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Königsjagd

Königsjagd

Titel: Königsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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öffnete die Tür, ohne die Kette zu lösen. »Wer, zum Teufel, ist da? Wissen Sie nicht, wie spät es ist?«

    »Ja, zehn Minuten nach Mitternacht«, sagte Walter Schellenberg. Becker riß Mund und Augen auf. »Großer Gott, Sie!« Er ließ den anderen schnell herein.
      Schellenberg blickte sich im Zimmer um. »Ihre Geschäfte scheinen nicht unter dem Krieg zu leiden.«
      Becker ging zur Schlafzimmertür und machte sie zu. »Was für... was für eine angenehme Überraschung, Sie wiederzusehen, Brigadeführer.«

      »Ich habe kürzlich mit Admiral Canaris über Sie gesprochen. Als ich ihm sagte, ich würde demnächst nach Lissabon reisen, schlug er mir vor, mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen, falls ich Unterstützung brauchen sollte. Er hat mich doch avisiert, nicht wahr?« Becker lächelte nervös. »Ich fürchte, Sie finden mich unvorbereitet.«
      »Die Operation Windsor! Der Grund meines Hierseins! Admiral Canaris hat Ihnen in seinem Funkspruch doch bestimmt alles darüber berichtet, oder?«
      »Tut mir Leid, Brigadeführer«, sagte Becker, »aber ich habe wirklich keine Ahnung, wovon Sie reden.«
      Schellenbergs Hand kam mit der Mauser aus der rechten Manteltasche, die Waffe hustete einmal, und ein schöner chinesischer Porzellanhund auf dem Kaffeetisch am anderen Ende des Zimmers ging in Stücke. »Gut, nicht wahr?« sagte er freundlich. »Handfeuerwaffen sind gewöhnlich so schrecklich laut, aber wenn ich Sie mit diesem Ding in beide Kniescheiben schieße, wird die junge Dame, die zweifellos im Schlafzimmer auf Sie wartet, höchstens Ihre Schreie hören.« Becker schwitzte bereits. »Was wollen Sie von mir?«

      »Die Wahrheit«, sagte Schellenberg. »Sie haben einen Funkspruch von Canaris bekommen, in dem steht, daß ich hier bin und warum ich hier bin. Stimmt das?«

    »Ja, heute morgen.«
    »Und wie lauten Ihre Instruktionen?«
      »Sie im Auge zu behalten. Über jeden Ihrer Schritte zu berichten.« Schellenberg hätte beinahe laut losgelacht. Was für ein alter Fuchs der Admiral doch war.

      Becker sagte: »Jetzt brauche ich aber einen Drink.« Er ging zu einem Kabinettschrank aus Rosenholz mit herrlichen Messingeinlagen in maurischem Stil und öffnete ihn. »Nehmen Sie auch einen Whisky?«
      »Bei der Abwehr werden Sie als A 1416 geführt. Wußten Sie das?«
    »Ja«, sagte Becker.

      »Typisch deutsch«, fuhr Schellenberg fort. »Einen Mann auf eine Nummer zu reduzieren - unser großer Fehler. Die Engländer haben viel mehr Phantasie: Hamlet... das gefällt mir. Was für ein passender Name für einen Doppelagenten. Sein oder Nichtsein.«

      Becker starrte ihn an, in jeder Hand ein Whiskyglas, Verzweiflung im Gesicht.
      »Ja«, sagte Schellenberg. »Reden wir also wie vernünftige Menschen miteinander. Sie haben Ihren englischen Freunden die Informationen weitergegeben, die Sie in jenem Funkspruch vom Admiral erhielten? Daß ich auf dem Weg nach Lissabon bin und was ich hier vorhabe. Stimmt das?«
      »Ja«, flüsterte Becker und leerte eines der Gläser. »Nun, das dachte ich mir, und der Admiral dachte es sicherlich auch. Überrascht Sie das? Sie haben nur deshalb so lange überlebt, weil er Sie nützlich findet, um London mit Falschmeldungen zu versorgen. Diesmal ist die Information allerdings hundertprozentig korrekt, aber auch nur,

    weil er sich wie eine ganze Menge anderer Leute einfach nicht entschließen kann, welchen Standpunkt er in dieser Sache einnehmen soll.« Becker trank das andere Glas aus. »Was haben Sie mit mir vor?«
      »Das hängt davon ab, wie einsichtig Sie sind. Wer ist ihr Kontaktmann beim Secret Service?«
    »Ein Major Frear.«

    »Hier in Lissabon?«
    »Ja.«

      Schellenberg steckte die Mauser wieder in die Tasche und zündete sich eine Zigarette an. »Rufen Sie ihn sofort an. Sagen Sie ihm, daß ich hier bin.«

    Becker war sichtlich perplex. »Aber warum?«
      Schellenberg stand da, die Hände in den Taschen seines offenen Ledertrenchcoats, die Zigarette in einem Mundwinkel hängend. »Nun, daß ich hier bin, ist eine unstrittige Tatsache, die er früher oder später selbst herausfinden wird. Wenn Sie es ihm als erster sagen, wird er eher geneigt sein, auch das zu glauben, was Sie ihm später erzählen.«

      Becker zögerte, zuckte dann die Achseln, ging zu dem dunklen Rosenholzschreibtisch am anderen Ende des Raumes, setzte sich dahinter und griff zum Hörer. Gleichzeitig öffnete er rechts eine Schublade und holte einen

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