Herbstluft ein und begann zu lesen:

    »… sich nicht an den anderen, schreienden und durcheinanderlaufenden Kindern störend, kam der dicke, stumpige Mann auf mich zu, machte eine angedeutete höfische Verbeugung, wie sie nur Hoheiten gegeneinander tun, hob mich mit seinen kräftigen Pranken vom Boden auf seinen Arm und frug mich nach meinem Namen
.
    »Ich bin der Ludewig Andersohn«, sagte ich und sah in das rote, leicht pockennarbige Antlitz des blauen Herrn halber unter mir. Er roch nach Schweiß und Puder, und seinem Munde entströmte ein schrecklicher Schwall von Branntwein- und Tabak-Dunst
.
    »Und wer bist du?«, frug ich
.
    »Ich bin der König.«
    Er sagte dies mit solchem Ernst, dass ich es sofort zu glauben gewillt war. In seinen wässrigen Augen funkelte es einen Moment lang bitterböse. Ich bekam es da droben tüchtig mit der Angst zu tun und fing heftig an zu strampeln
.
    Der König, so hatte mir mein Vater erzählt, war nämlich ein fürchterlicher Mann, der die Leute in Potsdam, wenn sie ihm auf der Straße begegneten, mit seinem Knotenstock verprügelte, um ihnen Liebe und Gehorsam einzubläuen. Und dieser Mann hier trug einen wirklich derben, abgewetzten und mit einer Metallspitze versehenen Knotenstock bei sich, den er, um mich aufzugreifen,erst neben sich in den dreckigen, ungepflasterten Boden des Hofes hatte rammen müssen
.
    Die Umstehenden, einige Begleiter des blauen Mannes, mein Vater und der Herr von Schlütern mit seiner hölzernen Hand, amüsierten sich göttlich über dies mein Sträuben und Gezappel, was mich sehr verwunderte: Schließlich hatte ich dem Dicken schon etliche unsanfte Tritte in seinen speckigen Wanst beigebracht. Aber das erboste meinen Träger anscheinend kaum. Im Gegenteil, er freute sich sogar noch an meiner lebhaften Gegenwehr, lachte und packte mich fester, dass ich nicht von seinem starken Arm herunterfiel, mochte ich nun auch mit den Fäustchen gegen seinen blauen, abgewetzten Rock trommeln und vor dem Pesthauche seines gelbzahnigen Mundes verzweifelt zu fliehen suchen
.
    »Das ist ein aufgeweckter Bursche, den müsst ihr mir gut im Zaum halten und ordentlich zähmen, damit er uns später nicht durchgeht. Er scheint willens, den König um den Genuss der Herrlichkeiten dieser gesegneten Auen zu bringen.«
    Gerade hatte ich ihn in meiner Not nämlich wieder tüchtig in seine Wampe getreten, wo ein halber Gänsebraten und ein Dutzend Kartäuserklöße umeinanderschwappten, die er sich bei meiner Mutter einverleibt, während wir Kinder uns an den Fensterscheiben die Nasen hatten hungrig plattdrücken müssen
.
    Mein Vater, damals noch Verwalter des von Schlüternschen Guts in Neuruppin, der sich mehr um seine Tulpen kümmerte als um seine Kinder, machte eine etwas säuerliche Miene zu diesem Spiel, und ich begriff keineswegs, warum er mir in meiner Not nicht beistand. Doch endlich schien der Dicke genug von meinem Tractamente zu haben und entließ mich wieder
.
    Ich entsprang sogleich wie ein waidwundes Reh und schlug mich zur Gruppe meiner lärmenden Gefährten, die unterdessen …

    Langustier schnaufte und streckte sich auf seiner unverhältnismäßig kleinen Bank. Ein kurioses Fragment, fürwahr, doch er konnte sich keinen Reim darauf machen. Wer konnte das geschrieben haben und was mochte es darstellen? Bezog sich das königliche Billet auf den bei Falckenberg in Pflege gegebenen Andersohn? War nun dies ein

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