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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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Creuz nur einen dünnen, schmutzig braunen Laborkittel über seiner abgewetzten Weste, was ihm das Aussehen eines irren Magiers verlieh und in jedem Fall die Dringlichkeit seines Anliegens unterstrich.
    Irgendwie gelang es Adler, die Wortfetzen, die ihm entgegenflogen, zu einer halbwegs passablen Geschichte zu verflechten. Im Creuzschen Labor hatte es offenbar einen Unfall gegeben, der tunlichst geheim bleiben sollte, daher war Creuz zu ihm gekommen. Die Nachbarn taugten nicht für solche Nachrichten. Adler als Bundesbruder müsste dagegen schweigen und ihm helfen.
    Es gelang Adler, den aufgeregten Alten soweit zu beruhigen, dass ihm Einzelheiten entlockt werden konnten. Ein unbekannter, herrenloser Mensch, ein entsprungener Lakai, stand im Mittelpunkt der Erzählung. Sollte das etwa … Adler konnte nicht weiter überlegen. Umgehend hatte man an den Ort des Geschehens zu eilen. Jede Minute war kostbar. Es drehte sich ihm alles. Er warf sich seinen Mantel um und folgte der flatterhaften Gestalt des Adepten.
    Auf der Gasse sah man den beiden verwundert nach – dem verrückten Goldkocher und dem schludrigen Magister –, die in kaum glaublichem Tempo aufeinander einschwatzten und doppelt so schnell dabei liefen. Ein Unglück lag in der Luft. Sollte man etwas Schreckliches zu gewärtigen haben? War die Petrikirche ein weiteres Mal eingestürzt?
    Aber die Katastrophe war eine ganz andere. Adler und Creuz stellten mit Schrecken fest, dass der angeblich Bewusstlose inzwischen das Weite gesucht hatte! Ohne große Zuversicht nahmen sie die Verfolgung auf.
    Die Morgenkälte war bereits beträchtlich. Sehnsüchtig sah man dem Zeitpunkt entgegen, da die Sonne endlich durch den Nebel dringen und ihn ganz aufzehren würde. Die Natur prangte in üppigenGelb- und Rottönen, als wollte sie alle empfindsamen Wesen, bevor nun bald Kahlheit, Fäulnis und Kälte dauerhaft Einzug hielten, noch einmal an die verflossene, warme Jahreszeit erinnern. Langustier und seine Gefährten hatten sich ungeachtet der Außentemperatur mit ihren Reden über paläontologische Probleme einigermaßen warm gehalten, so dass sie beim Aussteigen in Rüdersdorf den Postpferden im Dampfen gelinde Konkurrenz machten. Als sie nach gemessenem Aufstieg das kleine Hügelplateau betraten, das zwischen Dorf, Kanal und Steinbrüchen lag, brachen sich die Lichtstrahlen endlich Bahn. Augenblicklich und scheinbar aus dem Nichts tauchten hinter der Steinwüste schroffe Felsnasen auf, die mit Eichen, Bergahorn, Lärchen und dichtem Unterholz bestanden waren. Wie die Lichtkegel der stärksten Blendlaternen fuhren die Strahlenbündel durch die Nebelfetzen und schnitten ihr Gewebe schließlich ganz entzwei.
    Beschwerlich war der Abstieg auf die Ebene der Steinbrecher, deren Arbeit an diesem Tag feierlich ruhte, vor allem für Langustier und von Beeren, die sich in das Tragen der mitgeführten, gut gefüllten Leinensäcke teilten. Nur zwei Männer standen vor den Holzbaracken, in denen die Bergarbeiter Eisen, Schlegel und ihr sonstiges Gerät verwahrten. Einer der beiden war der Aufseher, der auf seinem Kontrollgang in der sonntäglichen Frühe einen aufgebrochenen Schuppen bemerkt und festgestellt hatte, dass daraus eine Plane aus Wachstuch, Seile, Hämmer und Schaufeln entwendet worden waren. Der andere war ein wandernder Vogelhändler, der im Steinbruch übernachtet hatte.
    Neugierig beugte sich Langustier zu den Vögeln in einem der vielen kleinen aneinanderhängenden Käfige hinab, die der wind- und wettergegerbte Mann auf einen hüfthohen, graugelben Muschelkalkquader gesetzt hatte. Geschäftstüchtig und seine momentane Stellung als Augen- und Ohrenzeuge gänzlich vergessend, trat er hinzu und nahm behutsam einen zahmen Star mit gestutzten Schwungfedern aus einem Behältnis, der sich behaglich aufplusterte,wohlig in die Sonne lugte und auf einen leisen Pfiff seines Herrn und Gebieters den Markgräflichen-Prinz-Heinrichschen Marsch herauszuflöten begann. Gefragt, ob er Jung- oder Alttiere abrichte, erläuterte der Händler seine Praxis dahingehend, dass er am besten mit ›Ästlingen‹ arbeite, das heißt, mit Jungvögeln, die gerade das Nest verlassen hätten, aber noch nicht völlig flügge geworden seien.
    Langustier vergnügte sich königlich und auch Maupertuis und von Beeren traten hinzu. Maupertuis interessierte sich jedoch aus wissenschaftlichen Motiven mehr für den Steinkauz, der in der Ecke des Korbes kauerte und schlief. Die kleine Eule würde seine

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