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Königskinder (German Edition)

Königskinder (German Edition)

Titel: Königskinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Fischer
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niederschmetternde Nachricht vom Büro des Hochkommissars für Australien in London:
Bezüglich Ihrer Anfrage muss ich Ihnen mitteilen, dass sich die australische Regierung entschlossen hat, Frauen und Kinder von Internierten, die hierzulande nicht interniert waren, nicht in Australien aufzunehmen. Der Innenminister setzt sich weiterhin für diese Frauen ein, doch hat die australische Regierung ihre ursprüngliche Entscheidung bisher nicht geändert.
St. Albans, 2. Jänner 1941
Eri, Eri, jetzt wissen wir es also. Schade, dass wir es nicht schon vor einigen Monaten wussten. Vielleicht werden wir den ganzen Krieg getrennt verbringen. Aber mach Dir keine Sorgen, wenn ich das alles hier überlebe, haben wir noch einige glückliche Jahre, ehe wir alt sind. Mir geht’s nicht schlecht. Zu Beginn des Blitzes hatte ich eine schlimme Zeit, wie alle, es waren die schrecklichsten Nächte meines Lebens, aber meine Nerven sind anscheinend schwächer als die der Engländer. Die Menschen in diesem Land haben Heldenmut bewiesen. Auch ich habe mich an das Geräusch der feindlichen Flieger über meinem Kopf gewöhnt, an das Knallen der Kanonen und das Jaulen der Sirenen, ja sogar an die Bomben. Ich liege im Bett, und diese Geräusche ziehen die ganze Nacht an mir vorüber, aber ich spüre die Gefahr nicht. Allerdings lebe ich ja auch auf dem Land. Wir hören zwar die Sirenen, aber meistens bleiben wir von Bomben verschont. Es gibt so viel Elend in diesem Krieg, dass ich mich fast schäme, an mein eigenes Leid zu denken.
Doch manchmal meine ich, die Einsamkeit nicht länger ertragen zu können. Ich denke nur an Dich, träume von Dir, mein ganzes Leben gehört Dir. Jetzt spielen sie «Dein ist mein ganzes Herz» im Radio, das sollten sie nicht tun, es löst zu viele Erinnerungen aus. Damals in Wien mit Zippa, zu Beginn unserer Liebe. Hier habe ich keine Freunde, an meinem freien Tag gehe ich spazieren oder ins Kino, am Nachmittag, denn abends kann man wegen der Dunkelheit und der Luftangriffe das Haus nicht verlassen. Gestern war ich in Welwyn Garden City bei einer belgischen Familie, mit der ich mich angefreundet habe. Sie haben zwei Kinder, und es geht bei ihnen laut und fröhlich zu. Die Frau ist eine Französin aus dem Elsass und spricht perfekt Deutsch. Aber das brauche ich nicht mehr, denn inzwischen spreche ich fließend Englisch.
Warum schreibst Du nichts über Dein Leben? Ich habe keine Ahnung, was Du den ganzen Tag treibst. Hast Du Freunde? Sind die Baswitzes nett? Lernst Du Englisch oder andere Sprachen? Hast Du Bücher, Spiele, eine angenehme Gesellschaft? Darling, mach Dir keine Sorgen über meine Nächte. Ich verbringe sie in einem sehr bequemen Bett in einem Zimmer im Erdgeschoss (was angeblich sicherer ist), mit einer Wärmeflasche. Die einzige Unannehmlichkeit ist, dass Du nicht bei mir bist. In London habe ich eine Nacht in der Tube verbracht. Es war sehr schmutzig, laut und ziemlich witzig. Eine Frau sagte zu mir: «Wenn ich Sie mit dem Fuß stoße, und Sie rühren sich nicht, dann ziehe ich mir die Schuhe aus.» Erst sah ich keinen Grund, mich zu rühren. Als sie aber tat, was sie angekündigt hatte, bin ich hochgeschnellt, und mit mir viele andere. «Das ist schlimmer als eine Bombe», riefen die Leute. Secret weapon! Die Cockneys haben einen erstaunlichen Humor. In Kensington, hat mir Gusti erzählt, hängt ein Plakat an einem zur Hälfte zerstörten Geschäft, das «business as usual» verspricht, «but please use the door» . Ist das nicht süß? Man lernt die Leute, ihre Gelassenheit, ihre Solidarität und ihren Humor richtig lieben.
Heute habe ich viel freie Zeit, da zum Mittagessen niemand zu Hause ist, deshalb kann ich einen so langen Brief schreiben. Ich tippe sehr langsam. Du wirst gewiss Deinen Spaß an dieser kleinen Schreibmaschine haben, wenn es einmal so weit ist. Sie gehört Dir. Wahrscheinlich wirst Du keine Zeit für mich haben, weil Dein ganzes Interesse der Schreibmaschine gilt. Ich verwende sie nicht oft, damit sie für Dich neu und gut in Schuss bleibt.
Deine Dich liebende Irka
Camp 8, Hut 18, 4. Jänner 1941
Meine liebste Irka, soeben habe ich Deinen Brief aus St. Albans erhalten, er war sieben Wochen unterwegs, obwohl Du ihn per Luftpost gesendet hast. Neben den drei Briefen nach Huyton, die mir nachgeschickt wurden, habe ich 1 Luftpostkarte, 1 Telegramm, 6 Briefe und 3 Pfund empfangen. Aus Deinem Telegramm vom 11. Dezember entnehme ich zu meiner Überraschung, dass meine zahlreichen

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