Königsblau - Mord nach jeder Fasson: Preußen Krimi (anno 1740) (German Edition)
Menagerie zu Hause vorzüglich komplettieren. Von Beeren gedachte dagegen, mit einigen farbenfrohen Distelfinken seiner Marie eine Freude zu bereiten.
Rasch hatte man sich in Verkaufsgespräche vertieft und wurde binnen kürzester Frist handelseinig. Drei Käfige aus Bast wurden separiert und bis zur späteren Mitführung am Ast einer Buche aufgehängt. Während Jordan hüstelnd und höchst ungeduldig Langustiers Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen versuchte, wobei ihm der Star nun mit dem Borckischen Marsche trefflich Paroli bot, führte der Zweite Hofküchenmeister noch eine höchst geheime Verhandlung mit dem fliegenden Händler und übergab ihm schließlich ein großes Geldstück, so dass der genügsame Mann wie eine kleine Sonne zu leuchten begann. Letzte Nebel lösten sich derweil zögernd auf.
Hatte er bereits befürchtet, an diesem unheiligen Sonntag wegen Landstreicherei festgesetzt und um den Lohn all seiner Mühen gebracht zu werden, ließ sich die Sache nun doch unvermutet glücklich an. Diese gelehrten und lustigen Vögel aus dem goldenen Käfige des Königs hatte ihm der blaue Himmel gesandt. Ein inbrünstiges Dankgebet sandte er folglich rasch dort hinauf, wo die Sonne jetzt von Minute zu Minute wärmer wurde und das Gefröstel aus den Leibern vertrieb. Endlich machte er Anstalten, demRuf des Polizeiinspektors Folge zu leisten, und schilderte ihm ausführlich, was er des Nachts und am Morgen beobachtet hatte.
Maupertuis und von Beeren waren bereits magisch von den überall aus dem Fels hervorspringenden Versteinerungen angezogen worden und hatten mit ihrer Suche begonnen. Schließlich ging sie diese Kriminalgeschichte nichts weiter an. Entzückt hielt Maupertuis eine Platte mit Muscheln in der einen Hand, in der anderen einen herausgewitterten Ammoniten. Von Beeren schien gar in einem der hier liegenden Brocken den Ansatz eines gewaltigen Nautiliden ausgemacht zu haben! Jordan sah sich bald gar des Aufsehers beraubt, der von den Naturforschern um einiges dienliche Gerät gebeten worden war, womit sie dem Urvieh im Stein beizukommen hofften. Nur Langustier zwang sich zu weiterer ungeteilter kriminalistischer Aufmerksamkeit.
Der Vogelhändler hatte vor Stundenfrist auf den Felsvorsprüngen des höchsten Kalkberges eine Frauensperson gesehen, freilich nur sehr kurz, da der Nebel nur wenige Augenblicke zur Seite gewichen war. Am Abend zuvor wollte er Stimmen und das Geräusch von Schaufeln, die gegen den Stein schlugen, schließlich Geraschel, als ob mehrere Personen sich schwer bepackt den Weg durch Laubwerk und Geäst bergauf gebahnt hätten, bemerkt haben. Doch sei es ihm zu beschwerlich erschienen, genauer nachzuforschen, da er seine Vögel weder habe mitschleppen noch unbewacht im Steinbruch zurücklassen wollen und da es ihm letztlich – er müsse es den aufgeklärten Herren gestehen – nicht ganz geheuer vorgekommen sei.
Die Polizeioffiziere, vorsichtig in Deckung gegangen, hielten den fraglichen Berg, der sich als ein rundum abschüssiger, völlig unzugänglich wirkender Klotz darstellte, zur Gänze umstellt. Keine Maus würde ihnen entkommen, wenn sie nach oben vorzudringen begännen. Mit Piken und Gewehren waren sie ausgerüstet, und willens, von diesen ihren Gerätschaften tapfer Gebrauch zu machen, wenn Not am Mann wäre. Jordan ließ ihnen durch einenLäufer mitteilen, dass man gewillt sei, nun nachzuforschen, wer sich auf dem Berg aufhalte und ihn herabzubringen, tot oder lebendig. Eine weitere Gruppe von zehn Polizisten war eingetroffen und sollte, für den Fall, dass die Gauner tatsächlich aufgetrieben werden könnten, selbige festsetzen helfen. Mit weiten Schritten erklommen die in Gang gesetzten Männer die Hänge, doch bald schon ging es langsamer voran. Ins Rauschen des von zahlreichen Stiefeln geschobenen Herbstlaubs mischte sich immer hörbarer das Rutschen und dumpfe Rollen losgetretener Steine, die sich zu Tal bewegten.
Auf der Kuppe hatten die Gauner von den Geschehnissen im Tal nichts mitbekommen, weder von der Ankunft der Polizisten noch von den Gesprächen zwischen dem Aufseher, dem Händler, Jordan und seinen Begleitern. Auch den jetzigem Aufruhr an den Bergflanken bemerkten sie nicht. Das weltenthobene Versteck hatte gravierende Nachteile: So schluckten die Bäume mit ihrem raschelnden Laub sämtliche Geräusche, die etwa von unten heraufdrangen, und der Blick über den schroffen Rand endete meist bereits nach wenigen Metern in Geäst und Gestrüpp. Nicht zuletzt
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