Königsfreunde (German Edition)
und schien auch bereit, zu gehen.
»Geld brauchen wir nicht. Ich habe etwas bei mir«, sagte er. Nesa hob die Brauen, sagte aber nichts.
»Lasst euch Zeit. Wir kommen hier zurecht«, sagte Jakob.
Clara versuchte, an Robins Seite zu bleiben, der recht zügig voran schritt.
»Was rennst du denn so?«, beschwerte sie sich. Robin verlangsamte seine Schritte nicht.
»Sag mal, sprechen alle Mädchen in diesem Tal so wie du?«, fragte Robin.
»Warum? Wie spreche ich denn?«
»Etwas ungehobelt«, erwiderte Robin. »Keine Hofdame würde solche Worte wählen, in dieser Art. Das ist unfein.«
»Nur, damit du das weißt. Hier reden alle so. Das ist üblich. Kurz und knapp, dann weiß jeder, was zu tun ist. Wir haben halt keine Zeit, drum herum zu säuseln, bis man mal zum Punkt kommt«, sagte Clara. Zu ihrer Überraschung lachte Robin. Nicht arrogant, eher amüsiert.
»Ich will noch schauen, was es bei Richenza Neues gibt. Kommst du mit oder nicht?«, fragte Clara.
»Sind dort auch wieder die anderen Mädchen?«, fragte Robin. Clara stöhnte.
»Kleiner Hinweis von mir. Bei uns ist es unfein nach anderen Mädchen zu fragen, wenn man schon mit einem Mädchen unterwegs ist.«
»Ich kann mir das erlauben. Aber ansonsten gebe ich dir recht«, sagte Robin, und ärgerte sie damit wieder. Er war ihr lieber gewesen, als er noch still an ihrer Schulter geschlafen hatte. Wahrscheinlich war er überhaupt nur im Schlaf zu ertragen. Fast wünschte Clara, dass Eva auftauchen und sie ihn auf sie abschieben könnte. Aber da tauchte der vielversprechende Stand schon auf und sofort wurde Clara bewusst, warum Kristina sich nicht hatte blicken lassen. Richenzas Stand war von einer Traube Frauen umringt. Neue Ware! Da mussten ganz besondere Stücke dabei sein, bei dem Andrang. Und sie hatte kein Geld mehr! Ein Elend. Aber anschauen würde sie die Pracht auf jeden Fall. Clara kämpfte sich nach vorn, schob andere Leute zur Seite und blieb mit offenem Mund stehen.
Auf Richenzas Tisch türmten sich seidig glänzende Stoffe in herrlichen Farben. Clara sah Spitze und Ziernähte, Unterkleider, Gürtel und silberne Schnallen. Es war zu viel, um es mit einem Blick zu erfassen. Die Frauen scharten sich um den Verkaufsstand und Richenza hatte alle Hände voll zu tun, um mit dem Kassieren nachzukommen. Eine andere Frau hielt Wache neben den feinen Kleidern und gab acht, dass niemand sie mit schmutzigen Händen anrührte oder etwas einsteckte.
»Also ich fürchte, davon muss ich mir etwas kaufen«, hörte Clara die verhasste Stimme Kristinas. »Ich muss gleich meine Mutter fragen. Das ist eine einmalige Gelegenheit.«
Clara sah sich nach ihr um und entdeckte sie zwischen anderen Frauen bei den Kleiderauslagen. Kristina hielt ein zart rosafarbenes Kleid mit zierlicher silberner Schnalle und Bestickungen in den Händen. Sie hielt es sich an und wurde dabei von ihren Freundinnen und der Aufpasserin kritisch beäugt.
»Steht dir«, sagte Lena, »aber mal ehrlich, wem würde das nicht stehen?«
»Das Blaue steht dir besser. Rosa passt nicht zu deiner Gesichtsfarbe«, sagte Robin, und Clara sowie Kristina mit ihren Freundinnen drehten sich erstaunt zu ihm um.
»Oh ... schön dich zu sehen, Robin«, schnurrte Kristina. »Du hast wahrscheinlich recht. Das blaue Kleid passt besser zu mir.« Sie warf das erste Modell achtlos in Lenas Arme, die es der streng blickenden Aufseherin zurückgab. Kristina zog ein schimmerndes blaues Kleid vom Tisch und hielt es sich dann an ihren Busen.
»Und, wie findest du das?«, fragte sie.
»Recht gut«, sagte Robin, während die verwunderten Blicke der Mädchen immer noch auf ihm ruhten. Ein Junge, der sich für Kleider interessierte, war eine Rarität. Robin ging zu der Auslage und strich vorsichtig mit der Hand über die Stoffe. Die Art, wie er das tat, hielt sogar Richenzas Handlangerin davon ab, ihm auf die Finger zu klopfen. Robin wählte ein Kleid aus lindgrünem Atlas mit rosafarbenem, seidenem Unterkleid. Er nahm es geschickt hoch und hielt es Clara an.
»Das ist das Richtige für dich«, sagte er. »Im Gegensatz zu ihr, kannst du rosa tragen.«
Clara starrte ihn an, dann nahm sie ohne Nachzudenken das Kleid aus seinen Händen. Sie hielt es sich an und trat vor den Spiegel, den Richenza aufgestellt hatte. Robin hatte recht. Sie konnte rosa tragen. Und lindgrün erst recht. Dies war das schönste Gewand, das sie je in ihrem Leben zu sehen bekommen hatte. Alles daran war perfekt. Die feinen Nähte, die
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