Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
den Himmel erkennen, der immer noch hellblau schimmerte. Kichernd drängten sich alle auf der engen Plattform, die genauso wie die Treppe von einem geschwungenen Geländer eingefasst war. Ich lehnte mich daran und sah in das endlose Dunkel hinab, in dem die Treppe verschwand. Professor Espendorm stellte sich einige Stufen über uns.
„In einer Stunde erwarte ich sie alle im Ostsaal zum Frühstück. Bitte seien sie pünktlich!“ Mitten im Stöhnen, dass aus der Menge drang, die sich angesichts der vor ihr liegenden Schinderei beschwerte, spannte Professor Espendorm ihre grauen Flügel auf und hob elegant ab. In formschönen Kreisen flog sie hinauf, dem Sonnenlicht entgegen und ließ uns mit unserem Gepäck auf der Plattform stehen. Ich stöhnte, packte meinen Koffer fester und setzte mich mit den anderen in Bewegung.
„Na los!“, rief ich Lina zu, die immer noch wie angewurzelt an derselben Stelle stand. „Ich habe noch nichts gefrühstückt außer einem Kaffee.“ Sie nickte und stapfte los, während uns ein munterer Lorenz unterhielt.
Die Gruppe zog sich immer weiter auseinander. Die Sportler oder die mit dem leichteren Gepäck kamen schneller voran, während andere zurückfielen. Adam lief plötzlich an uns vorbei und grüßte mich höflich. So wie man jemanden grüßte, den man flüchtig kannte. Mein Herz riss schmerzhaft in meiner Brust und ich starrte ihm entgeistert nach. Es gab keine Hoffnung, warum machte ich mir etwas vor?
„Was für ein Schnuckelchen, den würd ich auch nehmen“, kommentierte Lorenz Adams Anblick von hinten.
Ich war erst sprachlos und prustete dann ungehalten los. „Lorenz, du bist Klasse. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich vermute, dass du bei Adam keine Chancen haben wirst.“
„Das sagst du nur, weil du ihn haben willst“, murrte Lorenz, während er kurz anhielt, um zu verschnaufen. Ich sah betreten nach unten, um seinem prüfenden Blick auszuweichen und erblickte Shirley.
„Ist das nicht eure Schönheitsqueen da unten?“, fragte Lorenz, der meinem Blick gefolgt war. Sie war erst auf der Hälfte der Strecke und von oben konnte man gut sehen, dass sie sich bereits unterwegs von ein paar pinken Gepäckstücken getrennt hatte. Trotzdem trug sie in jeder Hand noch einen schweren Koffer und auf dem Rücken eine riesige Umhängetasche.
„Sollen wir ihr helfen?“, fragte ich.
„Beim Koffer tragen oder in modischen Fragen?“, unkte Lorenz. Ich verdrehte die Augen, setzte meinen Koffer ab und lief die Treppe wieder hinab.
„Kann ich dir helfen?“, fragte ich, als ich bei Shirley angelangt war. Sie war verschwitzt und schnaufte. Ihr sorgsam gestyltes Haar war durcheinander gekommen. Sie sah mich überrascht an und ich spürte, wie sie prüfte, ob sie dem Ernst meiner Frage trauen konnte. Schließlich nickte sie. Plötzlich standen Lorenz und Liana hinter mir und gemeinsam halfen wir, Shirleys Gepäck nach oben zu befördern.
Wir waren die Letzten, die an der oberen Plattform ankamen und an die Oberfläche stiegen, direkt hinein in einen riesigen, parkähnlichen Innenhof, der von einem gigantischen Gebäude umgeben war. Ich drehte mich staunend einmal im Kreis, um das Ausmaß zu begreifen. Soweit ich erkennen konnte, gab es fünf hohe Türme, die durch Gebäude miteinander verbunden waren. Eines davon hatte ein riesiges Eingangstor und war größer als die anderen. Es schien das Hauptgebäude zu sein. Das ungewöhnlichste an diesem Gebäude war jedoch seine Form und Farbe. Es schien hier keine rechten Winkel zu geben und keine geraden Flächen. Balkone und Erker schmiegten sich wie Schwalbennester an runde Wände. Es gab riesige gebogene Fenster, manchmal wie Bullaugen, dann wieder wie lange Seifenblasen. Das helle Sonnenlicht wurde von den zitronengelben Mauern zurückgeworfen.
„Das ist Tennenbode?“ Beeindruckt starrte ich noch immer das surrealistische Bühnenbild an, das mich umgab.
„Extrem schick!“ Lorenz war begeistert.
„Naja, mir ist es etwas zu abgedreht“, meinte Liana. „Das war Konstantin Kronworth.“
„Wer?“, fragte ich.
„Hast du heute Morgen den „Korona Chronikle“ nicht gelesen?“, fragte Liana vorwurfsvoll. Ich schüttelte den Kopf. Heute Morgen war ich viel zu müde gewesen, um Buchstaben entziffern zu können.
„Konstantin Kronworth ist der angesagteste Künstler der Vereinten Magischen Union und Tennenbode ist schon seit Jahren eines seiner berühmtesten Kunstobjekte. Er verändert regelmäßig die Farben und auch die
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