Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
Malereien beiseite und fand den „Korona Chronicle“. Mein Herz hüpfte vor Aufregung. Meine Großmutter hatte seit unserem letzten offenen Gespräch sehr darauf geachtet, die Zeitung immer wegzuräumen, bevor ich aufstand. Ich konnte mein Glück noch gar nicht fassen und schielte um die Zimmerecke. Liana stand noch immer singend unter der Dusche. Das war meine Gelegenheit, an ein paar neue Informationen zu kommen. Die heutige Ausgabe trug das Foto eines Mannes, der etwa sechzig Jahre alt sein musste. Er trug einen altmodischen Schnurrbart und schaute energisch in die Kamera. Seine Augen sprühten eine knallharte Entschlossenheit aus. Das war definitiv ein Typ, der sich in sein Ziel verbiss. Ich begann mich in den Artikel zu vertiefen:
Überraschungskandidat für das Amt des Primus
Senator Helander Baltasar, der bis jetzt das Amt des Senators für Landessicherheit innehatte, hat gestern im Kreise zahlreicher begeisterter Anhänger seine Kandidatur für das Amt des Primus bekanntgegeben. Die offizielle Wahl um die machtvollste Stelle in der Vereinten Magischen Union findet am 31. Januar nächsten Jahres statt. Der Wahlkampf der Kandidaten läuft bereits jetzt auf Hochtouren. Senator Baltasar startet als Außenseiter, der in den 30 Jahren seiner politischen Karriere regelmäßig durch seine radikalen Ansätze aufgefallen ist, für die er bislang allerdings keine Mehrheit gewinnen konnte. Seine Ideen und Vorschläge zur Umgestaltung der magischen Gesellschaft gelten als umstritten. Seine Kandidatur ist ein erneuter Versuch, sein Gesellschaftsbild rechtskräftig in der Gemeinschaft zu verankern. Der amtierende Primus Willibald Werner, der ebenfalls für den Posten kandidieren wird, äußerte sich kritisch zu der Bewerbung von Helander Baltasar: „Senator Baltasar hat das Amt des Senators für Landessicherheit seit Jahren mit Erfolg und Achtung geführt, seine Kandidatur als Primus sehe ich allerdings mit größter Skepsis. Sein Gesellschaftsbild, das er auch in seinem neuen Buch „Zeit des Wandels“ beschreibt, steht in totalem Wiederspruch zu der demokratischen und liberalen Gesinnung der Vereinten Magischen Union. Ich rechne ihm keine großen Chancen bei der Wahl aus. Unsere aufgeklärten Unionsmitglieder werden einen Rückfall in ein System der Monarchie, bei dem die nichtmagischen Bürger unseres Landes zu Arbeitskräften der magischen Gemeinschaft entrechtet werden sollen, nicht akzeptieren.“ Das gesamte Interview mit Primus Willibald Werner lesen sie auf Seite 3
Ich konnte gerade noch ein paar Zettel über die Zeitung schieben, als Liana, in ein Badehandtuch gewickelt, wieder in der Tür stand.
„Du hattest Recht, eine Dusche war genau das Richtige“, sagte sie und sah mich an. Ihr Blick wurde starr, als sie meinen Gesichtsausdruck bemerkte. „Ist alles okay bei dir?“
„Jaja, alles super“, versuchte ich ihr schnell zu versichern, doch meine Stimme brach an der entscheidenden Stelle.
„Zieh doch schon mal das erste Outfit an!“, flüsterte ich heiser, um Zeit zu gewinnen. Ich brauchte einen Moment, um mich zu sammeln. In meinem Kopf hämmerten die Worte „magische Gemeinschaft“, „nichtmagische Bürger“, „magisch“, „nichtmagisch“ und plötzlich dämmerte es mir und eine unglaubliche Erkenntnis nahm in meinem Kopf Gestalt an.
„Ich muss mal kurz raus, mir ist so komisch“, rief ich Liana zu, während ich schon losrannte. Raus ins Freie, raus in den Garten und hinein in den Pavillon. Ich musste allein sein. Die vertraute hölzerne Hülle gab mir Sicherheit, während das Unfassbare durch meinen Kopf walzte. Es passte alles zusammen. Die Geheimniskrämerei, Ramons missglückter Versuch, die Wahrheit zu vertuschen. Ich vergrub mein Gesicht in den Händen und eine völlig abwegige Erklärung manifestierte sich in meinen Kopf. Ich glaubte plötzlich zu verstehen, was alle um mich herum versucht hatten zu verbergen. Doch es war so unwirklich, dass ich an meinem eigenen Verstand zweifelte. Es war kein Rollenspiel, kein Geschichtshobby, keine seltsamen exotischen Vögel. Sollten es tatsächlich Magier sein, die um mich herum lebten und genau das vor mir zu verbergen versuchten? Eine Parallelgesellschaft mit eigener Regierung und eigener Zeitung und wer weiß was noch alles. Mein Kopf drehte sich. Diese Erkenntnis war so fundamental und unglaublich, dass es nur ein Irrtum sein konnte.
Nein, rief ich mich zur Besinnung. Es war unmöglich. Magier gab es in Märchen und alten Mythen, in
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