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Königskinder (German Edition)

Königskinder (German Edition)

Titel: Königskinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Fischer
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seine persönlichen Eindrücke schildert: «Wenn Du diese Hunnen und Spaghettifresser nach zwei Monaten auf See sehen könntest, die meiste Zeit bei stürmischem Wetter! Da fragt man sich, wie um alles in der Welt sie das überlebt haben. Es gab unterwegs nur zwei Todesfälle, einen natürlichen Tod und einen Selbstmord. Bemerkenswert, dass es nicht mehr Todesopfer gab.»
    Wohl ahnend, dass seine Schutzbefohlenen kein Blatt vor den Mund nehmen würden, sobald sie australischen Boden betreten haben, denn sie beschweren sich ja jetzt schon andauernd, sieht sich Oberstleutnant Scott veranlasst, noch vor der Landung in Melbourne ein an das Informationsbüro für Kriegsgefangene der Australischen Streitkräfte gerichtetes Memorandum zu verfassen, in dem er versucht, den Verlust von Gepäckstücken und Wertgegenständen der Internierten zu rechtfertigen.
Da wir an Bord mehr als 2000  Gepäckstücke und eine ähnliche Zahl an Aktentaschen haben, alle ungekennzeichnet, wird es nicht möglich sein, den in Port Melbourne an Land gehenden Internierten ihr Gepäck auszuhändigen. Sie werden verstehen, wenn ich Ihnen mitteile, dass die Einschiffung in Liverpool in solcher Eile vollzogen wurde, dass das Gepäck nicht registriert werden konnte. Außerdem mussten während der Reise Gepäckstücke gewaltsam geöffnet werden, um daraus Unterwäsche und Kleidung zu entnehmen, die nach Desinfizierung und Wäsche einzeln an die Internierten verteilt wurden. Das war dringend nötig, da viele von ihnen von Läusen befallen waren. Für die Internierungsbehörden in Sydney wird es ein Leichtes sein, das Gepäck nach der Identifizierung durch die Internierten zu verteilen, wonach die verbliebenen Teile nach Melbourne zurückgeschickt werden können.
    Dann wendet sich Scott den Wertgegenständen zu:
Wertgegenstände wurden in einen Sack gesteckt und versiegelt. Zwei wertvolle Schmuckstücke werden getrennt aufbewahrt. Ich habe bereits darauf hingewiesen, dass die Hafenmilitärpolizei in Zusammenarbeit mit meinem Kommando an Land mit der Durchsuchung der Internierten begann, die jedoch an Bord so gut es ging fortgesetzt werden musste, da die Eskort- und Konvoischiffe ungeduldig auf das Auslaufen warteten.
Angesichts der schwierigen Lage, die beim Sortieren der Internierten in ihre jeweiligen Gruppen auftrat, ist es verständlich, wenn manche Gegenstände in Verlust gerieten, was meiner Meinung nach unvermeidlich war. Ich habe die australischen Behörden gebeten, meine dringende Bitte an die britischen Behörden zu unterstützen, den Internierten unter keinen Umständen mehr als einen Seesack pro Kopf zu gestatten und alle Wertgegenstände den verantwortlichen Offizieren in einem versiegelten Päckchen auszuhändigen, für das eine Empfangsbestätigung verlangt werden konnte.
    Als habe Scott beim Schreiben eine Ahnung beschlichen, wie unglaubwürdig seine Verteidigung ist, fügt er einige aufschlussreiche Bemerkungen zur Zusammensetzung der von ihm beaufsichtigten Menschenfracht hinzu:
Ich möchte mich nun persönlich zu den folgenden Personengruppen äußern: a. Nazideutsche, b. Italiener, c. Deutsche und österreichische Juden.
a. Nazideutsche. Nachdem ich die Mitglieder dieser Gruppe vor der Einschiffung von meinen Methoden in Kenntnis gesetzt hatte, sollten sie mir Schwierigkeiten bereiten, war ihr Verhalten vorbildlich. Sie sind ehrlich, aufrecht und äußerst diszipliniert. Ich bin allerdings durchaus bereit, ihnen ein hohes Maß an Gefährlichkeit zuzugestehen.
b. Italiener. Diese Gruppe ist verdreckt, hat keine Spur von Disziplin, und viele sind Feiglinge.
c. Juden. Diese kann man nur als subversive Lügner bezeichnen, fordernd und arrogant, und ich unternahm Schritte, ihnen meinen Standpunkt näherzubringen. Sie berufen sich auf jedermann, vom Premierminister bis zum Präsidenten der Vereinigten Staaten, und man kann weder ihren Worten noch ihren Handlungen auch nur im Geringsten Vertrauen schenken.
    Zwischen Fremantle und Port Melbourne können sich die Männer erholen. Die See ist spiegelglatt und der Himmel blau. Die Häuser am Ufer von Port Phillip Bay sind schmuck und friedlich. An Deck wird ein improvisiertes Büro eingerichtet. Ein Major des militärischen Geheimdienstes lässt ausgewählte Internierte zum Verhör antreten, wobei er nicht mehr wissen will als Namen, letzten Wohnsitz in Großbritannien und letztes Internierungslager. Dann blättert er mit gekräuselter Stirn in den mitgebrachten Akten und kritzelt Notizen.

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