Koenigsblut - Die Akasha-Chronik
Zuverlässigkeit, Ordnung und Fleiß sind die Tugenden, die sie sicher durch das Studium bringen werden. In Tennenbode legen wir viel Wert auf die körperliche Leistungsfähigkeit und die gesunde Ernährung unserer Studenten, denn wie schon die Magier der ersten Stunde wussten: Mens sana in corpore sano – in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist. Tägliches Training und ein ausgewogener Speiseplan werden deshalb zur Grundlage ihres Alltags hier in Tennenbode gehören.“ Ihre Worte wurden von missmutigem Gemurmel begleitet. Ich schüttelte ebenfalls verwundert den Kopf. Ich wollte hier studieren und keine Militärakademie besuchen. „Es wird für einige sicherlich eine Umstellung, aber sie werden sich schnell an ihren neuen Tagesablauf gewöhnen“, kommentierte Professor Espendorm den verhaltenen Protest gelassen. „Die magische Kraft hat ihre Grundlage in der Kraft des Geistes und der Konzentrationsfähigkeit, die jeder Einzelne aufbringt. Wenn sie selber nicht im Gleichgewicht sind, wird es ihnen schwer fallen, alle Übungen zu absolvieren und gute Ergebnisse zu erreichen. Für die meisten von ihnen ist der Eintritt in die magische Welt etwas völlig Neues und deswegen nehmen wir uns für die Erstsemester extra einen Monat Zeit, um sie mit den wichtigsten Grundlagen für ihr weiteres Studium vertraut zu machen. Ganz besonders freue ich mich, dass wieder ein Student der Familie Torrel bei uns ist.“ Professor Espendorm lächelte wohlwollend zu Adam hinüber, dem die Aufmerksamkeit sichtlich unangenehm war. Er nickte kurz Professor Espendorm zu, während sich alle nach ihm umdrehten.
Besonders die Augen der Mädchen hingen etliche Sekunde länger an Adam, als es die Höflichkeit des Augenblickes erlaubt hätte. „Nach unserem gemeinsamen Frühstück werden sie ihre Unterkünfte beziehen und sich mit der Festungsanlage vertraut machen. Die Festung Tennenbode hat eine jahrtausende alte Tradition. Viele große Magier haben hier ihre Ausbildung absolviert und ihre Spuren hinterlassen. Seien sie neugierig, seien sie wissbegierig! Aus der Geschichte von Tennenbode können sie viel lernen. Nun halte ich sie nicht länger von ihrem Frühstück ab und wünsche Guten Appetit.“ Damit klatschte sie drei Mal in ihre Hände und die seitlichen Flügeltüren öffneten sich. Hinein kamen etwa zehn muskelbepackte Hünen, aus deren dichten, blauschwarzen Haaren jeweils ein Paar elfenbeinfarbene Hörner herausragten. Trotz ihrer Größe und der Massigkeit ihrer Körper trugen sie mit spielerischer Eleganz schwere Platten, von denen sie auf jeden der Tische eine stellten.
„Oh mein Gott, ein Faun“, flüsterte ein blasses Mädchen mit mausgrauen, kurzen Haaren aufgeregt neben mir. „Es gibt sie wirklich. Oma hat mir erzählt, dass sie hier in Tennenbode arbeiten, aber ich konnte es nicht glauben. Irre!“, teilte sie ihrer Sitznachbarin mit, einem ebenso unscheinbaren Mädchen. Ich lehnte mich zu ihr hinüber und erkannte, dass sich die Mädchen nicht nur ähnlich sahen, sondern sich zum Verwechseln glichen.
„Hallo, ich bin Selma Caspari. Was hast du gerade gesagt? Was sind das für Wesen?“
„Hi, ich bin Dulcia Donna und das ist meine Schwester Cecilia“, sagte das mausgraue Mädchen und zeigte auf ihre Sitznachbarin. „Das sind Faun, sie leben normalerweise in Wäldern, da fühlen sie sich eigentlich am wohlsten“, raunte sie mir zu.
„Woher weißt du das?“, fragte ich erstaunt.
„Naja, eigentlich dürfte ich das alles noch nicht wissen, aber unsere Großmutter ist schon ziemlich alt und die Sache mit dem Eid nimmt sie nicht mehr so genau. Letztes Weihnachten hat sie mir das hier zugesteckt.“ Dulcia griff in ihre Umhängetasche und holte ein abgegriffenes, kleines Buch heraus. Ich wünschte meine Großmutter hatte das Thema so locker gesehen wie die von Dulcia.
„Das ist das Lexikon der magischen Begriffe. Daraus haben wir das Meiste gelernt, nicht wahr, Cecilia? Weißt du schon von den Drachen?“, fragte sie mit weit aufgerissen Augen.
„Von denen hab ich schon gehört. Die sollen wohl ganz nett sein“, sagte ich und griff gedankenverloren nach einem grünen Apfel. Gerade, als ich hineinbeißen wollte, bewegte sich das Ding in meiner Hand und versuchte, sich windend aus meinem Griff zu befreien. Mit einem erschrockenen Laut ließ ich die Frucht auf den Tisch fallen, wo sie reglos liegenblieb. Der Tumult an den Nachbartischen ließ vermuten, dass ich nicht die Einzige war, die sich
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