Königsfreunde (German Edition)
goldene Stickerei am Ausschnitt, die fein gewebten Bänder und der seidene Gürtel, den man mit winzigen Perlen bestickt hatte. Hinter Clara tauchte ein Gesicht auf. Ihr Blick traf Kristinas über den Spiegel.
»Geh mal beiseite! Andere Leute wollen auch noch was sehen!« Kristina drängte sie weg und baute sich vor dem Spiegel auf. Sie hielt sich das blaue Kleid an und presste es mit den Händen um ihre Taille.
»Wo hast du nur diese wunderschönen Stücke her, Richenza?«, fragte eine Frau. »Dieses Mädchen hier sieht ja wirklich bezaubernd aus. Das steht dir ausgezeichnet, Kind.«
Kristina lächelte geschmeichelt, aber die Frau schaute Clara an. »Den jungen Mann hier leihe ich mir auch mal aus. Richenza, den solltest du als Verkäufer einstellen.«
»In der Tat«, sagte Richenza. »Woher hast du den Blick dafür? Wie heißt du noch mal?«
»Er heißt Robin«, ging Kristina dazwischen. »Ja, das hat er für mich recht gut ausgesucht, aber ich glaube, ich versuche mal das Kleid, das Clara hat. Gib mal her.«
Sie griff nach Clara, aber die zog das Gewand schnell aus Kristinas Reichweite.
»Ich hatte es zuerst!«, sagte Clara. Kristina verzog den Mund.
»Lächerlich! Also ob du dir auch nur den Gürtel davon leisten könntest. Hör jetzt auf damit und gib es mir!« Kristina streckte wieder die Hand nach Clara aus, aber Robin fing sie unterwegs ab. Blitzschnell griff er nach Kristinas Handgelenk, bevor sie Clara erreichen konnte.
»Wir wollen erst noch mal überlegen, ob wir das Kleid kaufen. So lange hast du dich zu gedulden«, sagte er. Dann fasste er Clara am Arm und zog sie etwas von den anderen weg.
»Willst du das Kleid kaufen?«, fragte Robin leise.
»Wollen schon, aber das ist viel zu teuer.« Sie seufzte. »Kristina wird ihre Mutter bitten, es zu kaufen. Allein schon deshalb, weil ich es haben will.«
»Ich kaufe es dir«, sagte Robin. »Komm.« Er machte Anstalten, sie zum Stand zurückzuziehen.
»Nein, warte«, zischte Clara. »Wovon willst du das bezahlen?«
»Ich habe Geld.« Robin deutete auf den kleinen Lederbeutel, den Clara damals in der Wäschekammer gefunden hatte. Sie erinnerte sich, dass er davon gesprochen hatte.
»Das geht nicht, Robin. Wirklich. Ich wünsche mir schon immer so ein Kleid. Aber meine Eltern werden es nicht gutheißen, wenn du mir so was Teures kaufst«, sagte Clara und hoffte inständig, dass Robin mit ausgezeichneten Argumenten dagegen reden würde. Oh ja, ihre Eltern würden streng mit ihr sprechen, wenn sie die Bescherung sahen, aber der Preis war nicht zu hoch. Dieses Kleid verkörperte alles, was Clara sich wünschte. Zumindest glaubte sie das. Sie würde über Kristina triumphieren und beim nächsten Anlass wie eine Prinzessin im Dorf erscheinen. Zum Beispiel beim Sommerblütenfest. Ein Traum.
»Ich brauche das Geld nicht«, sagte Robin. »Ich habe genug und den ganzen Rest schenke ich deinen Eltern.«
»Warum tust du das?«, fragte Clara. »Denkst du, dass du wieder Almosen verteilst? Das will ich nämlich nicht.«
»Einfach so. Weil du es wolltest«, antwortete Robin. Clara sah zu ihm hoch. Seine braunen Augen musterten sie und in ihr entstand ein anderes Empfinden von Zuneigung. Das unangenehme Gefühl, als er Eva nachgeschaut hatte, wurde verdrängt. In diesem Moment wollte er ihr etwas kaufen, sonst niemandem. Er wollte etwas für sie tun und es war kein Almosen.
»Also gut«, sagte sie. »Ich würde mich freuen, wenn du es mir kaufst. Aber du musst mir beistehen, wenn meine Eltern das sehen.«
»Dann komm«, sagte Robin. Er führte sie zu Richenzas stand zurück und nickte ihr zu.
»Wir nehmen dieses Kleid«, sagte Robin, und Richenza runzelte die Stirn. Bevor sie nochmals auf den Preis hinweisen konnte, hatte Robin schon seinen kleinen Geldbeutel gezogen und nahm ein Goldstück heraus. Clara schnappte nach Luft. Richenzas Augen weiteten sich.
»Junge ... woher hast du das? Bei allen Göttern. Seht ihr das? Ist das Gold?« Richenza riss Robin das Geld regelrecht aus den Fingern. Clara konnte nicht mehr sprechen vor Schreck. Dass Robin Goldmünzen bei sich trug, hatte er nicht erwähnt. Das würde Ärger geben.
Richenzas Angestellte schien ganz ihre Aufgaben vergessen zu haben und starrte der Händlerin auf die Finger. Die umherstehenden Leute waren nähergekommen, um das Goldstück in Augenschein zu nehmen.
»Das ist tatsächlich echt! Echtes Gold. Die Münze ist so schwer, das ist unglaublich!«, rief Richenza. »Woher hast du das?«
Robin
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