Königsfreunde (German Edition)
nie jemand sehen. Kein Wort darüber. Verstanden?«
Clara nickte.
»Aber darf ich das Kleid behalten?«, wagte sie es schließlich zu fragen. Ihre Eltern sahen sich an.
»Lasst es sie behalten«, sagte Robin schnell. »Es ist ihr größter Wunsch.«
Clara warf ihm einen dankbaren Blick zu.
»Ja, das wissen wir«, sagte Nesa. »Aber wir haben Bedenken, was das angeht. Ich erkläre es dir auf der Heimfahrt.«
Wenig später ruckelte der Wagen über die trockene Erde. Clara hatte sich mit ihrem Päckchen zwischen Kisten und Körben niedergelassen. Robin saß neben Nesa und schaute gelegentlich zu ihr hoch. Er schien auf die Erklärung zu warten.
»Weißt du, wir leben nicht ohne Grund in diesem Tal«, begann Nesa. »Wir glauben hier an bestimmte Dinge und Lebensweisen. Dass Clara so sehr fortstrebt von dem, was wir tun ... das macht uns Sorgen.«
Überrascht schaute Clara ihre Mutter an.
»Das wusste ich nicht«, sagte sie. Nesa lächelte traurig.
»Wir lieben dich und wollen, dass du glücklich bist. Aber du zeigst uns immer wieder, dass du eigentlich was anderes willst. Dass der Hof vielleicht nicht das richtige Leben für dich ist. Zumindest kommt es uns so vor.«
»Das ... das stimmt nicht!«, rief Clara. »Nur weil ich mal was Schönes zum Anziehen will, bin ich schon falsch für euch?«
»Hör auf, Clara. Das ist sehr ungerecht«, sagte Jakob vom Kutschbock aus. Clara schwieg verletzt. Dass ihre Eltern sie so wahrnahmen, war ihr ein Gräuel. Hatte sie sich wirklich so verhalten, sich so unzufrieden gezeigt?
»Ich glaube nicht, dass Clara das so meint«, sagte Robin. »Sie liebt euch. Aber sie hat einfach Freude an den schönen Sachen, und seht mich an. Ich hatte solche Dinge stets im Überfluss. Passe ich deshalb nicht zu euch?«
Nesa legte den Arm um ihn. »Doch, natürlich passt du zu uns. Das ist schwer zu erklären, wie sich das anfühlt.«
»Habt ihr Angst, dass Clara von euch fortgehen könnte?«, fragte Robin, und Clara sah ihn erstaunt an. Sie erkannte ihn inzwischen kaum wieder. Er interessierte sich für andere und setzte sich für sie ein. Noch vor einigen Tagen hätte sie das für nicht möglich gehalten.
»Das ist es auch nicht ... ich weiß nicht«, sagte Nesa.
»Es wäre leichter für uns, Clara würde ihr Leben so annehmen, wie ihr Bruder es getan hat. Er lebt mit seiner Frau am anderen Ende des Tals. Wir sehen ihn nicht mehr so oft. Aber Clara widerstrebt so Vieles, das zu dem Leben im Kamm gehört. Wir denken viel darüber nach«, kam Jakob ihr zu Hilfe.
»Es widerstrebt mir nicht. Ich will nur auch mal was anderes sehen, als nur unser Tal«, sagte Clara.
»Ich bin sehr viel herumgereist. Und ich muss sagen, hier ist der friedlichste Platz von allen. Das kann ich aber nur sagen, weil ich schon woanders war. Warum lasst ihr Clara nicht mal fort, damit sie sich die Welt ansehen kann?«, fragte Robin.
»Das versteht man erst, wenn man Kinder hat«, sagte Jakob. »Die Sorge um sie ist einfach zu groß. Aber mit deinen Gedanken hast du nicht unrecht.«
Eine Weile fuhren sie schweigend weiter. Dann sagte Nesa: »Zeig doch mal dein Kleid. Du hast es vor uns noch gar nicht ausgepackt.«
»Wozu?«, entgegnete Clara und ärgerte sich sofort über ihre eigene Bockigkeit. Robin warf ihr einen warnenden Blick zu, der sie noch mehr beschämte. Langsam merkte sie, wie oft sie auf ihre Eltern einen unzufriedenen Eindruck gemacht haben musste. Und sie sorgten sich um sie, eigentlich ohne Grund. Clara stand auf und ließ sich dann neben ihrer Mutter nieder. Langsam wickelte sie das Päckchen aus. Der zarte, schimmernde Stoff quoll über ihren Schoß und sie wagte es kaum, ihrer Mutter ins Gesicht zu schauen.
»Das ist ein herrliches Kleid, Clara. Du wirst auf dem Sommerfest zauberhaft darin aussehen«, sagte Nesa, und Clara schaute überrascht zu ihr hoch.
»Findest du das wirklich?«
»Ja, wirklich. Robin hat dir etwas Wunderschönes gekauft, das muss ich sagen. Sieh nur diese Stickerei! Das hätten wir uns niemals leisten können.« Nesa strich bewundernd über den Stoff. Clara seufzte. Sie begriff das Friedensangebot und sie würde es mal wieder annehmen. Außerdem nahm sie sich vor, sich in der Zukunft mehr anzustrengen für ihre Eltern.
Der Rest des Tages verlief in gewohnter Manier und Clara war ihren Eltern dankbar, dass sie das Kleid behalten durfte und sie ihr nichts nachtrugen. Jakob hatte Robins Geld sicher verwahrt. Er wollte es nicht einfach so annehmen, obwohl
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