Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
aus.
„Nett, oder?“ Ich drehte die kunstvoll mit Weihnachtsmotiven bemalte Kugel zwischen den Fingern. Vielleicht sollte ich warten, bis die Weihnachtstage vergangen waren, dann hatte Liana wenigstens noch ein paar schöne Stunden, denn ich wusste genau, dass es ihr keine Ruhe mehr lassen würde, sobald sie etwas über Miras Schicksal erfuhr.
„Ja, sehr hübsch“, bestätigte Liana. „Ist das die neue Weihnachtskollektion? Meine Mutter ist auch ganz verrückt nach diesen Dingern. Adams Eltern verdienen sich mit diesen schwebenden Lichtkugeln wahrscheinlich eine goldene Nase.“
Ich nickte und entzündete eine Flamme im Inneren der Kugel, um die Unruhe zu verbergen, die mich sofort ergriffen hatte, als Adams Name fiel. Ich konnte den letzten Tag des Jahres nicht erwarten. Doch ich hatte mit mir ausgemacht, nicht weiter darüber zu grübeln, was dieser Abend bringen würde. Ich sah der Kugel nach, die sich mit der kleinen Flamme in ihrer Mitter erhob, als ob sie ein Windhauch erfasst hatte und im Kreise drehend über unseren Köpfen schwebte. Sie verbreitete eine angenehme Stimmung und ich spürte, wie mich die Vorfreude auf Weihnachten wieder ergriff. Warum hatte meine Großmutter das getan? Ich musste mit ihr sprechen, aber ich wollte diese letzte Zuflucht, die ich hier in der Steingasse hatte, nicht zerstören.
„Wunderschön!“, murmelte Liana verträumt und nahm ihre Tasse wieder in die Hand. Fröstelnd stand sie auf, um näher an den Kamin zu treten. Das Feuer knisterte und sie hielt ihre Hände in Richtung der Flammen.
„Ist dir immer noch nicht warm?“, fragte ich.
„Nein, ich muss nur nach draußen sehen und schon friere ich. Wenn ich den Schnee nur sehe, treibt er mir ein neues Zittern in die Glieder. Du hast ja eine Vorliebe für das Wassergepansche beim Pfaff, aber ich mag lieber das Feuer.“
Liana legte zwei neue Holzscheite in die Flammen, die den neuen Brennstoff sofort gierig umschlossen.
Es klingelte. Sicher war meine Großmutter wieder von ihren Krankenbesuchen zurück. Ich stand auf und ging zur Haustür. Eine Welle eiskalter Luft strömte mir entgegen, als ich öffnete. Eine dick vermummte Gestalt stand im Dunkel des frühen Abends auf der Schwelle.
„Paul!“, rief ich überrascht, als ich ihn unter der dicken Pudelmütze und dem riesigen Schal erkannte. „Komm rein! Das ist ja eine Überraschung.“ Ich trat beiseite, um ihm Platz zu machen.
„Hi Selma“, grinste er, pellte sich aus seinen Wintersachen und verteilte dabei überall im Flur Schnee. „Wir haben uns ja ewig nicht gesehen. Du siehst gut aus. Ist Liana auch hier?“
„Na klar, komm mit in die Küche, wir haben noch Tee und meine Großmutter hat reichlich Schokoladenkekse gebacken.“
„Wie geht’s euch?“, fragte er, während wir durch den Flur liefen und in die Küche traten. Liana hatte uns nicht bemerkt, sie stand am Feuer und hatte uns den Rücken zugewandt. Paul ging einen Schritt auf sie zu und wollte sie begrüßen, als er in seiner Bewegung innehielt. Ich blickte an ihm vorbei und sah, dass Liana soeben versuchte, aus dem brennenden Feuer einen Flammenball zu formen, eine der Übungen, die uns Professor Borgien als Hausaufgabe gegeben hatte. Während Paul noch versteinert im Raum stand und sein Gehirn versuchte, das Gesehene zu begreifen, fiel mir dankenswerter Weise ein, was ich zur Wahrnehmung von Magie durch Nichtmagier gelesen hatte. Entschlossen lief ich zu Liana.
„Vorsicht, eine Stichflamme“, rief ich und zog sie zur Seite. Der halbe Feuerball fiel wieder in die Flammen zurück und Liana sah mich verdattert an. Nun bewegte sich auch Paul. Die logische Erklärung, die ich ihm geliefert hatte, schien er dankbar anzunehmen.
„Ist dir etwas passiert? Hast du dich verbrannt?“, fragte er erschrocken und mir fiel die fliegende Glaskugel ein, die noch immer über unseren Köpfen schwebte.
„Nein, alles in Ordnung“, sagte sie schnell. „Da habe ich wohl das trockene Holz unterschätzt.“ Liana sah mich entschuldigend an.
„Ich bin gerade aus Grünenthal gekommen und habe noch Licht bei euch gesehen. Da musste ich sofort rüberkommen. Mann, habt ihr mir gefehlt.“
„Komm, setz dich!“, sagte ich und holte aus dem Schrank eine weitere Teetasse. Ich hoffte, Paul würde einfach nicht nach oben sehen. „Bei uns läuft es gut“, erklärte ich, während ich seine Tasse füllte.
„Verwaltungstechnische Theorie habt ihr studiert, nicht wahr?“, fragte Paul. Ich nickte. Hoffentlich
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