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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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vorkommen wird, die aber für einen Freund, der seit Monaten krank darniederliegt und sich in arger Geldnot befindet, von höchster Wichtigkeit ist. Obwohl ich ihm bereits mit meinen bescheidenen Mitteln aushalf, ist doch kein Ende seiner Bedrängnis abzusehen, weshalb er sich gezwungen sieht, einige seltene und teure Tulpenzwiebeln, die er unlängst eingehandelt und die, wie er sagte, aus Hohenfließer Züchtung stammen, schätzen und veräußern zu lassen. Es ist mir leider niemand aus dieser Gegend bekannt, der eine derartige Begutachtung vornehmen könnte, weshalb ich mir vor der Hand keinen anderen Rat weiß, Sie als den einzigen intimen Kenner Ihres Landes hier in Berlin nach der Adresse jener Gärtnerei zu fragen, die dergleichen in ihrem Angebot führt. Sollten Sie gar die Gelegenheit haben, das Dutzend kleine Zwiebeln mit einem Begleitschreiben bei Ihrer nächsten Fahrt nach Hohenfließ mitzunehmen, so wäre ich überglücklich; meine Stellung bei Sr. Königlichen Majestät lässt mir leider wenig Zeit und Gelegenheit zu eigenen Nachforschungen und schon diese kurze Fahrt von Charlottenburg nach Berlin grenzt an das mir Mögliche.«
    Es bedurfte keiner großen Schauspielkunst, um einen Ausdruck von nervöser Gehetztheit und Erschöpfung anzunehmen, denn kurzatmig war Langustier nach dem Treppensteigen tatsächlich. Die Zerstreutheit zu mimen, war einfach. Er brauchte nur verzweifelt nach dem Brief zu suchen, den der angebliche Freund vorbereitet hatte. Statt der Tulpenzwiebeln rappelten gewöhnliche Schalotten in der kleinen mitgebrachten Pappschachtel, die er seinemGegenüber bereits in die Hand gedrückt hatte. An der vorgeblichen Tulpenspekulation sollte nun eigentlich kein Zweifel mehr bestehen. Wäre sein Gegenspieler erst einmal auf jenes völlig abseitige Feld gelenkt, könnte der Überraschungsangriff erfolgen. Dann würde sich rasch herausstellen, ob er mit seiner vagen Vermutung richtig lag.
    Von Waldegg lächelte gequält. So etwas hatte er in der Tat noch nicht erlebt. Viele Stufen der Erniedrigung war er schon anstandslos hinabgestiegen, wenn es um eine bedeutende Sache ging. In einer kläglichen Privatangelegenheit, wenn sie auch Personen aus dem Umkreis des Königs in Preußen betraf, würde er sich dagegen nicht bemühen lassen! Der Hohenfließische Gesandte als Tulpenbote – das wäre zuviel! Entschlossen, die Sache brüsk von sich zu weisen, verhärtete er sich und wollte zu einer raschen Beendigung des unrühmlichen Auftritts schreiten.
    Langustier tat weiterhin so, als suchte er nach dem Brief des ominösen Freundes und konnte bemerken, wie es in Waldegg zu kochen begann. Um den Mann nicht explodieren zu sehen, ohne zuvor den eigentlichen Zweck seiner Visite erreicht zu haben, durfte er keine Zeit mehr verlieren. Daher sagte er entschuldigend, das Auge fest auf die Zornesmiene seines Gegenübers gerichtet:
    »Ich kann den Brief nicht finden, den mir Eckert gegeben hat. Es kann sein, dass ihn mir der verrückte Andersohn gestohlen hat, als ich aus dem Schloss kam und mit ihm zusammenstieß. Er treibt sich schon seit Tagen in Charlottenburg herum. Wird Zeit, dass wir ihn einfangen und in die Charité bringen. Sie haben doch sicher von diesem bedauernswerten Menschen gehört?«
    Das Gesicht von Waldeggs wurde weiß. Der Vulkan wandelte sich zur Salzsäule. Wenn es einen Namen gab, der ihm im Augenblick die Fassung rauben konnte, so war es der des verrückten Dieners. Langustier hatte, in unklarer Ahndung, genau den Nagel auf den Kopf getroffen. Des Königs Billet in der Falckenbergschen Mappe konnte nur auf Andersohn Bezug nehmen, wenn man es genau besahund von Andersohns Unterbringung bei Falckenberg wusste. Die Marquardschen Erkundigungen über den Kleinstaat standen dagegen lose im Raum. Hier nun schien sich die Verknüpfung anzudeuten – im nach wie vor versteinerten Gesicht von Waldeggs. Dieser hatte sich eisern im Zaum und bemühte sich, seine Entgegnung so unbeschwert wie möglich klingen zu lassen.
    »Mein Herr, Ihr werdet mir sicher nicht verargen, dass es nicht im Sinne meines Landesfürsten liegen kann, im Rahmen meines diplomatischen Dienstes private Anfragen zu bedienen, durch die einzelne Gewerbetreibende in möglicherweise verhängnisvolle, für sie und uns alle unangenehme, das Fürstentum und den Fürsten unter Umständen kompromitierende Situationen geraten könnten. Mit blauen Tulpen ist durchaus nicht zu spaßen.«
    Langustier, obgleich er keineswegs erwartet hatte, bei

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