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Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)

Titel: Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Wolf
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suggerierte auch die exponierte Position im Gelände eine trügerische Sicherheit. Kein Gedanke an eine gezielte Eroberung wollte aufkommen. Keiner wusste doch von ihrem Plan. Wer hätte so schnell ihre Spur aufnehmen sollen?
    Der Marder hielt gerade einen Topf mit heißem Wasser in der Linken und bemühte sich, die schwache Glut zwischen den locker zum Herd geschichteten Steinen wieder anzufachen, als sich der Kopf des ersten Polizisten über den Hügelrand schob. Der Grenadier döste schon den ganzen Morgen unter einem Stück Segeltuch, während die Turinerin dabei war, am anderen Ende der Kuppe Holz für den Unterhalt des Feuers aufzuklauben. Einzig der Einäugige hielt Ausschau, war jedoch ganz auf zwei höfisch gekleidete Gecken konzentriert, die sich unter Anleitung eines Steinbrechers im Steinbruche tief unten beim Gebrauche völlig unhöfischerWerkzeuge zu vergnügen schienen. Die Sonne war endlich durchgekommen und brachte den Kreislauf in Schwung nach einer frostigen Nacht und einem klammen Vormittag. Es mochte die elfte Stunde sein. Er rief den Marder, sich das kuriose Treiben dieser Müßiggänger da unten einmal anzusehen.
    »Es steht schlecht um das Gewerbe der einfachen Leute, wenn sich jetzt schon die Höflinge darum prügeln. Bald will jeder nur noch Kalk, den der König eigenhändig gebrannt hat.«
    Als sein Scherzen ohne Antwort blieb, drehte er sich um und blickte in einen Gewehrlauf. Auf seinen Warnruf hin ließ der Marder das heiße Wasser fallen, doch zur Gegenwehr langte es nicht. Die überraschte Turinerin wurde ebenfalls von der Seite hinzugeführt, die Hände gefesselt. Den schlaftrunkenen Grenadier zogen zwei Mann aus seinem Zelt – ein dritter band ihn, bevor er grunzend erwachte. Rasch waren die bereits notdürftig verscharrten Goldmünzen aufgespürt, die Gauner die Hänge hinabgeschleift, im Steinbruche in einer der Buden behelfsmäßig arretiert und von zwanzig Soldaten bewacht.
    Langustiers Paläontologen konnten ebenfalls Vollzug melden: Mit einem krachenden letzten Schlag fiel der ungeheure Kalkbrocken auseinander und ein Nautilide von nie gesehener Größe und Feinheit der Ausprägung kam zum Vorschein! Vier Mann schleppten ihn an die Stelle, wo Langustier mit Hilfe des Aufsehers und einigen schlichten, aus den Baracken geholten Utensilien – namentlich einem Dreifuß, einem verrußten, gusseisernen Kochtopf und einer riesigen, halb verbrannten Holzkelle – seine Feldküche eingerichtet hatte. Aus dem Inhalt der beiden mitgeführten Beutel hatte er Blutwürste zu Tage gefördert, ebenso Lauch, Karotten, Sellerie, Zwiebeln und Linsen, und in der vergangenen Stunde eine herrliche, Kopf, Bauch und Glieder wärmende Linsensuppe gezaubert, die jetzt der versammelten Mannschaft von neunzehn Personen in kleine Blechnäpfe, das übliche Geschirr der Steinbrecher, ausgeteilt wurde.
    Zufrieden mit ihrer Arbeit langten alle Versammelten tüchtig zu. Die Festgesetzten nahmen wenig später ebenfalls einen Anteil daran, und es schien sie nicht zu kümmern, dass während des Essens zwanzig Gewehre auf sie gerichtet waren. Wann waren je solche Ganoven in den Genuß derart königlicher Küche gelangt? Eusebius Hamanns Blutwürste waren stets mit Sägemehl und roter Beete gestreckt gewesen und seine Linsensuppe hatte täuschend einem zähen, erdigen Schlamm mit Jauchegeschmack geähnelt.
    Der Marder, der Einäugige und die Turinerin schwiegen trotzig wie drei Gräber. Nichts und niemand hätte diesen verschlagenen Kreaturen ein Sterbenswort entlocken können, weshalb man es denn auch unterließ, unnötige Kraft an ihre Adressen zu verschwenden.
    Der Grenadier erwies sich dagegen als überaus zugänglich, sobald der wunde Punkt zutage lag, an dem ihm beizukommen war – für Langustier in diesem Fall eine leichte Übung: Der Mann hatte nach der kleinen Vorspeise noch immer einen Bärenkohldampf! Alle Beschwörungen seitens des Marders gerieten ins Wanken, als er der dicken Scheibe Rinderbraten ansichtig ward, die Langustier aus seinem Proviantbeutel hervorzauberte. Es verschwanden die Stillschweigegebote, die Drohungen, die Einschärfungen aus seinem Kopf – nur das appetitliche, saftige Bratenstück stand da im Raum, duftend, peinigend, lockend …
    »Du hast den Oberst Marquard auf dem Gewissen, Schurke! Gesteh!«, forderte Langustier. »Gesteh, und der Braten gehört dir!«
    Der Grenadier gab ein gequältes, halb bejahendes Stöhnen von sich. Noch wand er sich, rückte unruhig auf dem Sitz,

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