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Königsklingen (First Law - Band 3)

Königsklingen (First Law - Band 3)

Titel: Königsklingen (First Law - Band 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Paaren verbunden, wie kämpfende Hunde, die nacheinander schnappten, und das gleißende Sonnenlicht zeigte die Besatzungen in wildem Kampf. Getroffene Schiffe trieben krängend über die Bucht, mit zerfetzten Segeln und herabhängender Takelung. Viele brannten und schickten braunen Rauch gen Himmel, der die tief stehende Sonne in einen hässlich matten Fleck verwandelte. Wrackteile trieben überall auf dem schäumenden Wasser – Fässer, Kisten, geborstene Planken und tote Seeleute.
    West erkannte die vertrauten Formen der Unionsschiffe, die gelbe Sonne, die auf die Segel gestickt war, und er erriet, welche Schiffe zu den Gurkhisen gehörten. Aber es waren noch andere dabei – lange, schlanke Raubschiffe mit schwarzem Rumpf, deren weiße Segel mit einem schwarzen Kreuz gezeichnet waren. Vor allem eines überragte jedes andere Schiff im Hafen und machte gerade in diesem Augenblick an einem der wenigen Anleger fest, die noch unversehrt geblieben waren.
    »Nichts Gutes ist je aus Talins gekommen«, brummte Pike.
    »Was, zur Hölle, machen styrische Schiffe hier?«
    Der ehemalige Sträfling deutete auf eines, das gerade dabei war, seitlich einen Segler der Gurkhisen zu rammen. »Sie kämpfen gegen die Gurkhisen, so wie’s aussieht.«
    »Herr Marschall«, fragte jemand. »Was sollen wir tun?«
    Die ewige Frage. West öffnete den Mund, aber kein Wort kam heraus. Wie konnte ein Mann hoffen, das enorme Chaos, das sich vor ihm ausbreitete, auch nur ansatzweise in den Griff zu bekommen? Er erinnerte sich an Varuz, wie jener in der Wüste herumstolziert war, stets von seinem großen Stab begleitet. Er dachte an Burr, wie er auf seine Landkarten tippte und mit dem dicken Zeigefinger wedelte. Die größte Verantwortung, die ein Kommandant trug, lag nicht darin, Befehle zu geben, sondern so auszusehen, als ob er wüsste, wie man das tat. Er schwang sein wundes Bein über den Sattelknauf und glitt herab auf das schmierige Pflaster.
    »Wir werden hier einstweilen unser Hauptquartier aufschlagen. Major Jalenhorm?«
    »Herr Marschall?«
    »Machen Sie General Kroy ausfindig und sagen Sie ihm, er soll weiter nach Norden und Westen in Richtung Agriont vorrücken.«
    »Jawohl, Herr Marschall.«
    »Ein paar Leute müssen den ganzen Müll von den Kais sammeln, damit wir unsere Männer hier schneller durchmarschieren lassen können.«
    »Jawohl, Herr Marschall.«
    »Und irgendjemand sucht mir General Poulder, verdammt noch mal! Jeder Mann muss seine Aufgabe übernehmen!«
    »Was ist das denn jetzt?«, knurrte Pike.
    Eine seltsame Prozession stolzierte über den zerstörten Kai auf sie zu. Inmitten der Trümmer erschien sie völlig fehl am Platze, wie aus einem Traum. Ein Dutzend aufmerksame Leibwächter in schwarzer Rüstung flankierten einen einzelnen Mann. Sein schwarzes Haar war grau meliert, der Spitzbart makellos getrimmt. Er trug schwarze Stiefel, einen geriffelten Brustpanzer aus schwarzem Stahl und einen Mantel aus schwarzem Samt, den er sich majestätisch über die Schulter geworfen hatte. Damit war er zwar ausstaffiert wie der wohlhabendste Leichenbestatter der ganzen Welt, aber er bewegte sich mit dem stählernen Selbstbewusstsein, das den höchsten Königen vorbehalten ist. Er hielt direkt auf West zu, sah weder nach links noch nach rechts, und die sprachlosen Wachleute und Stabsoffiziere wurden von seinem befehlsgewohnten Wesen so mühelos beiseite geschoben wie Eisenspäne, die durch magnetische Aufladung voneinander abgestoßen werden.
    Er streckte die schwarz behandschuhte Hand aus. »Ich bin Großherzog Orso von Talins.«
    Vielleicht hatte er nach dieser Geste erwartet, dass West niederkniete und ihm die Hand küsste. Stattdessen ergriff der Lord Marschall sie mit der eigenen Rechten und schüttelte sie fest. »Euer Exzellenz, es ist mir eine Ehre.« Er hatte nicht die geringste Ahnung, ob das überhaupt die angemessene Anrede war. Schließlich hatte er nicht unbedingt damit gerechnet, inmitten einer blutigen Schlacht am Hafen von Adua auf einen der mächtigsten Männer der Welt zu treffen. »Ich bin Lord Marschall West, Oberbefehlshaber der Truppen Seiner Majestät. Ich will nicht undankbar erscheinen, aber Sie sind weit von zu Hause entfernt ...«
    »Meine Tochter ist Ihre Königin. Für sie sind die Menschen von Talins bereit, jedes Opfer zu bringen. Nachdem ich von den ...« Er hob eine schwarze Braue und blickte über den brennenden Hafen. »... von den Schwierigkeiten hier erfuhr, bereitete ich sofort die Fahrt vor.

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