Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
verflucht.
Butterblumen blühen gelb,
des Ruhmes Ruf hallt durch die Welt.
Veilchenblau und Ehres Blatt,
im Moose grün, die Lenden matt.
Purpurn scheint der Junimohn,
die Lust, die Freude warten schon.“
Die Sybillen lachten wieder und Lorenz starrte sie entgeistert an. Das war die Prophezeiung? Ich wartete darauf, dass noch irgendetwas Sinnvolles folgte, aber die Sybillen waren mit Lorenz fertig. Ich überlegte kurz, ob es wirklich Sinn machte, mit ihnen zu sprechen, aber da ich nun schon einmal da war, begann ich, auch wenn ich mir nach dem Quatsch, den sie Lorenz erzählt hatten, keine großen Hoffnungen auf eine geistreiche Zukunftsprognose machte.
„Ich möchte den Tod und das Verschwinden meiner Familie aufklären, meiner Eltern und meiner Geschwister.“ Ich zögerte. „Und dann habe ich mich in einen Jungen verliebt und er sich in mich, aber wir können nicht zusammen sein und ich…“ Der konzentrierte Blick der dunkelhaarigen Sybille brachte mich ins Stottern, irgendetwas war jetzt anders. Die Stimmung im Raum war mit einem Mal ernst geworden.
„Dein Herz ist rein, Selma, so rein, dass ich tief in dich hineinsehen kann. Dir steht ein langer Weg bevor. Jetzt stehst du an einer Gabelung. Du musst entscheiden, denn ich sehe, dass mein Wort die Waage zu einer Seite verändern wird. Deine Liebe ist ein Weg, sein Ziel ist die Wahrheit. Dein Glück macht dich stark und wird dir den Weg weisen, wenn es dunkel wird um dich herum. Alles ist miteinander verwoben und große Gefahren stehen dir bevor. Eure Liebe bringt den Tod. Noch ist es nicht zu spät, Selma, noch kannst du gehen und friedlich leben. Du musst entscheiden, wohin du willst!“ Die dunkelhaarige Sybille sah mich ernst und prüfend an.
Ich versuchte noch, das eben Gehörte zu begreifen und zu sortieren. Hatte ich das richtig verstanden? Ich konnte wählen zwischen der Wahrheit und meiner Liebe zu Adam, die einen steinigen Weg versprach an dessen Ende mich dann vermutlich mein Tod erwartete oder einem friedlichen, aber einsamen Leben in Unwissenheit. Da gab es nichts zu wählen und zu überlegen. Ein friedliches Leben hatte ich jahrelang in Schönefelde gehabt und diese unwissende Friedlichkeit hatte mich beinahe an den Rand des Wahnsinns gebracht. Adam, wenn ich nur an ihn dachte, prickelte das Glück durch meine Adern. Selbst wenn der Tod auf mich wartete, war das Leben, das ich dafür bekam, tausendmal mehr wert. Es gab keine Wahl, es gab nur eine Antwort. Entschlossen sah ich auf.
„Du hast dich entschieden, Selma. Rüste dich gut für den Weg, der vor dir liegt, du wirst alle Kraft brauchen. Mache dich auf die Suche nach dem Buch der Bücher, es wartet in deinen Träumen auf dich, das Eine, dass alles Wissen in sich vereint. Es wird dir helfen, die Rätsel der Vergangenheit zu lüften und dir den Weg in die Zukunft weisen. Wenn du in dem Buch gelesen hast, komme wieder, dann werden wir deinen weiteren Weg klarer sehen! Nun geht!“ Die Sybille schloss die Augen.
Lorenz nutzte die Gelegenheit und trat noch einmal vor.
„Ich wollte es noch ein wenig genauer wissen?“, bat er.
Die Sybille öffnete die Augen und lachte silberhell.
„Veilchenblau, Vergissmeinnicht,
die Sonne scheint im Rosenlicht.“
Dann wandte sie sich den anderen zu und hinter uns zog ein kühler Lufthauch durch die Öffnung, die sich zwischen den Blumenranken aufgetan hatte. Das Gespräch war zu Ende. Wir rappelten uns benommen auf und stolperten durch den Spalt, der sich sofort wieder hinter uns verschloss ins Freie hinaus.
„Wow, wie schräg war das denn?“, keuchte Lorenz benommen und gierig sogen wir die frische Luft ein.
„War das jetzt ernst gemeint?“, fragte ich verwirrt. Jetzt, da wir der betäubenden Atmosphäre entflohen waren, kam mir das eben Gehörte unwirklich vor, fantastisch, einem Traum gleich.
„Keine Ahnung. Lass uns das in Ruhe mit den anderen bequatschen. Ich glaube, jetzt müssen wir erst einmal schnellstens zurück.“ Lorenz trat zu dem schmiedeeisernen Tor und öffnete es mit seinem Ausweis. Licht strahlte uns entgegen und Lorenz schritt hinein. Ich meinte ein lautes Zwitschern zu hören und wandte mich noch einmal zu dem Haus der Sybillen um, das im schwindenden Licht des Tages unwirklich wirkte. Nachdenklich trat ich auf die Tür Nummer 27 zu, deren helles Licht tröstlich schimmerte. Sollte ich den Worten der Sybillen glauben oder nicht? Ich trat durch die Tür und ein stechender Schmerz schoss mir in den Kopf. Ich
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