Königsklingen (First Law - Band 3)
bestehen möge.« Jezal zwang sich, noch einen Zahn breiter zu lächeln, und neigte den Kopf. »Ich wünsche Ihnen einen guten Abend!«
Der osprische Gesandte verbeugte sich mit theatralischer Geste, zog dabei den riesigen Hut vom Kopf und wirbelte dessen vielfarbige Federn begeistert durch die Luft. Dann bewegte er sich rückwärts über den glänzenden Boden, unverwandt nach vorn gebeugt. Irgendwie gelang es ihm, auf den Gang hinauszukommen, ohne nach hinten zu fallen, und die großen, mit Gold verzierten Tore schlossen sich geräuschlos hinter ihm.
Jezal riss sich die Krone vom Kopf und warf sie auf ein Kissen neben dem Thron, rieb sich die Druckstellen auf der verschwitzten Kopfhaut mit einer Hand und zerrte mit der anderen an seinem bestickten Kragen. Nichts half. Er fühlte sich schwach, und ihm war noch immer schwindlig und viel zu warm.
Hoff drängte sich bereits an Jezals linke Seite. »Das war der letzte Gesandte, Euer Majestät. Der morgige Tag gehört dem Adel von Midderland. Man drängt darauf, Ihnen ihre Aufwartung ...«
»Jede Menge Aufwartungen und kaum echte Unterstützung, möchte ich wetten!«
Hoff brachte ein Kichern hervor, das von erstickender Falschheit triefte. »Ha, ha, ha, Euer Majestät. Sie haben seit dem Morgengrauen um Audienzen gebeten, und wir möchten sie doch nicht brüskieren, indem wir ...«
»Die können mich mal!«, zischte Jezal, sprang auf und schüttelte seine Beine in dem nutzlosen Bemühen, die Hosen von seinen schwitzigen Hinterbacken zu lösen. Mit einem Ruck zog er sich die karmesinrote Schärpe über den Kopf und warf sie von sich, dann riss er seinen goldbestickten Rock auf und versuchte, ihn sich eilends auszuziehen, aber seine Hand blieb an einer Manschette hängen, und er musste das verdammte Ding auf links ziehen, bevor er sich endlich daraus befreit hatte.
»Verdammt!« Damit schleuderte er das Kleidungsstück das marmorne Podest hinunter und war schon fast entschlossen, so lange darauf herumzutrampeln, bis es völlig ausgefranst war. Dann riss er sich zusammen. Hoff war einen vorsichtigen Schritt zurückgetreten und zog ein Gesicht, als hätte er entdeckt, dass sein neu erworbener Landsitz vom Schwamm befallen war. Die Bediensteten, Pagen, Heroldsritter und Ritter der Wacht guckten alle bemüht in eine andere Richtung und taten ihr Bestes, wie Statuen zu wirken. In einer dunklen Ecke des Raumes stand Bayaz. Seine Augen lagen im Schatten, aber sein Gesicht war grimmig und steinern.
Jezal errötete wie ein ungezogener Schuljunge, den man zur Ordnung gerufen hatte, und legte sich die Hand über die Augen. »Ein schrecklich anstrengender Tag ...« Er eilte die Stufen des Podests hinunter und verließ den Audienzsaal mit gesenktem Kopf. Eine verspätete und leicht schiefe Fanfare verfolgte ihn in den Korridor. Ebenso wie leider auch der Erste der Magi.
»Das war nicht besonders freundlich«, sagte Bayaz. »Seltene Wutausbrüche lassen einen Mann als gefährlich gelten. Regelmäßige hingegen als albern.«
»Es tut mir leid«, knurrte Jezal durch die zusammengebissenen Zähne. »Die Krone ist eine schwere Last.«
»Eine schwere Last und eine große Ehre. Wir haben uns bereits einmal darüber unterhalten, wenn ich mich recht erinnere, dass Sie versuchen sollten, sich Ihrer würdig zu erweisen.« Der Magus machte eine bedeutungsvolle Pause. »Vielleicht sollten Sie sich ein wenig mehr bemühen.«
Jezal rieb sich die schmerzenden Schläfen. »Ich brauche einfach nur einen Augenblick für mich. Nur einen Augenblick.«
»Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Aber morgen früh warten die Staatsgeschäfte, Euer Majestät, Geschäfte, denen wir uns zwingend widmen müssen. Der Adel von Midderland wird nicht damit warten wollen, Ihnen zu gratulieren. Ich sehe Sie morgen bei Sonnenaufgang, und dann werden Sie sicher strahlen vor Energie und Begeisterung.«
»Ja, ja!«, fauchte Jezal über seine Schulter hinweg. »Ich werde strahlen!«
Er stürmte in einen kleinen Innenhof, der auf drei Seiten von einem schattigen Kreuzgang eingefasst wurde, und hielt in der kalten Abendluft inne. Dann schüttelte er sich, kniff die Augen zusammen, legte den Kopf in den Nacken und atmete tief und langsam ein. Eine Minute allein. Er fragte sich, ob es die erste sein mochte, die man ihm – vom Pissen oder Schlafen einmal abgesehen – seit jenem verrückten Tag im Fürstenrund gegönnt hatte.
Er war das Opfer oder vielleicht auch der Nutznießer eines unglaublichen Versehens.
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