Königsjagd
Gewerkschaft, genau wie alle anderen. Wissen Sie, ich glaube allmählich, diese Geschichte heute abend wird sich noch als günstig für uns herausstellen.«
»Inwiefern?«
»Nicht jetzt. Ich erkläre es Ihnen auf der Fahrt in die Stadt. Würden Sie mir einen Kaffee machen, während ich mich anziehe?« Als er fünf Minuten später wiederkam, trug er einen weißen Smoking mit schwarzer Fliege. »Berufskleidung«, sagte er. »Ich bin schließlich auch noch Wirt.«
Sie reichte ihm den Kaffee. »Übrigens, ich habe nachgedacht. Ihr Freund, der die Sache für uns im Garten arrangiert hat, ist seinen Preis nicht unbedingt wert gewesen.«
»Oh, ich weiß nicht«, sagte Jackson. »Die Nazis drucken seit einiger Zeit nicht allein deutsches Geld, sondern auch fremdes. Ihre britischen Fünfpfund-Noten sind ausgezeichnet und ihre amerikanischen Hundertdollar-Scheine nicht übel. Das heißt, wenn man sie nicht allzu genau betrachtet. Vorletzten Monat hat irgendein Typ versucht, ein paar davon an meinen Spieltischen loszuwerden. Ich habe sie natürlich konfisziert und ihn hinausgeworfen. Es hatte keinen Sinn für mich, die Polizei zu holen, und ich dachte, ich würde eines Tages vielleicht Verwendung für die Blüten haben.«
»Sie sind ein Schlitzohr«, sagte sie bewundernd. »Vielen Dank für das Kompliment.«
Das Cafe, vor dem sie hielten, lag am Rand der Alfama, mit einer Seite zum Fluß. Es hatte keinen Namen, und von drinnen konnten sie Gesang und Gitarrenmusik hören.
»Dies ist keine gewöhnliche Bar«, sagte er. »Eher ein Club.«
Als sie hineingingen, sah sie sofort, was er gemeint hatte. Die Wände waren mit Stierkampfplakaten bedeckt, und hinter der Theke hingen einige ausgestopfte Stierköpfe. Es war nicht besonders viel los. Ein junger Mann lehnte an der Bar, sang leise einen Fado und begleitete sich auf der Gitarre. An einem Tisch spielten vier Männer Karten. Einer von ihnen war klein und dunkelbraun gebrannt und hatte eine Narbe, die an der Wange hoch bis zum Auge lief und ihm ein furchterregendes Aussehen verlieh.
Er rief fröhlich: »Olá, Senhor Joe! Noch fünf Minuten. Ich habe gerade das Blatt meines Lebens.«
»Ich habe Ihnen erzählt, daß ich bei der Gewerkschaft angerufen habe«, sagte Jackson. »Deshalb sind wir hier. Der Herr ist José Borges, der Gewerkschaftsobmann für Lissabon. Früher war er einer der besten toureiros in Portugal, aber dann bekam er ein Horn ins Gesicht und verlor ein Auge. Hat eine Menge Zigeunerblut in den Adern.«
Der Barkeeper brachte ihnen Kaffee in dicken Gläsern und Brandy, ohne daß sie etwas bestellt hätten, und ging wieder. Am Kartentisch ertönte ein Freudenschrei, allgemeines Gelächter, und dann stand José Borges auf und trat zu ihnen.
Erst jetzt sah sie, daß er eine schwarze Binde über dem rechten Auge trug. Jackson stellte vor: »José Borges - Senhorita Winter. Übrigens, die portugiesischen aficionados nennen ihn immer noch ›Kleiner José‹.«
»Senhorita.« Er nahm ihre Hand und verbeugte sich gravitätisch. Jackson sagte: »Wie ich höre, hat Oliveira Sie engagiert, um morgen für den Herzog von Windsor und den Marques von Oropeso einen Kampf zu liefern. Ein stolzer Tag für Sie.«
»Es hat andere gegeben«, entgegnete Borges bescheiden und zündete sich ein Zigarillo an.
»Ich wüßte gern, ob wir mitkommen könnten. Senhorita Winter ist auch Amerikanerin und hat noch nie einen Stierkampf gesehen. Ich finde, wenn sie einen sieht, dann nur den besten, und da Sie neuerdings nur noch so selten kämpfen, ist morgen doch eine einmalige Gelegenheit dazu.«
Borges wandte sich interessiert an Hanna. »Sie lieben also Stiere, Senhorita?«
»Ich bin nicht sicher«, sagte sie. »Ich kann es erst sagen, wenn ich einen Kampf gesehen habe. Allerdings habe ich ein bißchen Angst vor dem Töten.«
Er begann schallend zu lachen. »Wir sind in Portugal, nicht in Spanien. Bei uns wird höchstens der toureiro getötet, wenn er sich dumm anstellt. Einmal, vor vielen Jahren, hat ein Stier den Grafen von Arcos vor dem ganzen Hof in Stücke gerissen. Die Königin erklärte, Portugal sei zu schwach, um das Leben seiner besten Männer beim Stierkampf aufs Spiel setzen zu können. Seit jenem Tag ist es verboten, einen Stier in der Arena zu töten.«
»Über die Hörnerspitzen wird ein dickes Lederfutteral gestülpt«, sagte Jackson. »Allerdings löst es sich oft beim Kampf.«
»Und dann,
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